Erzählungen
und ich, ans Land, um die nöthigen Schritte zu thun. Ein Herr, in Uniform, wie Alle, welche zu der Regierung in irgend welchem näheren Verhältnisse stehen, empfing uns und wies uns zunächst an den Admiral-Gouverneur von Wilhelmshaven, der in einer Entfernung von zwei Kilometern wohnt. Begleitet von einer straff einherschreitenden Ordonnanz, begaben wir uns schnellen Schrittes nach der Amtswohnung des Gouverneurs. Der Admiral ließ uns melden, daß er vor zehn Uhr Niemand empfangen könne. Auf unser Gesuch um Erlaubniß zur Einfahrt, da wir die Fluth nicht verpassen wollten, erhielten wir denn auch eine schriftliche Ordre an den Hafenkapitän Möller, den wir nun unverzüglich, begleitet von einer womöglich noch strammeren Ordonnanz, aufsuchten.
Nach halbstündigem Bemühen entdeckten wir endlich den Kapitän Möller, in Uniform, den Säbel an der Seite.
Unsere Ordonnanz geht auf ihn zu, bleibt drei Schritt vor dem Officier unbeweglich stehen, die Fersen geschlossen, die linke Hand an der Dienstmütze und überreicht mit der rechten Hand dem Kapitän die schriftliche Ordre des Admirals.
Wenn ich diese Einzelheiten erwähne, so geschieht es, weil sie eine der originellen Seiten der militärischen Organisation Deutschlands illustriren. Unser Begleiter führte alle Bewegungen mit wahrhaft mechanischer Sicherheit und absoluter Regelmäßigkeit aus, ein Beweis, wie tief die Regeln der Disciplin und der Respect vor dem Vorgesetzten jedem Untergebenen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Mein Leben lang werde ich diesen regungslosen Soldaten nicht vergessen, der erst ein Zeichen seines Vorgesetzten abwartete, um seine Position zu verändern, und dann noch immer voller Respect vor demselben stehen blieb. Ganz ähnlich verhält es sich zwischen allen Graden der deutschen Armee gegenüber dem höherstehenden Chargirten.
Kapitän Möller erlaubte uns sofort, in den Hafen einzulaufen; er gab die nöthigen Befehle und eine Stunde später lag der »Saint Michel« am vorderen Hafenbassin vertäut.
Wilhelmshaven ist noch ziemlich neuen Ursprungs; es besteht erst seit etwa fünfzehn Jahren, das heißt seit der Zeit, wo die Provinzen Schleswig und Holstein dem deutschen Reiche wieder einverleibt wurden.
Es ist das einzige militärische Etablissement, welches das deutsche Reich, an der Nordsee besitzt, und wird noch immer mit rastlosem Eifer ausgebaut, so daß es in kurzer Zeit eine Festung ersten Ranges darstellen muß. Seine Lage im Grunde des Jahdebusens schützt es vor einem Bombardement von der Seeseite.
Außer den Batterien, welche dasselbe bis zur Mündung der Bucht beschützen, bietet eben die Bucht selbst ihm eine natürliche Vertheidigung, da diese nach Entfernung der Seezeichen für jede feindliche Flotte so gut wie unerreichbar ist. Das Fahrwasser in dieselbe hinein ist außerordentlich gewunden, die Strömung sehr schnell, und wenn es Kanonenboote wagen sollten, sich einen Weg zu erzwingen, so wären sie aus kurzer Entfernung einem verheerenden Feuer schwerer Batterien ausgesetzt, welche Alles in Grund und Boden schießen, was den Torpedos etwa entgangen sein sollte.
Vorläufig hat der Hafen nur einen Zugang; binnen zwei Jahren wird er jedoch noch einen zweiten besitzen, an dem man Tag und Nacht arbeitet und der ihm einen weiteren Vorzug gewähren wird.
Er enthält zwei Bassins, den Vorhafen, in welchem der »Saint Michel« liegt, und den eigentlichen Kriegshafen, in dessen Hintergrunde sich zahlreiche Werkstätten, Werfte und Docks befinden. Dieser Theil ist für Fremde nur mit besonderer schriftlicher Erlaubniß des Gouverneurs zugänglich.
Wir wünschten natürlich lebhaft, auch diesen reservirten Theil der Anlage kennen zu lernen, und begaben uns deshalb gegen zwei Uhr nach dem Hôtel des Gouvernements, um die unumgänglich nöthige schriftliche Erlaubniß auszuwirken.
Der Vice-Admiral-Gouverneur war abwesend und wir richteten unser Gesuch demnach an den stellvertretenden Gouverneur, den Contre-Admiral Berger. Der hohe Officier empfing uns unverzüglich. Er äußerte seine Befriedigung darüber, auch einmal eine französische Yacht den großen deutschen Kriegshafen besuchen zu sehen, und fügte dem sogar eine Entschuldigung bei, daß er uns am Morgen unmöglich habe empfangen können.
Aber welch’ ein Sack war das (S. 357.)
Dieses wohlwollende Entgegenkommen erfüllte uns mit bester Hoffnung; als wir indeß den delicaten Punkt berührten, erklärte der Admiral, daß er Erlaubniß zum
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