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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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eigentlich ein ziemlich normales Leben, davon gehe ich aus. Aber die wenigen Male, die wir zusammen unterwegs waren, empfand ich seine Blicke als – irgendwie – irritierend.«
    Der Kriminalkommissar neigte fragend den Kopf. »Als irritierend?«
    »Ja. Unpassend. In Bezug auf kleine Jungen. Besonders in Bangladesch fiel mir das auf.«
    Die beiden Beamten sahen sich an. Bedeuteten ihre ernsten Blicke, dass sie angebissen hatten? War es ihm tatsächlich gelungen, den Fokus in eine andere Richtung zu verschieben?
    »Haben Sie denn je gesehen, dass er sich Jungs auch näherte?«
    Nimm dich in Acht, René, wirke nicht zu sicher!, ermahnte er sich.
    »Hm, vielleicht. Kann ich nicht genau sagen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, wir waren ja nicht ununterbrochen zusammen. Aber ich erinnere mich an Situationen, wo ich zum Beispiel in ein Geschäft ging und Stark draußen blieb, und, nun ja, da gab es dann schon etwas intensivere Blickkontakte.«
    Der Araber kratzte sich an dem Übergang zwischen Kotelettenund Bartstoppeln. »Aber Sie haben nie gesehen, dass er Jungen mit aufs Zimmer nahm?«
    »Nein. Aber er war natürlich auch oft allein auf Reisen.«
    »Sie sagen also mit anderen Worten, dass William Stark pädophil und an kleinen Jungen interessiert war. Gibt es Mitarbeiter in der Abteilung, die mit Stark gereist sind und diese Vermutung untermauern könnten?« Die Frage stellte Kommissar Mørck.
    René Eriksen hob abwehrend beide Hände. Manchmal reichte diese Geste als Bekräftigung, und zu viel gesagt hatte er damit auch nicht.
    »Nein, ich glaube kaum«, fuhr er fort. »Wenn Stark nicht mit mir reiste, war er allein unterwegs. Aber fragen Sie ruhig in seiner Abteilung nach. Bevor ich Ihnen womöglich etwas Falsches sage.«

    ***
    Carl und Assad waren auf dem Weg in den Keller. »Sehr lohnenswert, dieser Abstecher ins Ministerium. Aber du warst ziemlich schweigsam auf dem Rückweg, Assad, oder kam mir das nur so vor?«
    »Nein, das alles muss auf den Boden sinken und sich legen, Carl. Das Gespräch mit Eriksen war sehr merkwürdig.«
    »Auf den Boden sinken und sich setzen, Assad.«
    »Sich setzen?«
    »Egal. Ja, du hast recht, aus Eriksens Mund kamen viele Merkwürdigkeiten.«
    Assad lächelte. »Gut, dass das Gebiss nicht mit rauskam. Hast du gesehen, wie einer der Schneidezähne wippen konnte?«
    Carl nickte.
    Da hob Assad eine Hand, und sofort blieben sie beide stehen. Die Geräusche kamen vom Ende des Kellerflurs, wo Roses Büro lag. Geräusche, die man nicht unbedingt am helllichtenTag in einer ehrwürdigen staatlichen Institution erwartete, in der sich jede Menge Polizisten aufhielten.
    »Ich glaube, Rose ist mit dem Kopieren fertig«, sagte Assad und rollte mit den Augen.
    Verdammt, wenn er da nicht recht hatte.
    Sie schlichen sich näher zu Roses Tür. Das war ja nicht zu fassen!
    »Das ist kein Video, Carl, die treiben’s wirklich«, flüsterte Assad.
    Carl sah zur Treppe am anderen Ende des Flurs. Wenn jetzt Kollegen angestiefelt kämen! Erst der Skandal und in der Folge monatelang anzügliche Blicke. Die Geschichten von Roses Eskapaden bei Weihnachtsfeiern auf dem City-Revier würden sofort wieder aufgewärmt. Rose müsste sich Fragen gefallen lassen, und ihr mühsam erarbeitetes Ansehen würde in null Komma nichts flöten gehen.
    »Das können die in der Arbeitszeit nicht bringen«, flüsterte er kopfschüttelnd.
    »Du hörst doch, dass sie’s können.«
    Carl sah Assad an und seufzte tief. Bei solchen Gelegenheiten zeigte sich, wer auf die Polizeischule gegangen war und wer nicht.
    »ROSE!«, brüllte er und klopfte gleichzeitig so fest an die Tür, dass er selbst erschrak.
    Keine Millisekunde später herrschte vollkommene Stille. Und dann, nach ebenso kurzer Zeit, begann es dort drinnen zu rumoren. Sich auszumalen, was gerade geschah, fiel nicht schwer.
    »Sie können ruhig rauskommen, Gordon, wir schlagen Sie nicht«, brummte er und erwartete einen Mann, in dessen Gesicht sich ein gewisses Schuldbewusstsein oder so etwas wie Scham zeigte. Aber Fehlanzeige: Strubbelig und zufrieden grinsend kam der Lange heraus, kein bisschen zerknirscht, eher triumphierend und siegestrunken. Gordon hatte seine Beute innerhalb weniger Tage erlegt und wusste nur zu gut, dass erungeschoren davonkommen würde. Und leider hatte er recht. Carl wäre der Letzte, der sich wegen einer solchen Sache bei Bjørn über einen Mitarbeiter beschweren würde. Das konnte sich als übler Bumerang erweisen.
    Warte es nur ab,

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