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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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betrachtet vielleicht auch. Aber es entsprach nicht seinem Gefühl. Und wenn sie es so empfand, warum hatte sie dann so urplötzlich keine Lust mehr darauf – und zog ihm das Nichts vor? Und warum behauptete sie, dass sie sich nie zueinander bekannt hätten, wenn das doch gar nicht stimmte? Hatte er etwa nicht auf sie gewartet, als sie monatelang mit Ärzte ohne Grenzen in Afrika gewesen war? Warum, zum Teufel, hatte er den Ring nicht einfach aus der Tasche gezogen?
    Carl atmete tief durch, und es gelang ihm, sich halbwegs aufzurichten. Der Panzer um seinen Brustkorb schien sich zu lockern. Die Schmerzen wurden erträglicher, fast angenehm, leidliche Schmerzen, die einem zeigten, dass man lebte. Nun sollte es kein Problem mehr sein, vollständig in die Senkrechte zu kommen und langsam weiterzugehen.
    Da erstarrten plötzlich all seine um den eigenen Körper kreisenden Gedanken. Schlagartig begriff Carl, wie alles zusammenhing. Seine Gefühle steckten in seinem Körper und nicht im Kopf oder im Herzen, wo sie eigentlich hingehörten. Er hatte sie abgespalten, in den Körper verbannt, und deshalb manifestierten sie sich auch in körperlichen Symptomen. Genau das war der Knackpunkt.
    Er war abgestumpft und gefühlskalt. Hardys täglicher Kampf in seinem Haus, seine übermenschlichen Anstrengungen waren für ihn nichts weiter als Routine. Marcus Jacobsens plötzlicher Rücktritt hatte in ihm keine übermäßige Reaktion ausgelöst. Warum war er nicht stinksauer geworden? Und vor allem: Warum war er nicht völlig außer sich geraten, als Mona binnen Sekunden alles zerstört hatte, was zwischen ihnen war? Als sie den einzigartigen Augenblick zerstörte, in dem er ihr einen Heiratsantrag machen und ihr das versprechen wollte, wonach sich doch – soweit er wusste – alle sehnten. Und als Rose Sex im Büro hatte, warum war er da nicht eingeschritten? Warum wich er bei seinen Vernehmungen aus? War ihm denn alles scheißegal, oder war es noch etwas anderes? Etwas, auf das er keinen Zugriff hatte?
    Woher wusste man schon zweifelsfrei, wer man war?
    Selbstzweifel – Herr im Himmel, wie oft hatte er Leute davon schwafeln hören: Sie waren die Goldgrube der Psychoanalytiker, das beste Geschütz jedes Bürodespoten, die Grundpfeiler aller Selbsterfahrungskurse.
    Carl machte einen Buckel und stemmte die Hände gegen die Oberschenkel, um sich zu dehnen. Und als er schließlich halbwegs gerade auf der Wendeltreppe stand, die ihm heute endlos erschien, beschloss er, Laursen nicht mit kriminaltechnischen Fragen zu belämmern, sondern ihn weiter in Ruhe sein Gemüse schnippeln zu lassen. Warum sich bis in den vierten Stock hochquälen? William Stark hatte in der Grube gelegen, daran bestand kein Zweifel. Sie brauchten doch bloß der Kriminaltechnik die Haare zu schicken, und die sollten dann den Rest klären. Darum konnte sich Rose kümmern. Im Augenblick wollte er nichts weiter, als wieder unten ankommen und die Beine auf den Schreibtisch knallen. Eine Angstattacke am Tag war zu verkraften. Zwei jedoch schrien nach Kaffee und Zigaretten.
    Er nahm ein paar Stufen abwärts und stieß im zweiten Stock beinahe mit Mona zusammen.
    Ihm klappte der Kiefer runter wie einem einfältigen Teenager. Hatte er da gerade eben, auf dem Weg nach oben, wirklich ihre Stimme gehört? Dann hatte Mona ja womöglich gesehen, wie erbärmlich er an der Wand des Treppenhauses gelehnt hatte.
    Heilige Scheiße.
    »Hallo Mona«, sagte er so beiläufig wie möglich. »Bist du auf dem Weg ins Gefängnis?«
    »Hallo Carl. Du siehst blass aus, alles okay?«
    Er nickte. »Ich hab’s nur etwas eilig. Du weißt ja, wir im Keller kriegen nur begrenzt Sonnenlicht ab. Aber ich habe schon Selbstbräuner gekauft.«
    Was für eine idiotische Bemerkung.
    »Ich komme gerade von drüben«, beantwortete sie seine Frage. »Ich musste den Abteilungsleiter davon überzeugen, mir für mein Gespräch mit dem Rowdy Personenschutz zur Seite zu stellen. Ein hoffnungsloser Psychopath, der keine Grenzen kennt. Er soll diesmal keine Gelegenheit haben, mich wie beim letzten Mal anzutatschen.«
    Carl nickte. Nicht undenkbar, dass der Kerl es wieder versuchen würde, so appetitlich, wie sie aussah.
    Mona runzelte die Stirn, sodass sich ein Netz feiner Fältchen über ihr Gesicht legte, das ihm bisher nie aufgefallen war. Sie drehte den Kopf ins Licht, und plötzlich fiel ihm auf, wie schlaff ihre Haut am Hals geworden war, ihre Züge erschienen ihm kurzzeitig konturlos. Sie sah nicht direkt

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