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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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einen Schrei gehört, der den Argwohn erregt hatte, es sei irgendein Verbrechen verübt worden. Man hatte die Polizei benachrichtigt, und diese hatte die Beamten abgeschickt, um sofort Untersuchungen vorzunehmen.
    Ich lächelte – denn was hatte ich zu fürchten? – und hieß die Herren willkommen. Den Schrei behauptete ich selbst im Traume ausgestoßen zu haben, und der alte Herr sei aufs Land gereist. Ich führte die Besucher durch das ganze Haus und forderte sie auf, nur gut zu suchen. Zum Schlusse führte ich sie in sein Zimmer und zeigte ihnen, daß sein Geld und seine Wertgegenstände sicher und wohlverwahrt dalagen. Im Übermaß des Gefühles meiner Sicherheit brachte ich Stühle in das Zimmer und nötigte sie, hier von ihren Anstrengungen auszuruhen, während ich in toller Vermessenheit, so vollauf überzeugt, die Tat sei gelungen, meinen Stuhl gerade auf die Dielen stellte, unter denen der Leichnam meines Opfers lag. Die Polizisten waren zufriedengestellt. Mein Auftreten hatte jeden Verdacht zunichte gemacht. Ich war in ausgezeichneter Stimmung. Während ich heiter auf ihre Fragen antwortete, plauderten sie dazwischen von gleichgültigen Dingen. Aber es dauerte nicht lange, da fühlte ich, wie ich erbleichte, und wünschte, sie möchten gehen. Der Kopf tat mir weh, und es sauste mir in den Ohren; aber sie blieben sitzen und plauderten weiter.
    Das Sausen in meinen Ohren schwoll an; es blieb und wurde immer deutlicher. Ich sprach lebhafter, um das schreckliche Gefühl loszuwerden. Doch es dauerte fort und wurde immer bestimmter, bis ich deutlich spürte, daß es nicht in den Ohren selbst war.
    Jedenfalls war ich jetzt sehr bleich geworden; aber ich sprach schneller und immer schneller, mit lauterer Stimme darauf los. Allein, auch der Ton wurde stärker – was sollte ich anfangen? Es war ein leiser,  dumpfer, rascher Ton – wie ihn eine Taschenuhr, die man in Wolle gewic kelt hat , hervorbringen mag. Ich rang nach Atem – doch die Beamten hörten das Geräusch immer noch nicht. Ich sprach noch schneller, noch heftiger; doch das Geräusch nahm immer noch zu. Ich stand auf und stritt mit gewaltsam angestrengter Stimme und heftigen Gebärden über Kleinigkeiten; aber auch das Geräusch wurde noch lauter.
    Weshalb gingen sie denn immer noch nicht? Ich eilte mit schweren Schritten auf und ab, als ob mich die Beamten durch ihr Beobachten bis zur Wut gereizt hätten. Vergeblich! Das Geräusch schwoll an.
    Mein Gott! Was konnte ich noch tun? Ich schäumte vor Wut – ich raste, ich fluchte! Ich ergriff den Stuhl, auf dem ich gesessen, und scharrte mit ihm auf der Diele umher – das Geräusch übertönte alles und wuchs und wuchs! Es wurde lauter – lauter – lauter ! Und noch immer plauderten die Männer vergnügt und lächelten dazu. War es möglich, daß sie es nicht hörten? Allmächtiger Gott! Nein! Nein! Sie hörten es! – Sie schöpften schon Verdacht! – Sie wußten alles! – Sie trieben nur Spott mit meinem Entsetzen! Dies dachte ich (und denke es noch). Aber alles andere war erträglicher als meine Todesangst, war besser als ihr Hohn! Ich konnte ihr heuchlerisches Lächeln nicht länger ertragen. Ich fühlte, daß ich schreien müsse –oder sterben!
    Und nun – horch – wieder – lauter! lauter!! lauter!!! lauter!!!!
    Schurken!« schrie ich heraus. »Verstellt euch nicht länger! Ich gestehe die Tat! Reißt die Dielen auf! Hier! Hier! Es ist das grauenhafte Klopfen seines Herzens!«

DER GOLDKÄFER
    The Gold-Bug ()
    Schau her! Schau her! Der Kerl dort tanzt wie toll ! Von der Tarantel gift’gem Biß getrieben. (All in the wrong)

    Vor vielen Jahren unterhielt ich mit einem gewissen Herrn William Legrand engere Beziehungen. Er stammte aus einer alten Hugenottenfamilie und war früher sehr vermögend gewesen, doch hatte eine Reihe von Unglücksfällen ihn zum bedürftigen Manne gemacht. Um all den Unannehmlichkeiten, die ein solch plötzliches Verarmen nach sich zieht, zu entgehen, verließ er New Orleans, die Stadt seiner Vorfahren, und schlug seinen Wohnsitz auf der Sullivans-Insel bei Charleston in Süd-Carolina auf.
    Diese Insel ist ein sehr merkwürdiges Stück Land. Sie besteht fast nur aus Seesand und ist ungefähr drei Meilen lang und an keiner Stelle über eine Viertelmeile breit. Vom Festland ist sie durch eine kaum wahrnehmbare Bucht getrennt, die sich durch eine Wildnis von Ried und Sumpfboden hindurchwindet und zahllosen Marschhühnern ausgezeichnete Schlupfwinkel

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