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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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Unschuldiger hätte in seinem eigenen Interesse das Verbrechen sofort angezeigt und dazu beigetragen, die Bösewichter zu entdecken. Man hatte ihn mit dem Mädchen gesehen, er war in einer offenen Fähre mit ihr über den Fluß gefahren. Selbst ein Dummkopf hätte eingesehen, daß die Denunziation der Mörder das einzige und sicherste Mittel sei, sich selbst von jedem Verdacht zu reinigen. Wir können nicht annehmen, daß er, falls er selbst unschuldig war, von dem in der verhängnisvollen Sonntagnacht verübten Verbrechen nichts gewußt habe. Und doch könnten wir uns nur unter diesen unmöglichen Umständen erklären, daß er, falls noch am Leben, es unterlassen hat, die Mörder anzuzeigen.
    Und welche Mittel haben wir, die Wahrheit festzustellen? Je weiter wir vorgehen, desto zahlreicher und deutlicher werden wir sie erkennen. Erforschen wir einmal die Umstände, unter denen die erste Flucht vor sich ging. Machen wir uns mit der ganzen Geschichte des ›Offiziers‹, mit seinen Lebensverhältnissen bekannt und suchen wir herauszubringen, wo er sich am Tage des Mordes aufgehalten hat. Vergleichen wir sorgfältig die einzelnen Mitteilungen an die  Abendzeitung , welche den Verdacht auf eine ganze Rotte lenken wollen, und, wenn dies geschehen ist, die gesamten Zuschriften an die ›Abendzeitung‹ in bezug auf Stil und Handschrift mit den früher erschienenen, an das Morgenblatt gerichteten Briefen, welche Mennais so hartnäckig der Täterschaft beschuldigten. Und ist auch dies geschehen, so wollen wir das gesamte Material wiederum mit einigen Schriftstücken des Offiziers vergleichen. Wir werden Frau Deluc und ihre Knaben sowie den Omnibuskutscher Valence wiederholt verhören lassen, um Näheres über die persönliche Erscheinung, die Haltung und das Benehmen des Mannes mit der dunklen Gesichtsfarbe zu erfahren. Geschickt gestellte Fragen werden sowohl über diesen Punkt wie auch über einige andere allerlei Neues ergeben, von dem die betreffenden Personen selbst jetzt noch nicht wissen, daß es ihnen bekannt ist. Weiterhin wollen wir die Spur des Bootes , das der Schiffer am Montag, den . Juni, aufgefunden hat und das von der Zollstation ohne Wissen des wachhabenden Beamten und ohne Ruder  wieder weggeholt wurde, bis über die Zeit der Auffindung des Leichnams hinaus verfolgen. Wenn wir mit Vorsicht und Beharrlichkeit zu Werke gehen, wird uns dies unfehlbar gelingen, denn wir können nicht nur den Schiffer, der es herrenlos treiben sah, ausforschen, auch das Ruder soll uns Auskunft verschaffen. Ein Mensch mit reinem Gewissen hätte das Ruder eines Segelbootes sicher nicht so ohne weiteres im Stich gelassen. Hier muß ich noch eine Frage stellen. Es wurde nirgends bekannt gemacht, daß ein Boot aufgefunden worden war. Es wurde stillschweigend zur Station der Zollschiffe gebracht und verschwand so auch wieder von dort. Wie konnte nun sein Eigentümer oder sein Mieter schon Dienstag morgens den Ort kennen, an dem das Boot montags geborgen worden war, da doch dem Publikum nicht die geringste Mitteilung von seiner Auffindung zugegangen ist? Drängt sich uns da nicht die Vermutung auf, der Mann, der es heimlich von der Station wieder fortgeholt hat, stehe mit der Marine in einer beständigen persönlichen Verbindung, die es ihm ermöglicht, alles, was in ihrem Bereiche vorkommt, sofort zu erfahren?
    Ich habe schon einmal darauf hingedeutet, daß der einsame Mörder, nachdem er seine Bürde ans Ufer gezogen hat, sich wahrscheinlich eines Bootes bedient habe. Ja wir müssen unbedingt zu dem Schluß kommen, daß der Leichnam aus einem Boot in den Fluß geworfen wurde, da er dem seichten Wasser am Ufer nicht anvertraut werden konnte. Die eigentümlichen Spuren, die man auf dem Rücken und den Schultern des Opfers bemerkte, weisen auf heftige Berührung mit den unteren Rippen eines Bootes hin. Auch der Umstand, daß der Körper ohne Gewicht gefunden wurde, bestärkt mich in meiner Annahme. Wäre er vom Ufer aus in das Wasser geschleudert worden, so hätte es der Mörder sicher nicht unterlassen, ihn durch irgendein Gewicht zu beschweren. Daß dies nicht geschah, können wir uns nur dann erklären, wenn wir annehmen, er habe es vergessen, einen Stein oder dergleichen mit ins Boot zu nehmen, als er vom Ufer abstieß.
    Als er den Leichnam nun dem Wasser übergeben wollte, bemerkte er natürlich sein Versehen, aber jetzt war es zu spät, das Versäumte nachzuholen. Lieber setzte er sich jeder kommenden Gefahr aus, als

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