Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
wo er auch Steuern zahlt. Soweit ich sehen kann,haben sie für das Jahr 2010 zu versteuernde Einnahmen in Höhe von zwei Komma eins Millionen Kronen angemeldet.«
»Hm. Und wie viel bezahlen sie davon für Löhne? Das kann nicht sonderlich viel sein, oder?«
Assad zuckte die Achseln. »Also, wenn du mich fragst, sind das Kriminelle. Ich bin mit denen noch nicht fertig.«
»Und was hat dich daran so amüsiert?«, wollte Rose wissen.
»Ich lache über was anderes – den Witz des Tages, sagt man das nicht so? Dir wird er ganz besonders gefallen, Rose. Ich habe gerade gehört, dass Sverre Anweiler an der deutsch-dänischen Grenze bei Flensburg angehalten wurde. Mit fünfzig Kilo Hasch im Tourbus. Er sitzt also schon wieder. Fünfzig Kilo Dope, das muss man sich mal vorstellen. Das gibt mindestens zehn Jahre. Also, wenn ihr mich fragt, hätte der Kerl doch lieber in Kaliningrad bleiben sollen.«
Carl runzelte die Stirn und blickte hinüber zu Rose. Das war vielleicht nicht unbedingt das Ende, das sie sich für die Geschichte ausgedacht hätte.
»Aha. Na, ich verkneif mir jetzt lieber jeden Kommentar«, seufzte sie. »Wie dem auch sei. Ich habe also eine Suchmeldung für Marco Jameson aufgegeben«, fuhr sie nüchtern fort. »Es wäre sicher hilfreich gewesen, ein etwas aktuelleres Foto zu haben als das, das du aus Kregme mitgebracht hast, Carl. Darauf ist er erst sieben. Aber bei seinem Background kann man sich vorstellen, dass es niemanden gab, der Lust hatte, mal in ein neueres Foto zu investieren.«
Sie warf Carl die Suchmeldung hin. Es stimmte, die war wenig hilfreich.
»Okay, Rose, du hast recht. Und deshalb solltest du deine neu erworbenen Kenntnisse in der Tür-zu-Tür-Befragung aktivieren und dort, wo Marco gesehen wurde, ein paar Runden drehen. Ich würde vorschlagen, du nimmst dir die Gegend rings um die Bibliothek an der Dag Hammarskjölds Allé vor. Und vielleicht noch die Einkaufsviertel. Also Classensgade, NordreFrihavnsgade, Trianglen und so weiter. Frag die Verkäufer, ob sie den Jungen gesehen haben. Wir haben jetzt immerhin den Namen und ein Foto, selbst wenn es nicht besonders gut ist. Klappere ruhig alles gründlich ab, solche Aktionen bringen meist irgendwelche unerwarteten Ergebnisse.«
Einen Moment lang sah Rose aus, als wollte sie heftig protestieren, aber dann entspannten sich ihre Gesichtszüge plötzlich.
»Okay. Du hast Glück, dass ich Regenwetter liebe, Carl. Für dich habe ich übrigens auch noch etwas«, fuhr sie fort. »Während ihr unterwegs wart, ist eine nette kleine Botschaft eingetroffen: Ich soll dir ausrichten, Carl, dass du nach oben zu Lars Bjørn kommen sollst. Gordon hat sich über dich beschwert.«
Zwei Fliegen auf einen Streich, und noch dazu zwei hässliche, dachte er, als er sah, wie Frau Sørensen die Tür zu Lars Bjørns Büro zuzog. Die Mumie wankt aus der Grabkammer. Der Horrorfilm hat begonnen. Trotzdem nickte er Frau Sørensen mit einem honigsüßen Lächeln zu. Vermutlich verlorene Liebesmüh, dachte er, die hat eh nur Giftpfeile in ihrem Köcher. Und dabei hatte sie extra mal so einen ominösen neurolinguistischen Kursus mitgemacht, in dem es darum ging, Minuszeichen im Kopf in Pluszeichen umzuprogrammieren, wie sie ihnen damals lang und breit erklärt hatte. Aber die Wirkung war natürlich längst verpufft.
»Sind die da drinnen nicht ein bisschen laut?«, fragte er und deutete auf Bjørns Tür, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.
Sie zog eine Augenbraue nach oben und die andere nach unten. Der Klassiker.
»Ja, die Veränderung verringert jedenfalls nicht die Vorfreude auf eine baldige Verrentung«, antwortete sie.
Was bitte war das? Zweifellos eine verblüffende Aussage.
Sollten sie tatsächlich einen Punkt erreicht haben, an dem sie beide einer Meinung waren?
»Wenn der Bursche da drinnen wenigstens seinen Internatsschlips tragen würde, dann könnte man ihn vielleicht noch gut gekleidet nennen. Aber nein, nicht mal das.«
Der Bursche? Redete sie etwa von Lars Bjørn?
Offensichtlich, wenn Carl das herablassende Augenrollen richtig deutete, das sie in Richtung von Bjørns Bürotür schickte.
»Sie wissen das doch mit Marcus Jacobsen?«
Er nickte zögerlich. »Hm, ja, Assad und ich haben ihn vorgestern im Rigshospital gesehen. Wissen Sie, ob er krank ist?«
»Gott sei Dank, nein.« Abrupt schwieg sie. Vielleicht war sie über den etwas sentimentalen Ausbruch selbst erstaunt. »Nein, er nicht. Aber Martha, seine Frau«, fuhr sie gemäßigter
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