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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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den Vater als Sühne für die tödtliche Unbild, welche er seinem Kinde angethan, mit Ehren überhäufte. Auch achtete er den Grafen Julian als einen fähigen und im Kriegswesen erfahrnen Mann und nahm seinen Rath in allem, was sich auf die militärischen Verhältnisse Spaniens bezog, in Anspruch. Der Graf vergrößerte die Gefahr, welche die unter seinen Oberbefehl gestellte Grenze bedrohte, und vermogte den König, die besten noch aus Witiza’s Zeit übrigen Truppen zu Fuß und zu Pferd dorthin zu senden, da man derselben in dem Mittelpunkte Spaniens bei dessen jetzigem ruhigen Zustande nicht bedürfe. Die andern Schaaren wurden, auf seinen Rath, an die Grenze von Gallien geschickt, so daß das Königreich gegen einen möglichen plötzlichen Einfall in Süden fast ohne alle Vertheidigung blieb.
    Nachdem er seine Plane so verschlagen entworfen und Alles zu seiner Rückkehr nach Afrika angeordnet hatte, ward ihm die Erlaubniß, seine Tochter vom Hofe zu entfernen und sie bei ihrer Mutter, der Gräfin Frandina, zu lassen, welche, wie er vorgab, zu Algeziras gefährlich krank lag.
    Graf Julian ließ die Thore der Stadt hinter sich, von einer glänzenden, auserlesenen Schaar begleitet, während die blasse, weinende Florinda neben ihm auf einem Zelter ritt. Das Volk grüßte und segnete ihn und jubelte ihm zu, während er vorüber kam; aber sein Herz wendete sich mit Abscheu von ihnen. Als er über die Brücke des Tajo ritt, sah er mit bewölkter Stirn auf Toledo zurück und hob seine gepanzerte Faust und schüttelte sie gegen den königlichen Palast Don Roderich’s, der die felsige Höhe krönte.
    »Eines Vaters Fluch,« sagte er, »laste auf dir und den Deinigen! Verderben falle auf dein Haus, und Verwirrung und Sturz treffe dein Reich.«
    Auf seiner Reise durch das Land blickte er mit boshaftem Auge um sich. Die Schalmei des Hirten und der Gesang der Landleute klangen wie Mißtöne in sein Ohr; jeder Blick, jeder Ton, welcher von dem Glück der Menschen zeugte, that seinem Herzen wehe, und in der Bitterkeit seiner Seele wünschte er, er mögte den ganzen Schauplatz des Glückes und Gedeihens durch Feuer und Schwert der Feinde verödet sehen.
    Die Gräfin Frandina hatte bereits die Geschichte der Schmach und Entehrung ihrer Familie erfahren. Als die unglückliche Florinda vor ihre Mutter kam, fiel sie ihr um den Hals, verbarg ihr Antlitz an ihrem Busen und weinte. Aber die Gräfin vergoß nie eine Thräne; denn sie war eine Frau von stolzem Geiste und starkem Herzen. Sie blickte streng in das Antlitz ihres Gatten.
    »Verderben treffe dein Haupt,« sagte sie, »wenn du diese Schmach duldest. Was mich betrifft, eine schwache Frau, werde ich die Freunde und Getreuen meines Hauses um mich sammeln und nicht rasten, bevor Ströme von Blut diesen Flecken weggewaschen haben.«
    »Beruhige dich,« sagte der Graf; »die Rache naht, und sie wird sicher und schrecklich sein.«
    Da Graf Julian nun auf seinen eigenen Besitzungen und von seinen Verwandten und Getreuen umgeben war, fuhr er fort, sein Verräthernetz vollständig zu weben. Darin unterstützte ihn sein Schwager Oppas, der Bischof von Sevilla, ein Mann, schwarz und treulos wie die Nacht, aber von frommer Miene und glatt und gleisend im Rathe. Dieser verschlagene Prälat hatte sich in das unbedingte Vertrauen des Königs zu schleichen gewußt und diesen dahin vermogt, seinen Neffen, Evan und Siseburt, Witiza’s verbannten Söhnen, die Rückkehr nach Spanien zu gestatten. Sie wohnten in Andalusien und wurden nun als passende Werkzeuge bei der jetzigen verrätherischen Verschwörung betrachtet.
    Dem Rathe des Bischofs zufolge berief Graf Julian seine Verwandten, Freunde und Anhänger zu einer geheimen Berathung auf einen wilden felsigen Berg, nicht fern von Consuegra, welcher heute noch die maurische Benennung
»la Sierra de Calderin,«
oder »der Berg des Verraths« trägt [Fußnote:
Bleda , Chron, cap. V.
– Der Verf. ] . Als Alle versammelt waren, erschien Graf Julian, von dem Bischofe und der Gräfin Frandina begleitet, unter ihnen, berief die, welche von seinem Blute und mit ihm verwandt waren, um sich, und entdeckte ihnen die Schmach, welche ihrer Familie angethan worden. Er stellte ihnen vor, Don Roderich sei ihr geschworner Feind, er habe Witiza, ihren Verwandten, entthront und nun die Ehre einer der edelsten Töchter ihres Stammes entehrt. Die Gräfin Frandina unterstützte seine Worte. Sie war eine Frau von majestätischer Gestalt und beredter Zunge, und ihre

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