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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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nur ihn. Wie sollte er unter diesen Umständen zur Polizei gehen und um Hilfe bitten? Nein, das war nicht möglich. Weder jetzt noch später.
    Da spürte Marco wieder die eisige Kälte, fühlte, wie die Welt zu groß wurde für ihn. In diesem Moment wurde ihm schlagartig bewusst, dass ihm ohne den Clan nur die Straße blieb. Von nun an war er ganz auf sich allein gestellt. Kein Lieferwagen würde ihn am Ende des Tages abholen. Niemand würde für seine Mahlzeiten sorgen. Niemand auf der Welt würde wissen, wer er war oder woher er kam. Er wusste es ja selbst kaum.
    Tränen stiegen ihm in die Augen, aber er fasste sich schnellwieder. Dort, wo er bisher gelebt hatte, kannte man weder Mitleid noch Selbstmitleid.
    Er sah an sich hinunter. Um richtige Kleidung musste er sich als Erstes kümmern. Natürlich gab es Häuser, in die er einbrechen konnte, aber nächtliche Einbrüche im Alleingang, ohne dass jemand Schmiere stand, waren verdammt riskant.
    Marco stocherte mit dem bloßen Fuß in der Erde. Vielleicht lagen die Klamotten des Toten ja mit in der Grube? Er nahm sich einen Ast und begann, die Erde rings um die Schultern wegzuschieben, bis schließlich der komplette Torso eines Mannes freilag. Er war nackt.
    Trotz Dunkelheit und Schmutz waren die Konturen des Gesichts noch halbwegs zu erkennen. Das Haar, das ansatzweise noch vorhanden war, schien rötlich zu sein. Doch das Alter war kaum zu bestimmen, denn die Gesichtshaut hatte sich schon aufgelöst. Ohne die schützende Dunkelheit wäre der Anblick wohl ebenso entsetzlich gewesen wie der Gestank.
    Hier finde ich nichts, dachte Marco und sah mit einem Mal voller Trauer auf die gekrümmte Hand, die wirkte, als wollte sie nach etwas greifen oder das Leben selbst festhalten.
    Während er noch sinnierte, entdeckte Marco unter dem Daumen des Toten den Verschluss einer Halskette. So einen winzigen Ring mit einem Dorn, den man wegschieben musste. Wie oft hatte er solche Verschlüsse direkt am Hals von Frauen geöffnet!
    Er zog an der Kette, bis die Hand des Toten nachgab. Der Kettenanhänger war schwer und fremdartig: viele dünne Drähte, zwei Stückchen Horn und zwei kleine Holzmasken. Fast wie ein Amulett. Schön war das nicht, aber irgendwie besonders. Ja, besonders, aber leider kaum etwas, wofür man Geld bekam. Einfach nur so etwas Afrikanisches.

4

    Frühjahr 2011
    »Was ist denn hier los?« Carl Mørck sah Tomas Laursen, den ehemaligen Polizeitechniker und jetzigen Chef der viel zu kleinen Kantine im Kopenhagener Polizeipräsidium, fragend an, als der seinen vierschrötigen Leib aus der Küche schob. »Was sollen denn diese potthässlichen Papierfähnchen auf dem Tisch? Feiert ihr meine Rückkehr aus Rotterdam? Ich war doch bloß einen Tag weg.«
    Hätte er nicht diesen fantastischen Ring für Mona abholen wollen und würde das Geschäft nicht so nahe am Präsidium liegen und hätte er im Übrigen nicht so einen enormen Kaffeedurst – er wäre nie hier aufgekreuzt, sondern vom Flughafen direkt nach Hause gefahren. Und so, wie es hier aussah, wäre das eine gute Entscheidung gewesen.
    Kopfschüttelnd sah er sich in der Kantine um. Was sollte das denn werden? War er in einen Kindergeburtstag geraten, oder hatte einer der Kollegen zum soundsovielten Mal geheiratet – in der bescheuerten Annahme, dass ihn diesmal das irdische Paradies erwartete?
    Laursen lächelte. »Hallo Carl. Nein, da muss ich dich enttäuschen. Lars Bjørn ist zurück, das ist der Grund. Marcus Jacobsen hat die Mordkommission in einer halben Stunde hier oben zum Kaffee eingeladen, und Lis hat ein bisschen dekoriert.«
    Carl runzelte die Stirn. Lars Bjørn? War der weg gewesen? Na, er jedenfalls hatte den stellvertretenden Chef der Mordkommission so wenig vermisst, dass ihm dessen Abwesenheit gar nicht aufgefallen war.
    »Äh, zurückgekommen, sagst du? Woher denn? Aus Legoland?«
    Laursen knallte einen Teller mit etwas Grünem, das mehr als fragwürdig aussah, vor Carls Nachbarn auf den Tisch. Die Wahl würde der Mann noch bereuen, jede Wette.
    »Du weißt das gar nicht? Merkwürdig. Na, jedenfalls ist er aus Kabul zurück.« Er lachte. »Ich glaube, du solltest, wenn du es vermeiden kannst, deine Unwissenheit nicht so hinausposaunen. Bjørn war zwei Monate lang weg, Carl.«
    Carl sah von der Seite, dass die Gabel seines Nachbarn auf halbem Weg zum Mund zitterte. Schon so schwach vom Blätterfressen? Oder lachte der Typ über ihn? Dabei war ja wohl eindeutig Lars Bjørn die Lachnummer hier –

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