Erzähl mir von morgen
vergangenen Zeit besaß, doch je länger ich hier wohnte, je mehr ärgerte ich mich über die kleinen Baufälligkeiten. Es war einfach marode und ich wusste nicht, wie lange ich noch hier wohnen konnte. Celia wurde größer, wollte ein eigenes Zimmer haben und nicht mehr in ihrem kleinen Bettchen schlafen, das abends aufgeklappt werden musste und neben meinem eigenen stand.
Ich seufzte schwer, als ich wieder daran erinnert wurde, wie schön und freundlich es bei Charlotte und Frank gewesen war.
Ich hatte Celia dicht an meiner Seite und doch musste ich erkennen, dass mein Leben sehr leer war. Gute Freunde hatte ich wenige – nein, ich korrigierte mich. Ich hatte keine guten Freunde seit Beth und ihr Mann Oliver bei dem Autounfall vor einem Jahr ums Leben gekommen waren. Trauer erfasste mich. Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass sie nicht mehr da waren. Ein Jahr war so schnell vergangen und ich wünschte mir, ich hätte, als sie noch lebten, sehr viel mehr Zeit mit ihnen verbracht.
Oliver kannte ich aus der Redaktion, in der er der die Abteilung der Layoutgestaltung leitete. Ich erzählte ihm von einer jungen Frau, die in einem nahegelegenen Coffee-Shop bediente. Ich holte dort öfter meinen Kaffee und ich fand, dass die beiden wunderbar zusammen passen würden.
In einer Mittagspause schlug er vor , Kaffee zu holen und gemeinsam betraten wir den Laden. Ich freute mich, dass die Bedienung da war und war vollkommen perplex, als sie auf Oliver zukam, ihn anlächelte und schließlich verliebt küsste. Es stellte sich heraus, dass sie sich bereits seit Jahren kannten und vor nicht allzu langer Zeit geheiratet hatten.
Noch lange nach diesem ersten Treffen, lachten wir gemeinsam darüber
Traurig betrat ich meine leere Wohnung, schloss die Tür hinter mir und ging dann, mit Celia auf dem Arm, zu meiner Kommode, auf der einige Fotos standen. Ich nahm eines zur Hand und spürte die Traurigkeit in mir aufsteigen. Es war eines der Letzten von Beth und Oliver. Wir hatten uns im Park getroffen und Picknick gemacht. Gemeinsam lachten wir in die Kamera. Beth hatte Celia, die wenige Wochen zuvor zur Welt gekommen war, auf dem Arm. Ich saß neben ihr und Oliver hatte sich vor uns geworfen, denn er hatte das Foto mit dem Selbstauslöser gemacht.
„Sie fehlen mir so, Celia!“ sagte ich traurig und spürte erst jetzt die Tränen über meine Wangen rinnen. „Und du wirst diese liebevollen Menschen niemals kennen lernen!“
Mein kleines Mädchen sah mich erstaunt an. Ich drückte sie fest an mich, roch den Babygeruch, der ihr anhaftete und musste doch lächeln, als sie mit ihren kleinen Fingern meine Tränen verstrich.
„Wie gut, dass ich dich habe!“ Sanft küsste ich sie und setzte sie vorsichtig ab.
Ich hatte noch einiges vor und durfte mich nicht in deprimierenden und traurigen Erinnerungen verirren.
Celia krabbelte sofort zu der Spieldecke, die auf dem Boden lag und begann die Kiste mit ihren Spielsachen zu durchsuchen, bis sie die Würfel fand. Mehrere unterschiedlich farbige Würfel konnten ineinander gesteckt oder zu einem hohen Turm aufgebaut werden. Sie liebte seit einigen Wochen ihre neugewonnene Kreativität, mit der sie den Turm aufbaute und schließlich wieder einstürzen ließ.
Ich machte mich an das Auspacken der Reisetasche und wusch dann die Schmutzwäsche. Arbeit war schon immer eine gute Möglichkeit, keine trüben Gedanken zu haben.
Deshalb hatte ich mir auch vorgenommen , am nächsten Tag wieder arbeiten zu gehen. Am Nachmittag musste ich noch einmal mit der Polizei sprechen.
Obwohl ich schon im Krankenhaus Angaben zu dem Überfall gemacht hatte, musste ich auf das Revier kommen.
Charlotte hatte angeboten, Celia von ihrem Kindergarten abzuholen und mich anschließend zur Polizei zu fahren. So musste ich mich nicht zur Rush-Hour mit Celia auf dem Arm in die überfüllte U-Bahn steigen. Davor hatte es mir bereits gegraut, bevor Charlotte mir das Angebot unterbreitete und ich war ihr sehr dankbar dafür. Trotz meines Wunsches, mein Leben möglichst selbstständig zu meistern, musste ich wohl oder übel ab und zu auf die Hilfe anderer zurückgreifen.
Kapitel 7
Der folgende Samstag war ein wunderschöner sonniger Sommertag, so dass ich mir Celia schnappte und mit ihr und einer kleinen Picknicktasche zum Boston Common, dem größten Park in Boston, fuhr.
Ich hatte versucht mit etwas Make-up die Spuren meines Überfalls im Gesicht zu verdecken, doch schließlich nahm ich
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