Erzaehl es niemandem
Kampf gegen England.
Am Tirpitz-Ufer in Berlin, dem Sitz des Oberkommandos der Marine,
ist es vor allem der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Erich Raeder, der von
der Notwendigkeit der Okkupation überzeugt ist, um nicht wie im Ersten
Weltkrieg in der Deutschen Bucht festzusitzen. Er hat deshalb die Stützpunktfrage
schon 1938 und 1939 von seinen Stäben prüfen lassen. Nach Kriegsbeginn im
September 1939 sind diese Überlegungen wieder aktuell geworden. Raeder, mittlerweile
Großadmiral, erklärt in einer Lagebesprechung am 3. Oktober 1939, es sei notwendig, »den Führer baldmöglichst mit den Überlegungen der SKI (Seekriegsleitung) über die Möglichkeiten zur Ausweitung der Operationsbasis
nach Norden vertraut zu machen« 11 .
In Karl Dönitz, dem Befehlshaber der U-Boote, findet Raeder große
Unterstützung, aber Hitler selbst reagiert zunächst zurückhaltend auf solche
Gedankenspiele. Für ihn hat die Westoffensive zur Unterwerfung Frankreichs
absoluten Vorrang, und er betrachtet andere Unternehmungen als eine gefährliche
Verzettelung der Kräfte. Großadmiral Raeder lässt sich die Sache jedoch nicht
ausreden und gewinnt die Zustimmung von Generalmajor Alfred Jodl im
Oberkommando der Wehrmacht.
Vorläufig jedoch stagniert das Projekt. Am 8. Dezember 1939 versucht
Raeder noch einmal, Hitler für eine Besetzung Norwegens zu erwärmen. Doch
Hitler reagiert nach wie vor abweisend. Da bekommt Raeder Hilfe von
unerwarteter Seite: Der norwegische Ex-Major Quisling, dessen Name später zum
Synonym für Landesverrat schlechthin wird, fährt nach Berlin und trifft dort am
11. Dezember Erich Raeder. Nach diesem Gespräch notiert Hitlers Chefideologe
Alfred Rosenberg in sein Tagebuch: »Eben mit Raeder gesprochen. Er sagte: Wie ein
Wink des Schicksals. Er hält morgen dem Führer Vortrag.« 12
Vidkun Quisling, der seine rotblonden Haare ähnlich wie sein Vorbild
Hitler gescheitelt trägt, ist Anfang der dreißiger Jahre einmal für zwei Jahre
norwegischer Verteidigungsminister gewesen. Viele seiner Landsleute hatten das
für einen Skandal gehalten, weil Quisling immer mehr in faschistisches
Fahrwasser geriet.
Nach 1933 gründet Quisling die Nasjonal Samling, eine Partei, die –
dem Leitbild der NSDAP entsprechend – strikt nach dem
Führerprinzip aufgebaut ist.
Nach seinem Gespräch mit Quisling präsentiert Raeder das Ergebnis
sofort seinem Führer. Das Protokoll dieses Treffens hält fest:
Q., früher Kriegsminister, Führer der
Nationalen Partei, macht zuverlässigen Eindruck, berichtet: Stimmung in N
(Norwegen) sehr stark gegen Deutschland eingestellt. Einfluß Englands sehr groß,
vor allem durch Storting Präsident Hambro (Jude und Freund von Hore Belisha),
der in N. zur Zeit allmächtig [sei]. 13
Es war Quisling, der Raeder darauf hingewiesen hat, dass
der norwegische Parlamentspräsident Jude sei und deshalb natürlich mit dem
jüdischen Kriegsminister Großbritanniens Leslie Hore Belisha unter einer Decke
stecken müsse. Raeder berichtet Hitler zudem, dass nach Quislings Einschätzung
eine englische Besetzung Norwegens bereits beschlossene Sache sei. Und er fügt
hinzu:
Q. hat gute Beziehungen zu Offizieren des n.
Heeres und hat Anhänger in wichtigen Plätzen und in wichtigen Stellungen. Q.
ist bereit, in solchem Fall die Regierung zu übernehmen und Deutschland zu
Hilfe zu rufen. 14
Hitler lässt sich von Raeders Bericht umstimmen und empfängt
Quisling und dessen Mitarbeiter Hagelin in den folgenden Tagen zweimal. Jodl
kann daraufhin am 13. Dezember in sein Tagebuch eintragen: »17.00 Uhr Führer
befiehlt, dass mit kleinstem Stab die Untersuchung geführt wird, wie man sich
in den Besitz Norwegens setzen kann.« Raeder hat damit sein Ziel erreicht.
So werden an jenem 13. Dezember 1939 in Berlin nicht nur die Weichen
für den Krieg im Norden gestellt, sondern auch für die Begegnung zwischen der Norwegerin
Lillian und dem deutschen Soldaten Helmut. Ohne ihre Liebe gäbe es mich nicht.
Abschlussball
Dezember 1939
In Harstad ist Lillian in diesen Dezembertagen mit ihrem
Kleid für den Abschlussball beschäftigt. Tore hat sie gefragt, ob sie seine
Tanzpartnerin in der Offiziers-Tanzschule sein will. Der Termin des
Abschlussballs soll der 7. Januar 1940 sein. Die Witwe Pettersen, eine
Schneiderin aus der Nachbarschaft, ist seit Wochen damit beschäftigt, das
Ballkleid und das dazu passende kleine Bolero-Jäckchen zu nähen. Beides aus
hellgrüner Taftseide, so grün
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