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Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition)

Titel: Erwartung: Der Marco-Effekt Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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als er einem Bäcker morgens um fünf anbot, sein Fenster zu putzen. Dafür erhielt er eine große Tüte Brötchen. Damit wanderte er zu einer Kaffeebar, wo er etwas Warmes zu trinken und den nächsten Job bekam:Er durfte den Fußboden wischen. Und so war er wieder um fünfzig Kronen reicher.
    Nach und nach baute er sich bei seinen Touren ein Netzwerk aus Arbeitgebern auf, die ihn mit kleinen Aufträgen versorgten, wobei er tunlichst darauf achtete, all die Gegenden zu meiden, wo sich tagsüber die Clanmitglieder herumtrieben. Er machte Besorgungen, trug den Supermarktkunden schwere Sachen zum Auto, schnitt Pappkartons auf und warf sie in den Container – auch wenn ihm in der Eiseskälte, die das Land fest im Griff hielt, die Lippen blau wurden und die Hände zitterten.
    Ein paar Wochen wanderte er so durch Schnee und Matsch, von einem Geschäft zum anderen und von Haus zu Haus. Einmal hatte er einen schwierigen Auftrag angenommen: Eine offenbar verrückte Frau ließ sich den Einkauf für eine ganze Woche in einer Papiertüte in den vierten Stock hochtragen, machte aber die Tür nicht auf, sondern schob das Geld durch den Briefschlitz, aus dem ein fürchterlicher Gestank drang. Marco versteckte sich im Treppenhaus, bis sie, halb nackt und furchtbar schmutzig, die Papiertüte hereinholte. Doch sie entdeckte ihn in seiner Ecke.
    »Was glotzt du, du Stinkfisch!«, schrie sie ihn an und fuchtelte aufgebracht mit den Armen.
    Diese Seite von Dänemark hatte er noch nicht gekannt.
    Marco erledigte Arbeiten aller Art, und er tat das viel zu gut, als dass man ihn ausgenutzt hätte. So begannen die Einnahmen zu fließen, und das Geld gehörte jetzt ihm, ihm ganz allein.
    Er arbeitete von morgens um acht bis abends um zehn, nur sonntags nicht. Sechzig Kronen in der Stunde für Erledigungen in den Geschäften und neunzig Kronen fürs Plakatekleben. Da kamen mehr als fünfzehntausend im Monat zusammen, rechnete er, denn er musste weder Miete zahlen, noch hatte er Ausgaben für Essen oder Kleidung. Im Moment trug er das, was ihm eine Frau in einer Pizzeria geschenkt hatte.
    »Schätzchen, deine Klamotten haben auch schon bessere Zeitengesehen«, hatte sie gerufen. »Sag mal, du bist ja ein richtiger Latino, das musst du doch nicht verstecken! Komm, nimm das hier, das gehörte Mario. Der ist letzten Monat nach Neapel zurückgegangen.«
    Anfangs verzog er sich zum Schlafen in irgendwelche Ecken und Winkel, die er schon kannte. Aber lange konnte er das nicht durchhalten, denn nicht nur die Kälte war gefährlich. Zwar hielt er den größten Teil seines Geldes an einem separaten Ort versteckt, aber es war genug Pack unterwegs, das ihn schon für ein paar Øre überfallen würde. Und nicht zuletzt bestand natürlich immer das Risiko, dass Mitglieder des Clans doch einmal nachts durch die Gegend streiften.
    Kay und Eivind, die beiden Reinigungsbesitzer, sorgten schließlich dafür, dass er nicht mehr auf zufällige Nachtlager angewiesen war. Vielleicht hatten sie ihn beim S-Bahnhof Nordhavn in einer Ecke liegen sehen, vielleicht war ihnen auf Umwegen etwas über seine Situation zugetragen worden. Jedenfalls sprachen sie ihn eines Tages Ende Januar auf der Straße an. Sie schienen ernsthaft besorgt.
    »Könntest du für uns gelegentlich Wäschepakete austragen?«, fragte Kay. »Dafür kannst du dann gern bei uns zu Hause wohnen, bis wir etwas anderes für dich gefunden haben.«
    Instinktiv trat Marco einen Schritt zurück.
    »Pass auf. Wir vertrauen dir – und du kannst uns vertrauen, okay? Du kannst doch bei der Kälte nachts nicht draußen sein, da holst du dir ja den Tod«, hatte Eivind gesagt. Er war derjenige, der diesen Vorschlag später am meisten bereuen sollte.
    Hier, auf der etwas feineren Seite der Seen, die sich quer durch die Stadt zogen, lernte Marco, das Leben auf den Straßen endgültig mit neuen Augen zu betrachten. Hatte er die Passanten früher nur als mögliche Diebstahlopfer taxiert, so beobachtete er jetzt Menschen aus Fleisch und Blut bei ihren alltäglichen Verrichtungen, in ihren Familien, wie sie Besorgungen machten,zur Arbeit hetzten oder auch einfach nur den Tag vertrödelten. Er lernte Facetten des Lebens kennen, von denen er vorher keine Ahnung gehabt hatte, und er erkannte rasch, dass das Treiben hier in Kopenhagen sich nur unwesentlich von dem in anderen Großstädten unterschied. Was ihm aber immer wieder auffiel, waren die vielen ausdruckslosen Gesichter. Lächeln sah man die Menschen höchstens dann,

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