Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
Vom Netzwerk:
überzeugen, dass die Vollmacht mit meiner gefälschten Unterschrift echt ist? Vielleicht hast du es sogar schon getan, überlege ich gerade. Und da frage ich mich natürlich, ob es nicht eine gute Idee wäre, die Bank anzurufen, sobald sie öffnet, um zu hören, was genau du vorhast. Ich glaube, das könnte auch die Behörden von Willemstad interessieren. Meines Wissens ist das Stadtgefängnis nicht First Class, aber das kümmert dich vielleicht nicht?«
    Teis hob die nackten Zehen von der Tischkante. »Du rufst überhaupt nirgendwo an, René, ist das klar? Ich bin in dieserGeschichte dein einziger Freund, und du willst ganz bestimmt nicht, dass sich das ändert.«
    »Gut, Teis. Das wollte ich nur wissen. Und da du mich nun deiner Freundschaft versichert hast, schlage ich vor, dass du meine Aktien in aller Ruhe in einen braunen Umschlag steckst und mir den bei Sonnenaufgang per UPS-Kurier schickst. Ich erwarte, dass du die Versandquittung scannst, abfotografierst oder was auch immer und mir zumailst, und zwar spätestens zehn Minuten, nachdem du den Umschlag aufgegeben hast. Höre ich bis 10.15 Uhr Ortszeit nichts von dir, rufe ich bei der MCB-Bank an, hast du mich verstanden?« Und damit legte er auf.
    Teis war fassungslos. Natürlich wusste er, dass René die Menschen in seiner Umgebung tyrannisierte, aber dass er den Mut zu einem solchen Aufstand hatte, hätte er nie erwartet.
    Er saß mit dem Handy in der Hand da, hörte das Zirpen der Zikaden in der Dunkelheit und versuchte, das zärtliche Summen seiner Frau im Hintergrund zu ignorieren. Er griff nach seinem Glas und leerte es in einem Zug. In Dänemark war es Nacht, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Brage-Schmidt musste auf seinen Schönheitsschlaf verzichten.
    Am anderen Ende antwortete nicht die erwartete matte Stimme, sondern eine deutlich jüngere, aus der Tatkraft sprach. Teis schluckte. Überließ Brage-Schmidt inzwischen sogar schon seine Privatgespräche diesem verdammten Assistenten, diesem Mädchen für alles? Einem Afrikaner, den Brage-Schmidt in guter Kolonialtradition beharrlich »Boy« nannte. Das hatte er mit allen seinen Dienern so gehalten. Aber mussten inzwischen auch die dreckigsten Geschäfte unbedingt über ihn laufen?
    »Okay, dann macht Eriksen jetzt also den Rückzieher«, sagte Brage-Schmidts Assistent. »Das war zu erwarten, aber vielleicht nicht ganz so schnell und offensiv. Dann ist es ja gut, dass wir seinen ›Rückzug‹ bereits vorbereitet haben. Und so wie es aussieht, könnte das in den nächsten Tagen klappen.«
    In dem Moment verwischte sich in Teis’ Wahrnehmung die Umgebung. Die Palmen versanken im Dunkel, das Meeresrauschen verstummte, die bleichen Holländer, die unter seinem Balkon saßen und Fledermäuse zählten, waren wie wegradiert. »Ihr habt den Jungen gefasst?« Er hielt die Luft an.
    »Nein. Aber er ist gesehen worden.«
    »Das heißt doch noch lange nicht, dass ihr ihn auch kriegt. Wer hat ihn gesehen? Und wo?«
    »Zolas Leute. Am Samstag. Die hätten ihn auch fast gehabt. Immerhin wissen sie jetzt, dass er sich noch immer in der Gegend aufhält.«
    »Und warum sollte er dort bleiben?«
    »Sie kennen ihn. Er ist ein schlaues Kerlchen und beharrlich. Der ganze Clan ist mobilisiert.«
    »Und wenn sie ihn nicht finden?«
    »Ganz ruhig. Ich schalte unsere Männer ein, und das sind Professionelle.«
    »Professionelle was?«
    »Lass uns einfach sagen – Soldaten. Seit sie laufen können, hat man sie zum Aufspüren und Säubern erzogen.«
    Säubern? Was für ein Wort in diesem Zusammenhang! Gewöhnte man sich so ans Töten? Indem man es einfach anders nannte?
    »Osteuropäer?«
    Am anderen Ende wurde gelacht. »Nein, die sind im Straßenbild doch sofort sichtbar. Wobei – ja und nein. Sichtbar und auch wieder nicht.«
    »Was sind es dann für welche? Hör mal, ich will da informiert sein.«
    »Ehemalige Kindersoldaten natürlich. Waschechte Profis aus Liberia und dem Kongo. Die fügen sich überall ein, benehmen sich nicht so auffällig wie die Osteuropäer und töten, ohne mit der Wimper zu zucken. Kalte, wendige Maschinen, die man tunlichst auf seiner Seite haben sollte.«
    »Sind die schon in Dänemark?«
    »Nein, aber sie sind auf dem Weg. Zusammen mit ihrer sogenannten Anstandsdame, die von allen nur Mammy genannt wird.« Er lachte. »Mammy, das klingt lieb, oder? Tja, nichts ist irreführender als dieser Name. Wie die anderen hat sie ihr Handwerk im Bürgerkrieg gelernt, und ihr Motto lässt

Weitere Kostenlose Bücher