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Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
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Delaneys Lügen. Oder, wenn ich nichts sagte, dann konnte ich wenigstens ein Foto von ihm machen. Ich schaltete die Kamera an meinem Handy ein, streckte den Arm aus, zog mir die langen Haare ins Gesicht und ging rückwärts, bis ich seine Nähe spürte.
    Irgendjemand quietschte, als ich auf den Auslöser drückte.
    Eine Gruppe von Wattestäbchen auf der anderen Seite des Raums lachte schallend. Ihre großen wattierten Köpfe stießen ständig zusammen. Ich musste einfach grinsen.
    Ich zog mich mit meinem Handy in eine Ecke zurück und betrachtete ein winziges Bild von mir, Kamran und einer Fliege, die genau in dem Moment, als ich auf den Auslöser drückte, in seine Arme flog. Ich musste mir keine Gedanken machen, ob Kamran mich gesehen hatte. Er war zu sehr damit beschäftigt, Delaney zu verschlingen.
    Eines der Wattestäbchen in der Mitte der Gruppe kreischte lauter als die anderen. Ich hätte Essence überall herausgehört, obwohl ihr Kopf in weiße Watte eingewickelt war und sie einen ausgeblichenen blauen OP-Kittel trug.
    »Was macht die denn hier?«, murmelte ich.
    »Die sind cool«, antwortete ein Kerl mit chilliger Stimme, als ob ich die ganze Zeit mit ihm geredet hätte. Ich stand direkt vor unserem illustren Gastgeber Dylan, der sich als Dylan verkleidet hatte: schwarzes T-Shirt und abgewrackte Jeans. Er sah genauso aus wie Delaney, nur größer und muskulöser. Und er war heiß.
    »Du bist Dylan.«
    »Wart mal.« Er kniff die Augen zusammen und betrachtete mich angestrengt. »Kenn ich dich nicht?«
    Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, hierherzukommen. Das Haus war wahrscheinlich voll mit Leuten, die Xanda kannten. Sogar Andre könnte hier sein.
    »Ja«, sagte ich verlegen. »Na ja, irgendwie schon. Ich hänge mit … äh, hing früher manchmal mit Delaney ab.«
    »Oh, richtig. Stimmt.« Er starrte mich durch das lange schwarze Haar der Perücke immer noch skeptisch an und suchte nach einem Hinweis, wer ich wirklich war. »Nein, da ist noch was anderes. Haben wir mal …?« Er lächelte frech. Dann sah er meinen Bauch und das Lächeln verschwand sofort.
    »Du kennst meine Schwester. Oder besser: Du kanntest meine Schwester. Xanda Mathison.«
    Darauf war er nicht vorbereitet. Sein fragender Blick veränderte sich, jetzt sah er schockiert aus, und da war noch was anderes in seinem Blick. Angst? Zorn? Dann kehrte sein gelassener Ausdruck zurück, wie eine Tür, die vor meiner Nase zugeschlagen wurde.
    »Ich kannte deine Schwester. Sie war ein Miststück – was sie Andre damals angetan hat.«
    Es war die Schuld von diesem Andre . Ich wusste es, obwohl ich es nicht wissen wollte.
    »Wovon redest du?«, hielt ich ihm entgegen. In diesem Augenblick sah ich mit aller Deutlichkeit genau den Moment vor Augen, wie sie damals durch die Tür gegangen war: ihr Gesichtsausdruck, Andre, der seinen Arm um sie gelegt hatte, um sie vor dem Geschrei meiner Mutter zu schützen, nur um eine Stunde später ihren Tod zu verursachen. Das Geheimnis, das sie mir nie erzählen würde, für immer verloren.
    »Scheiße. Vergiss es. Du weißt es wahrscheinlich nicht einmal. Du warst ja noch ein Kind.«
    »Ich weiß genug«, sagte ich. Die laute Meute um uns herum schien in dem dunklen Raum immer näher zu kommen, und ich hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. »Ich weiß, dass er getrunken hat, dass er gefahren ist und dass er sie damit getötet hat.«
    Es tat immer noch weh, darüber zu sprechen. Das, was mir meine Eltern über Andre erzählt hatten, passte einfach nicht zu dem, was ich von ihm kannte oder wie ich ihn kennengelernt hatte. Er brachte mir Stofftiere und Süßigkeiten mit. Er nannte mich nie »Blandy« oder »Quälgeist« oder wie auch immer mich Xanda oft nannte. Keiner von Xandas Freunden war so gewesen.
    »Verdammt.« Dylan sah weg, er konnte mir nicht in die Augen sehen. »Ich hab echt keinen Bock, mit dir darüber zu reden.« Er murmelte irgendwas, was ich bei dem Lärm nicht verstehen konnte. Ein böse aussehendes Hexen-Trio drängelte sich an uns vorbei und füllte die Luft mit frischem Zigarettenqualm. Dylan beugte sich vor und rief mir ins Ohr: »Ich sag dir eins: Es war nicht so, wie du glaubst. Mit Andre. Frag deine Eltern. Scheiße, frag sie nicht. Sie haben dich die ganze Zeit belogen. Du solltest einfach ihn fragen. Er müsste jede Minute hier sein.«
    Eine grün glitzernde Fee folgte den Hexen auf Zehenspitzen, um besser über die Menge hinwegblicken zu können. Sie rief Dylans

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