Erzaehlungen aus Kolyma 04 - Die Auferweckung der Lärche
Beteiligten, alle Führungskräfte der Fabrik, in der die Abteilung zur Wiederherstellung des Lichts angesiedelt war, außer Orden und Dankesbezeigungen auch noch amerikanische Päckchen aus der Kriegszeit vorbereitet. Diese Päckchen, die zur Lieferung über Lend-Lease gehörten, bestanden aus Anzug, Krawatte, Hemd und Schuhen. Der Anzug war offenbar beim Transport verschwunden, dafür waren die Schuhe – amerikanische Schuhe aus rotem Leder auf dicker Sohle – der Traum jedes Chefs.
Der Direktor des Dalstroj besprach sich mit einem Berater, und alle fanden, dass der
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-Ingenieur von einem besseren Glück, von einem besseren Geschenk nicht einmal träumen könne.
In Moskau um eine Verkürzung der Haftzeit des Ingenieurs, um seine vollständige Freilassung zu bitten, hatte der Direktor des Dalstroj in dieser aufregenden Zeit gar nicht vor. Der Sklave muss auch mit den alten Schuhen des Herrn und einem Anzug von den Schultern des Herrn zufrieden sein.
Von diesen Geschenken sprach ganz Magadan, die ganze Kolyma. Die hiesigen Chefs hatten Orden und Dankesbezeigungen übergenug bekommen. Aber der amerikanische Anzug, Schuhe auf dicker Sohle – das war etwas wie eine Reise auf den Mond, ein Flug in eine andere Welt.
Der große Abend kam, die glänzenden Kartons mit den Anzügen türmten sich auf dem mit rotem Tuch bezogenen Tisch.
Der Direktor des Dalstroj verlas eine Order, in der natürlich Kiprejews Name nicht erwähnt wurde, nicht erwähnt werden konnte.
Der Chef der Politverwaltung verlas die Liste für die Geschenke. Als letzter Name wurde der Kiprejews genannt. Der Ingenieur kam an den Tisch, der von Glühlampen – seinen Lampen – hell erleuchtet war, und nahm den Karton aus den Händen des Dalstroj-Direktors entgegen.
Kiprejew sagte deutlich und laut: »Ich werde die amerikanischen Altkleider nicht tragen«, und legte den Karton auf den Tisch.
Sofort wurde Kiprejew verhaftet und bekam acht Jahre zusätzliche Haft nach Artikel – welcher, weiß ich nicht, und das hat auch keinerlei Bedeutung an der Kolyma, interessiert niemanden.
Übrigens – einen Artikel für das Ablehnen amerikanischer Geschenke? Nicht nur, nicht nur. Im Gutachten des Untersuchungsführers in Kiprejews neuem »Verfahren« heißt es: Er hat gesagt, die Kolyma ist Auschwitz ohne Öfen.
Diese zweite Haftstrafe nahm Kiprejew ruhig auf. Er hatte gewusst, was er riskiert, wenn er die amerikanischen Geschenke ablehnt. Aber bestimmte Maßnahmen zur persönlichen Sicherheit hatte Ingenieur Kiprejew ergriffen. Folgende Maßnahmen. Kiprejew hatte einen Bekannten gebeten, seiner Frau aufs Festland zu schreiben, dass er, Kiprejew, gestorben sei. Und hatte selbst aufgehört, Briefe zu schreiben.
Aus der Fabrik wurde der Ingenieur ins Bergwerk geschafft, zu den allgemeinen Arbeiten. Bald war der Krieg zu Ende, das Lagersystem wurde noch komplizierter – und Kiprejew als Rückfalltäter erwartete das Nummernlager.
Der Ingenieur wurde krank und kam ins zentrale Häftlingskrankenhaus. Hier wurde Kiprejews Arbeit sehr gebraucht – man musste den Röntgenapparat zusammenbauen und in Gang setzen, zusammenbauen aus Schrott, aus invaliden Einzelteilen. Der Krankenhauschef Doktor Doktor versprach die Befreiung, eine Haftverkürzung. Ingenieur Kiprejew glaubte solchen Versprechungen wenig – er galt als »Kranker«, und Anrechnungen bekommen nur feste Mitarbeiter des Krankenhauses. Aber dem Versprechen des Chefs wollte er doch glauben, das Röntgenkabinett ist nicht das Bergwerk, nicht die Goldgrube.
Hier erlebten wir Hiroshima.
»Das ist die Bombe, das ist das, womit wir uns in Charkow beschäftigt haben.«
»Der Selbstmord Forrestals . Eine Flut von höhnischen Telegrammen.«
»Weißt du, worum es geht? Für einen westlichen Intellektuellen ist die Entscheidung, die Atombombe zu werfen, sehr schwierig, sehr schwer. Psychische Depression, Wahnsinn, Selbstmord – das ist der Preis, den der westliche Intellektuelle für solche Entscheidungen zahlt. Unser Forrestal wäre nicht wahnsinnig geworden. Wie viele gute Menschen sind dir im Leben begegnet? Wirkliche, die du nachahmen, denen du dienen wolltest?«
»Warte, ich sag es dir: Miller, ein Ingenieur und Schädling, und noch vielleicht fünf Personen.«
»Das ist sehr viel.«
»Die Generalversammlung hat ein Protokoll über den Genozid unterzeichnet.«
»Genozid? Womit isst man das?«
»Wir haben die Konvention unterschrieben. Natürlich, das Jahr siebenunddreißig, das ist kein
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