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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
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kleinlich, wie du glaubst. Ich hab' auch gar nicht das Recht, dich mit mir zu ziehen.«
    »Ich kann ohne dich nicht sein.«
    »Wie lange warst du ohne mich? Ich war ja schon verloren, als ich dich vor einem Jahre kennen lernte. Ich wußte es nicht, aber ich hab' es schon damals geahnt.«
    »Du weißt es auch heute nicht.«
    »Ja, ich weiß es, und darum geb' ich dich heute schon frei.«
    Sie klammerte sich fester an ihn. »Nimm's an, nimm's an«, sagte er. Sie antwortete nicht, sah zu ihm auf, als könnte sie's nicht verstehen.
    »Du bist so schön, oh! und so gesund. Was für ein herrliches Recht hast du ans Leben. Laß mich allein.«
    Sie schrie auf. »Ich hab' mit dir gelebt, ich werde mit dir sterben.«
    Er küßte sie auf die Stirne. »Du wirst es nicht, ich verbiete es dir, du mußt dir diese Idee aus dem Kopfe schlagen.«
    »Ich schwöre dir –«
    »Schwöre nicht, du würdest mich eines Tages bitten, daß ich dir deinen Schwur zurückgebe.«
    »Das ist dein Glaube an mich!«
    »Oh, du liebst mich, ich weiß es. Du wirst mich nicht verlassen, bis –«
    »Nie, nie werd' ich dich verlassen.« Er schüttelte den Kopf. Sie schmiegte sich an ihn, nahm seine beiden Hände und küßte sie.
    »Du bist so gut«, sagte er, »das macht mich sehr traurig.«
    »Sei nicht traurig. Was immer kommt, wir beide haben dasselbe Schicksal.«
    »Nein«, sagte er ernst und bestimmt, »laß das. Ich bin nicht wie die anderen. Ich will es nicht sein. Alles begreife ich; erbärmlich wäre es von mir, wenn ich länger auf dich hören wollte, mich von diesen Worten berauschen lassen, die dir der erste Augenblick des Schmerzes eingibt. Ich muß gehen, und du mußt bleiben.«
    Sie hatte wieder zu weinen begonnen. Er streichelte und küßte sie, um sie zu beruhigen, und sie blieben beim Fenster stehen und sprachen nichts mehr. Die Minuten vergingen, die Kerze brannte tiefer herab.
    Nach einiger Zeit entfernte sich Felix von ihr und setzte sich auf den Diwan. Eine schwere Müdigkeit war über ihn gekommen. Marie näherte sich ihm und setzte sich an seine Seite. Sie nahm leise seinen Kopf und legte ihn an ihre Schulter. Er blickte sie zärtlich an und schloß die Augen. So schlief er ein.
    Der Morgen schlich blaß und kühl heran. Felix war erwacht. Noch lag sein Kopf an ihrer Brust. Sie aber schlief tief und fest. Er entfernte sich leise von ihr und ging zum Fenster, sah auf die Straße hinunter, die menschenleer im Morgengrauen dalag. Es fröstelte ihn. Nach einigen Minuten schon streckte er sich angekleidet auf's Bett und starrte auf die Decke.
    Es war hellichter Tag, als er erwachte. Marie saß auf dem Bettrand, sie hatte ihn wachgeküßt. Sie lächelten beide. War nicht alles ein böser Traum gewesen? Er selbst kam sich jetzt so gesund, so frisch vor. Und draußen lachte die Sonne. Von der Gasse herauf drang Geräusch; es war alles so lebendig. Im Hause gegenüber standen viele Fenster offen. Und dort auf dem Tische war das Frühstück vorbereitet wie jeden Morgen. So licht war das Zimmer, in alle Ecken drang der Tag. Sonnenstäubchen flimmerten, und überall, überall Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung!

    Der Doktor rauchte seine Nachmittagszigarre, als ihm eine Dame gemeldet wurde. Es war noch vor der Ordinationsstunde, und Alfred ärgerte sich eigentlich. »Marie«, rief er erstaunt aus, als sie eintrat.
    »Seien Sie nicht böse, daß ich Sie so früh störe. Oh, rauchen Sie nur weiter.«
    »Wenn Sie erlauben. – Aber was gibt's denn, was haben Sie denn?«
    Sie stand vor ihm, die eine Hand auf den Schreibtisch gestützt, in der anderen den Sonnenschirm haltend. »Ist es wahr«, stieß sie rasch hervor, »daß Felix so krank ist? Ah, Sie werden blaß. Warum haben Sie mir's nicht gesagt, warum nicht?«
    »Was fällt Ihnen denn ein?« Er ging im Zimmer hin und her. »Sie sind närrisch. Bitte, setzen Sie sich.«
    »Antworten Sie mir.«
    »Gewiß ist er leidend. Das ist Ihnen ja nichts neues.«
    »Er ist verloren«, schrie sie auf.
    »Aber, aber!«
    »Ich weiß es;
er
auch. Gestern war er beim Professor Bernard, der hats ihm gesagt.«
    »Es hat sich schon mancher Professor geirrt.«
    »Sie haben ihn ja oft untersucht, sagen Sie mir die Wahrheit.«
    »In diesen Dingen gibt es keine absolute Wahrheit.«
    »Ja, weil er Ihr Freund ist. Sie wollen's eben nicht sagen, nicht wahr? Aber ich sehe es Ihnen an! Es ist also wahr, es ist wahr! O Gott! O Gott!«
    »Liebes Kind, beruhigen Sie sich doch.«
    Sie sah rasch zu ihm auf. »Es ist wahr?«
    »Nun

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