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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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allmählich alles hin. Eingestellt also von einem Mann, der nun Carls designierter Chef war und früher unter Saddam in einem der berüchtigtsten irakischen Gefängnisse eingesessen hatte.
    Carl blieb mitten auf der Treppe stehen.
    Zum Teufel, Assad, dachte er. Wer bist du eigentlich?
    Er fand ihn breit lächelnd vor dem Vernehmungsraum.
    »Warum stehst du hier draußen, Assad?«
    »Ich mache Pause. Die sollen einen ja nicht die ganze Zeit ansehen müssen, oder? Sondern lieber mal ein bisschen über die Dinge nachdenken. Und über ihre Situation. Das lockt dann gewissermaßen auch ihre Zunge.«
    »Lockert, Assad. Lockert die Zunge. Wer ist da drin?«
    »Romeo. Der Junge mit der Brandverletzung, der seinen Namen nicht verraten wollte.«
    »Offensichtlich hast du ihn dazu gebracht …«
    »Ja, und das war ganz schön mühsam.«
    Carl neigte prüfend den Kopf. »Wie, Assad?«
    »Komm mit rein, dann zeige ich es dir.«
    Der Junge saß auf seinem Stuhl. Ohne Handschellen, ohne Wut im Gesicht, ohne die üblichen Zeichen von Abscheu vor Behörden und Obrigkeiten. Einfach ein netter junger Mann im Anzug. Handzahm.
    »Sag Guten Tag zu Carl Mørck, Romeo«, wies ihn Assad an.
    Der Junge hob den Kopf. »Guten Tag.«
    Carl nickte.
    »Erzähl Carl Mørck mal, was du mir vorhin erzählt hast, Romeo.«
    »Was davon?«, fragte dieser.
    »Das mit Zola und Marco.«
    »Ich nicht weiß, warum, aber Zola will Marco tot sehen. Wir alle zusammen suchen nach ihm. Nicht nur wir, ein paar andere helfen. Esten, Letten, Weißrussen, Ukrainer, Afrikaner. Wir alle zusammen suchen.«
    »Und warum hast du mir das erzählt, Romeo?«
    Ein todmüder junger Mann schaute Assad an. Doch warum war Assad selbst nicht todmüde?
    »Weil du versprochen hast, dass ich dann in Dänemark bleiben kann.«
    Assad sah Carl an, und in seinen Augen spiegelte sich so etwas wie Triumph. So leicht war das, sagte sein Blick.
    »Das kannst du ihm doch nicht einfach versprechen, Assad«, sagte Carl drei Minuten später, als sie draußen standen. »Morgen kommt er in Haft und womöglich in Einzelhaft, wenn er tatsächlich so viel weiß, wie er gerade ausgeplaudert hat. Aber was, wenn er nicht mehr isoliert ist? Wie willst du ihn dann beschützen? Und wie willst du dein Versprechen einlösen?«
    Assad zuckte die Achseln. Nicht seine Tasse Tee, entnahm Carl der Reaktion. Für seinen Geschmack eine etwas sehr abgebrühte Haltung.
    »Ich hab ihn gefragt, ob er William Stark kannte, und das hat er verneint. Dann habe ich ihn noch gefragt, ob Marco in Zolas Haus zu sexuellen Dingen genötigt wurde, und das hat er völlig von der Hand gewiesen. So was passierte bei denen dann wohl doch nicht.«
    Carl nickte. Lauter nützliche Informationen.
    Und hieß es nicht immer, der Zweck heilige die Mittel, wenn die Menschen ihre Hände in Unschuld waschen wollten?

35
    So sehr gefroren wie in dieser Nacht hatte Marco noch nie.
    Als das Schiff bei seiner Rundfahrt an den Haltestellen Holmens Kirke und Nyhavn anlegte, hatte er nicht gewagt, an Land zu klettern, aus Angst vor Zolas Leuten. Erst als sie an der Kleinen Meerjungfrau vorbei waren, hatte er losgelassen und war aus dem eiskalten Wasser gestiegen. Mittlerweile war es stockdunkel. Ein paar Touristen, die noch spät unterwegs waren, wollten den vor Kälte schlotternden Jungen packen und einen Krankenwagen rufen, andere zückten ihre Digitalkameras und fotografierten ihn wie ein den Fluten entstiegenes Fabelwesen.
    Doch Marco hatte keinen Sinn für solche Späße, und er wollte auch nicht ins Krankenhaus. Klatschnass, wie er war, drehte er sich auf dem Absatz um und rannte zum Sporthafen Svanemøllehavn, in der Hoffnung, Unterschlupf auf einem der Boote zu finden.
    Als er am nächsten Morgen unter der Persenning einer kleinen Motorjacht aufwachte, war er immer noch nass. Aber es wehte eine laue Brise, und im hellen Morgenlicht zog es ihn nach draußen.
    Es war noch früh genug, um Eivind und Kay anzutreffen, bevor die beiden zur Arbeit gingen.
    Die Geschehnisse des letzten Tages hatten Marco zutiefst erschüttert. Die beiden Afrikaner hätten ihn um Haaresbreite getötet. Es war einfach unfassbar knapp gewesen. Immer wieder sah er das beidseitig geschliffene Messer des einen und die gelblich-weißen Augen des anderen vor sich aufblitzen.
    Es ging nicht, er konnte nicht länger bleiben, nicht einen Tag, er musste weg. Weg aus Kopenhagen, weg aus Dänemark. Er würde mit dem Zug nach Schweden fahren und versuchen, dort noch einmal von vorn

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