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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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zahlungskräftigen Menschen an der Plakatsäule vorbei. Und die waren exakt die Zielgruppe der Veranstaltungen, für die dort geworben wurde. Aus diesem Grund klebte auf derSäule auch eine daumendicke Plakatschicht. Früher oder später würde sich diese ganze Papiermasse durch ihr Eigengewicht vom Untergrund lösen. Marco beschloss, dem zuvorzukommen. Er stieg auf seine Leiter und machte sich sogleich mit dem Spachtel an die Arbeit, entfernte Lage um Lage alter Plakate.
    Als er zur vorletzten Papierschicht vorgedrungen war, stieß er plötzlich auf eine Vermisstenmeldung. Davon gab es viele im Viertel, er hatte solche Zettel schon an allen möglichen Laternenmasten und Verteilerkästen hängen sehen. »Grau-weißes Kätzchen entlaufen« oder »Hast du meinen Hund gesehen?«, so etwas in der Art.
    Aber diese Vermisstenanzeige war anders. Hier ging es um einen Menschen.
    »SUCHMELDUNG! Falls du meinen Stiefvater William Stark gesehen hast, ruf bitte an«, hatte jemand über das Foto eines Mannes geschrieben, darunter standen Telefonnummer und Datum.
    Beim Anblick des rothaarigen Mannes auf dem Plakat erstarrte Marco. Er spürte, wie sein ganzer Körper rebellierte. Das hier, das war Teil seiner entsetzlichen Vergangenheit. Mit einem Schlag holten die Bilder ihn wieder ein.
    Marco atmete tief durch. Er spürte Übelkeit in sich aufsteigen und zitterte am ganzen Körper. Mit dem Zeigefinger berührte er den Schmuck, den der Mann auf dem Foto um den Hals trug.
    Das afrikanische Amulett, das jetzt er, Marco, trug.
    Ihm wurde unerträglich heiß, er knöpfte sein Hemd auf, warf sein Cap zu Boden und starrte auf das Datum.
    Der Mann war vor zweieinhalb Jahren verschwunden, auch das passte. Ein verwesendes Tier, hatte er zunächst gedacht, als er in dem Erdloch gelandet war. Doch das verwesende Tier war dieser Mann hier gewesen. William Stark. Von seinem Vater und Zola in dem Waldstück bei Kregme verscharrt.
    Wie versteinert las Marco erneut die wenigen Worte. »Falls du meinen Stiefvater William Stark gesehen hast …«
    Ja, das hatte er. Und das wurde ihm jetzt zum Verhängnis: Nur einige Sekunden hatte ihn das Gesicht auf dem Plakat abgelenkt und ihn davon abgehalten, wie üblich die Umgebung zu scannen. Doch diese kurze Unaufmerksamkeit reichte, um den Schatten zu übersehen, der sich von der Seite her näherte und über das Pflaster direkt auf ihn zuglitt.
    Als Marco die Präsenz hinter sich endlich spürte und sich ruckartig umdrehte, sah er direkt in Hectors Gesicht. Hector, einer seiner Cousins, vielleicht sogar ein Halbbruder. Zola war nicht kleinlich in der Wahl seiner Bettgenossinnen, und auch Marcos Mutter war nicht wählerisch gewesen. Hector hatte jetzt mehr Bart und wirkte insgesamt grobschlächtiger als damals, als Marco ihn zuletzt gesehen hatte. Aber er war es. Eindeutig.
    Und er verlor keine Sekunde. Er packte Marco am Jackenärmel, doch der ließ sich sofort von der Leiter fallen. Dabei riss er seinen Cousin mit um, kam selbst jedoch schnell wieder auf die Füße, wand sich aus der Jacke, die Hector immer noch festhielt, und sprintete los.
    Er kannte jeden Winkel in diesem Teil der Stadt und hielt deshalb direkt auf das Netz aus Straßen jenseits der Østerbrogade zu. Seine Schritte dröhnten in seinen Ohren, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Ohne sich auch nur einmal umzudrehen, rannte er die Ålborggade entlang, dann über den Bopa Plads und schließlich den Krausesvej hinunter. Irgendwo war immer eine offene Tür oder ein Hinterhof, der sich zu anderen Höfen öffnete. In diesem Viertel hatte Hector keine Chance gegen ihn, solange er nur einen gewissen Vorsprung behielt.
    Erst als er das Wasser und die ruhigen Gefilde des Sporthafens von Svanemøllehavn erreichte, wo Menschen ihre Segelboote für die Sommersaison herrichteten, wagte Marco einen Blick zurück.
    Das hier war sein Revier, hier könnte er jederzeit in eines der Boote abtauchen und verschwinden. Hunderte von Mastenstachen bereits in den Himmel und kündeten von neuem Leben vor den Containertürmen der Hafenskyline.
    Er versuchte, wieder zu Atem zu kommen und klare Gedanken zu fassen.
    Das, was gerade geschehen war, war der GAU. Sie hatten seine Jacke und seine Arbeitsutensilien. Vor allem aber hatten sie sein Handy. Mit den Nummern all seiner Arbeitgeber – und denen von Eivind und Kay. Damit hatten sie eine direkte Spur zu seinem neuen Zuhause. Wie hatte ihm das nur passieren können? Warum bloß hatte er »Reinigung« und »Zuhause«

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