Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)
Spur.
Er war völlig in Gedanken versunken, als Gordon das Wort an ihn richtete.
»Ehrlich gesagt, finde ich, dass ich ein bisschen zu alt bin, um ins Bein gekniffen zu werden«, sagte er und spitzte indigniert den Mund. »Wenn wir das nächste Mal zusammen irgendwohin müssen, sollten wir uns etwas mehr wie reife Menschen verhalten, finde ich. Ich nehme an, dass Sie da einer Meinung mit mir sind.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »Ist das ein Deal?«
Sie näherten sich der Treppe. Treppen waren ja im Allgemeinen recht unfallträchtige Orte. Gerade schien Carl diese Option über die Maßen verlockend.
Er betrachtete die ausgestreckte Hand und blieb stehen. »Vielleicht hören Sie mir jetzt mal zu, Gordon. Wenn Sie hinter den Ohren trocken sind und Ihr Examen abgelegt haben, suchen Sie sich am besten einen hübschen kleinen Beamtenjob in einem entlegenen Provinzstädtchen, wo Sie die kleinen Scharmützel der Wohnungsbaugenossenschaften um Fragen der Wartung von Kellerräumen bearbeiten können. Dann werden Sie sich mit Dankbarkeit und Freude an die Zeit erinnern, als Carl Mørck Sie zu Vernehmungen mitnahm und Sie davon abhielt, Scheiße zu bauen.«
Gordon ließ die Hand sinken. »Sie sind kindisch«, sagte er. »Es stimmt, was man über Sie erzählt.«
Noch hielten Carls Überdruckventile – aber nur ein weiteres unüberlegtes Wort, und er würde mitten in diesen heiligen Hallen explodieren.
»Im Übrigen habe ich meinen Schal oben in seinem Büro vergessen«, fuhr Gordon fort. »Gehen Sie nur, ich komme nach.«
Er drehte sich um und war weg. Aus dieser Perspektive mochte Carl ihn am liebsten.
***
Eriksen fühlte sich wie durch den Fleischwolf gedreht. Was waren das für treffsichere Fragen gewesen! Woher wussten die das alles? Fons Verschwinden. Die Bananenplantagen, die nie richtig angelegt worden waren. Wenn sie das schon rausgefunden hatten, dann wussten sie mit Sicherheit noch sehr viel mehr.
Wäre statt des Arabers nicht dieser Trottel dabei gewesen, dann hätte Mørck ihm womöglich noch weitere Fragen hingeknallt, die ihn aus dem Konzept gebracht hätten.
Oder hatte er sich schon verraten? Er wusste es nicht. Zwar hatte er sich bemüht, seine Mimik zu kontrollieren, aber dieser Mørck hatte ihm immer wieder Blicke zugeworfen, als durchschaue er ihn. Als kenne er die ganze Geschichte und warte nur auf den richtigen Moment, um ihn abzuschießen.
Was für ein Scheißtag! Aber gut, er würde nicht mehr ewig dauern. Es gab noch ein paar Aufgaben zu erledigen, und dann war er weg. Das Geld aus dem Verkauf der Karrebæk-Bankaktien war überwiesen, nun musste er sich nur noch neue Papiere beschaffen. Dafür gäbe es in Vesterbro Spezialisten, hatte Teis Snap geprahlt. René veranschlagte einen Tag dafür. Dann würde er zu Teis rausfahren und seinen rechtmäßigen Anteil an den Curaçao-Aktien einfordern.
Eriksen schob die Brille auf die Stirn und rieb sich die Augen. Sobald er Teis aufgesucht hatte, musste er zusehen, dass er wegkam. Amsterdam oder Berlin, das war ihm egal. Hauptsache, er hatte noch Zeit, sein Aussehen zu verändern. Und das sollte klappen, wenn sie ihn von nun an für ein oder zwei Tage in Ruhe ließen. Mehr war gar nicht nötig.
In dem Moment klopfte es, und gleichzeitig wurde schon die Klinke heruntergedrückt.
Eriksen hielt die Luft an. Seine Mitarbeiter würden sich niemals erlauben, einfach so einzutreten. Waren die Ermittler etwa schon wieder da?
Dieser junge Trottel steckte den Kopf durch die Tür. Dann war Carl Mørck sicher nicht weit. Was hatten sie nun wiederherausgefunden? Hatten sie mit den Kolleginnen im Vorzimmer gesprochen? Quatsch, jetzt wurde er paranoid: Die konnten ja gar nichts aussagen, die wussten doch von nichts.
»Entschuldigen Sie, aber wir hätten noch ein paar Fragen«, sagte der schlaksige Typ. »Haben Sie zwei Minuten?«
Eriksen schob die Brille zurück auf die Nase. Warum kam der Typ allein? Was war das jetzt wieder für ein Trick?
»Mir ist bei dem, was Sie gesagt haben, etwas aufgefallen. Mein Vater ist ja auch höherer Beamter, und er hat immer gesagt, nirgendwo würden Reisekosten genauer überprüft als bei den staatlichen Behörden. Mir ist bewusst, dass man hier im Außenministerium mehr reist als anderswo, aber trotzdem finde ich es erstaunlich, dass Sie und Stark innerhalb weniger Tage so weite Reisen in dieselbe Gegend Afrikas unternommen haben. Das muss doch wahnsinnig teuer gewesen sein. Ich weiß, die Pygmäen waren Starks
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