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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mächtiger Berge eingeschlossen. Es bildet ein weites, ovales Bassin von achtzehn Lieues in der Länge, bei einer Breite von zwölf und einem Umfange von zweiundsiebzig Lieues. Hohe Berggipfel, unter denen sich der Popocatepelt und der Icctacihualt im Südwesten besonders auszeichnen, streben rings um dasselbe empor. Hat er einmal den hohen Grenzrand erstiegen, so findet der Reisende keine weiteren Schwierigkeiten. Schon bergab wird der Boden wegsamer und zuletzt führt ihn nach Mexico eine sehr gute Straße in der Richtung nach Norden hin. Statt ermüdender Reihen von Pappeln und Ulmen zeigen sich hier die von den Königen der Azteken-Dynastie angepflanzten Cypressen und die »Schinus«, welche den Trauerweiden des Occidents ähneln. Da und dort trifft man bearbeitete Felder oder Gärten mit reichem Blumenschmucke, während Aepfel-, Kirsch-und Granatbäume unter dem tiefblauen Himmel, eine Folge der verdünnten und trockenen Luft dieser Hochebenen, gleichmäßig üppig gedeihen.
    In den Bergen hallte der Donner jetzt mit furchtbarer Gewalt. Der Regen und der Wind, welche zeitweilig aussetzten, verstärkten dadurch nur das Echo.
    José fluchte bei jedem Schritt. Bleich und stumm warf der Lieutenant Martinez nur scheue, böse Blicke auf seinen Begleiter, in dem er nur noch einen Mitwisser seines Verbrechens sah, welchen er gern entfernt und unschädlich gewußt hätte.
    Da zerriß ein greller Blitz die tiefe Finsterniß. Der Mastwart und der Lieutenant standen dicht vor einem Abgrunde!…
    Martinez trat an José heran. Er legte ihm die Hand fest auf die Schultern und sagte:
    »José, ich fürchte mich…
    – Vor dem Gewitter?
    – Den Sturm am Himmel fürchte ich nicht, wohl aber die Empörung in meinem Innern.
    – Ah, Sie denken noch immer an Don Orteva!… Schämen Sie sich, Lieutenant, Sie reizen mich zum Lachen!« antwortete José, dem freilich das Lachen verging, als er Martinez wüthenden Blick auf sich geheftet sah.
    Wiederum krachte ein furchtbarer Donnerschlag.
    »Schweig’ still, José, schweig’ still! rief Martinez, der seiner kaum noch Herr zu sein schien.
    – Die Nacht ist zum Moralisiren recht passend! erwiderte der Mastwart. Wenn Sie sich fürchten, Lieutenant, dann machen Sie Augen und Ohren zu.
    – Ich glaube, stöhnte Martinez, ich sehe dort den Kapitän… Don Orteva… mit zertrümmertem Schädel!… Da… da…!«
    Von einem fahlen Blitze erleuchtet, erhob sich ein dunkler Schatten etwa zwanzig Schritt vor den beiden Wanderern.
    Gleichzeitig erblickte José, Martinez, leichenblaß, verfallen, düster und mit einem Dolch in der Faust an seiner Seite.
    »Was, was ist das?…« schrie er.
    Ein Blitz warf sein grelles Licht auf Beide.
    »Zu Hilfe!« rief José…
    Schon lag aber nur noch ein Leichnam auf der Erde. Ein neuer Kain floh Martinez mit der blutigen Hand durch das Unwetter dahin.
    Wenige Augenblicke später neigten sich zwei Männer über die Leiche des Mastwarts und sagten:
    »Das wäre der Eine!«
    Martinez irrte wie ein Wahnsinniger durch die dunkle Einöde. Mit entblößtem Haupte lief er durch den Regen, der in Strömen niederfloß.
    »Zu Hilfe, zu Hilfe!« rief er, auf den schlüpfrigen Steinen ausgleitend.
    Plötzlich vernahm er ein tosendes Rauschen.
    Martinez stutzte und hörte einen herabstürzenden Wildbach.
    Es war der kleine Fluß Ixtolucca, der sich fünfhundert Fuß unter ihm dahin wälzte.
    Einige Schritte weiter war über den Fluß eine Brücke aus Agaveseilen geschlagen. An beiden Uferwänden nur durch zwei eingerammte Pfähle gehalten, schwankte diese Brücke jetzt wie ein ausgespannter Faden.
    Krampfhaft erfaßte Martinez die Lianen und kroch furchtsam auf die Brücke. Mit aller Anstrengung gelangte er bis zu dem entgegengesetzten Ufer.
    Da richtete sich ein unheimlicher Schatten vor ihm auf.
    Martinez wich stumm zurück und suchte das eben verlassene Ufer wieder zu erreichen.
    Aber auch hier erschreckte ihn eine dunkle Mannesgestalt.
    Auf den Knieen arbeitete er sich wiederum, die Hände vor Verzweiflung krampfhaft geschlossen, bis nach der Mitte der Brücke zurück.
    »Martinez, ich bin Pablo! rief eine Stimme.
    – Martinez, ich bin Jacopo! erschallte eine andere.
    – Du bist ein Verräther – Du mußt sterben!
    – Du bist ein Mörder – Du mußt sterben!«
    Zwei scharfe Schläge… die Pfähle, welche das Ende der Brücke hielten, fielen unter den Aexten…
    Ein entsetzliches Geräusch, und Martinez stürzte mit hoch erhobenen Händen in den Abgrund.
    …

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