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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Verne
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Besuche des eigentlichen Arsenals nur nach Anfrage in Berlin gewähren könne, und erbot sich, sofort dahin zu telegraphiren. Wir lehnten das dankend ab. »Ist es aber, fragte ich, nicht vielleicht gestattet, wenn nicht das Arsenal, so doch das Artillerie-Schulschiff, den ›Mars‹ zu besuchen, der im Vorderhafen ankert?
    – O, gewiß, antwortete der Admiral; ich werde Ihnen meine Karte übergeben, welche Sie dem dienstthuenden Officier übermitteln lassen wollen, und er wird Sie zweifelsohne willkommen heißen. Sie werden da die neuesten Geschütze sehen, und empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit besonders das Vierundzwanzig-Centimeterrohr, mit dem wir uns schmeicheln, jeden existirenden Panzer noch in der Entfernung von achthundert Metern zu durchbohren.«
    Wir verabschiedeten uns von Sr. Excellenz und trafen eine Viertelstunde später bei der Fregatte, »Mars« ein.
    Dieses ungepanzerte Eisenschiff erscheint für den ersten Blick von etwas schwerfälliger Bauart, erfüllt jedoch seinen Zweck ganz ausgezeichnet. Die Armirung desselben besteht aus allen, in der deutschen Marine jetzt gebräuchlichen Kalibern, von der Krupp’schen acht-bis zur vierundzwanzig Centimeterkanone, dem Geschütz, auf welches uns Admiral Berger ganz besonders aufmerksam machte.
     

    Unsere Ordonnanz geht auf ihn zu. (S. 366.)
     
    An Bord angelangt, empfängt uns der Kapitän und zweite Befehlshaber der Fregatte, der des Französischen ebenso gut wie jeder gebildete Franzose mächtig ist. Er stellt sich uns zur Verfügung und zeigt und erklärt uns sein Schiff mit größter Zuvorkommenheit. Der vierundzwanziger Krupp erregte natürlich unser hervorragendes Interesse. Wie alle aus der großen Werkstatt in Essen herrührenden Geschütze ist auch dieses aus Gußstahl hergestellt und mit Schmiedeeisenringen verstärkt; denn wenn sein Geschoß auf achthundert Meter noch die stärksten Panzerplatten durchschlagen soll, muß es eine wahrhaft ungeheuere Anfangsgeschwindigkeit haben, welche nur durch eine sehr starke Pulverladung zu erzwingen ist.
    Unser Besuch endete im Achtersalon, wo sich eine Anzahl Officiere befand, denen der Kapitän uns vorstellte. Alle sprachen geläufig englisch und französisch. Sie erzählten uns von einem unlängst an Bord ihrer Fregatte vorgekommenen Unfall, bei dem eine Granate geplatzt war, als sie eben in das Geschützrohr eingeführt werden sollte; acht Mann waren dabei getödtet und noch ein Dutzend Andere mehr oder weniger schwer verletzt worden. Auch auf einem anderen Schiffe war eine Krupp’sche Kanone gesprungen und hatte erhebliche Verheerungen angerichtet. Die Officiere sprachen ungemein zwanglos über diesen Vorfall. Sie hätten noch hinzufügen können, daß eines ihrer Panzerschiffe kürzlich beinahe untergegangen wäre, indem es durch ein falsches Manöver gegen den Hafendamm in Kiel anlief und ein Leck bekam, ein Unfall, der wenigstens in französischen Zeitungen nirgends besprochen worden ist.
    Der Dienst für die Marineofficiere an Bord des »Mars« muß ein ziemlich beschwerlicher sein. Die Mannschaft des Schiffes wird nämlich alle zwei Monate gewechselt, um eine möglichst große Anzahl Matrosen mit der Bedienung der Geschütze vertraut zu machen. So lange die Fregatte im Hafen liegt, detachirt man auch eine Abtheilung der Mannschaft nach einem Kanonenboote, um auf der Rhede nach einem Ziele schießen zu lernen. Auf jeden Fall wird in Wilhelmshaven sehr viel Pulver verplatzt. Tag für Tag haben Matrosen und Marinesoldaten Schießübungen, denen man mit Recht hier großen Werth beilegt.
    Gegen vier Uhr nahmen wir Abschied, nachdem wir dem zweiten Befehlshaber und den Officieren unseren aufrichtigen Dank abgestattet hatten.
VI.
    Am nächsten Morgen befand sich der »Saint Michel« schon unter Dampf, um mit der Fluth den Hafen zu verlassen und nach Hamburg, dem Ziele unserer Reise, abzugehen. Wir trafen eben die letzten Vorbereitungen, als ein Marine-Ingenieur an Bord kam, um die Yacht zu visitiren; er stellte dabei auch die Frage, wohin wir uns zu begeben gedächten.
    »Nach Hamburg, erwiderte mein Bruder, wir haben bereits zu viel Zeit versäumt, um noch in die Ostsee gehen zu können, denn es scheint mir nicht rathsam, längs der gefährlichen Westküste Jütlands hinauszusegeln.
    – Warum benutzen Sie dann nicht den Eiderkanal, der im Kieler Busen mündet? fragte der Ingenieur. Damit ersparen Sie die Reise um ganz Dänemark und gelangen, nach einer Fahrt durch wirklich reizende Landschaften, am

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