Erzaehl mir ein Geheimnis
diplomatisch zu sein, ich hatte ja keine Ahnung, wie Nik aussah.
X ANDAS E NGEL : Vielleicht sieht es süß an dir aus.
F EMME N IKITA : Du hast gut reden. Wahrscheinlich bist du eine dieser elfenartigen College-Studentinnen, die völlig normal aussehen, bis man sie von der Seite betrachtet.
Ich musste zugeben, das traf schon irgendwie zu. Na ja, bis auf den Teil mit der Wassereinlagerung, die mich langsam von einer Barbie in ein Michelin-Männchen verwandelte. Und den Teil mit dem College.
F EMME N IKITA : Ich könnte auch als Wimmelbuch gehen – Wo ist Micah James? Kannst du ihn zwischen all dem anderen Zeug in meinem Bauch entdecken? lol. Was macht ihr? Du und dein Ich-bin-der-perfekte-Ehemann?
Wir gehen natürlich auf eine Party, wie alle College-Studenten. Dass diese Lüge mich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte, kam mir nicht in den Sinn.
F EMME N IKITA : Du schuldest uns noch Bilder. Ich will nichts mehr von diesem mysteriösen College-Studenten-Quatsch hören. Jeder auf der Party wird ein Handy mit Kamera haben. Wir reden nicht mehr mit dir, bis du uns ein Bild schickst. Keine Ausreden!
X ANDAS E NGEL : Ich versuch’s.
Ich redete mir ein, dass ich auf die Party gehen wollte, weil ich ein Bild für Nik brauchte. Aber es war mehr als das.
Im Kunstunterricht zog ich Milos Flyer aus der Tasche, um ihn mir genauer anzusehen. Delaneys Initialen, der »Schlüssel« zu Dylans Party, waren mit einem roten Kuli in die Ecke gekritzelt.
Unter der Adresse und Uhrzeit war die Skizze einer schwarzen Krähe zu sehen, eine Umkehrung des weißen Vogels aus meiner Zeichnung.
Als wäre es ein Zeichen von Xanda, die Aufforderung hinzugehen.
19
So landete ich auf Dylans Halloweenparty. Ich hatte mich aus dem Haus geschlichen. Meine Mission: ein Bild von Kamran und mir, egal wie. Und vielleicht noch ein bisschen mehr.
Mit Dads Regenmantel und einer rabenschwarzen Perücke von Xanda sah ich aus wie eine Vogelscheuche. Die Perücke hatte ich in den Tiefen des Geheimgangs zwischen unseren Zimmern gefunden, da, wo ich auch damals Xandas Sicherheitsnadelkleid entdeckt hatte. Ich hätte es angezogen, wenn es gepasst hätte. Damit hätte Dylan mich sofort erkannt.
Als ich mich durch den menschenverschlingenden Efeu in Dylans Garten kämpfte, jagte mir ein plötzlicher Lichtblitz einen Schub Adrenalin durch die Venen. Ein weiß geschminkter Guhl mit betrunkenem Grinsen fletschte vor mir die Zähne. Im fahlen Licht der gelben Glühbirnen auf der Veranda wirkte das noch unheimlicher. Er nahm meine Einladung und warf sie auf einen Haufen im Gras.
Auf der klapprigen Verandatreppe tummelten sich Hexen, Vampire, Aliens und lederbekleidete Magersüchtige, die sich einfach zu cool fanden für Kostüme und Rauch wie Küsse tauschten. Ihre verächtlichen Blicke folgten mir.
Als ich im Haus verschwand, hörte ich jemanden sagen: »Ist das nicht Miranda Mathison ? Was ist denn mit der passiert?« Diesen Worten folgte: » Xandas Schwester? Oh mein Gott.«
Es war dasselbe Haus, in das mich Delaney vor langer Zeit gebracht hatte, nur war es heute in Dunkelheit gehüllt und voller Menschen. Einige von ihnen erkannte ich wieder. Elft- und Zwölftklässler von der Elna Mead, ein paar Schulabgänger und Leute, die ich schon mal im Chop Suey gesehen hatte. Der Geruch, eine Mischung aus Alkohol und Räucherstäbchen, erinnerte mich an den Geruch von Xandas Haaren.
Ich bahnte mir einen Weg durchs Wohnzimmer. Als ich endlich in der Küche ankam, fiel mir ein, warum ich mich wie magisch von ihr angezogen fühlte. Lauter Notizen, Bilder und Magnete hingen am Kühlschrank, aber ich konnte es genau erkennen, das Gesicht meiner Schwester, es lugte aus dem Durcheinander heraus. Während die Party um mich herum in vollem Gange war, arrangierte ich die Schichten sorgfältig um und ließ ihr Bild in meiner Hosentasche verschwinden.
Ich wusste, es war verrückt zu hoffen, Kamran zu sehen, ohne dass Delaney an ihm klebte. Vielleicht waren sie gerade in einem der Schlafzimmer oder versteckten sich hinter einer der unzähligen Gummimasken. Das Handy rutschte in meiner anderen Hosentasche hin und her wie ein Pendel.
Dann sah ich Kamran, der seinen Blick über die Menge schweifen ließ. Aus seinen Schultern wuchsen Spinnenarme und aus seinem Mund blitzten Fangzähne hervor. In meiner Verkleidung erkannte er mich nicht, obwohl wir nur ein paar Meter voneinander entfernt waren.
Jetzt könnte ich mit ihm reden – ihm von Lexi erzählen, von
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