Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
allein es war aus abgehärteten und gewandten Truppen zusammengesetzt, welche im Kriege erstarkt und auf das Trefflichste gewaffnet waren. Das Lager glänzte prachtvoll in den Strahlen der untergehenden Sonne und hallte wieder von dem Klang der Cymbeln, dem Geschmetter der Trompeten und dem Wiehern feuriger arabischer Rosse. Man sah dort schwarze Schaaren aus allen Völkerschaften der afrikanischen Küste, so wie syrische und egyptische Legionen, während die leichte Reiterei der Beduinen auf der nahen Ebene die Pferde tummelte. Die Herzen der christlichen Krieger kränkte und entflammte jedoch am meisten der Anblick des ein wenig abseiten von dem Heere der Moslemen aufgeschlagenen Lagers spanischer Reiterei, über deren Zelten das Banner des Grafen Julian in der Abendluft flatterte. Es waren ihrer zehntausend an der Zahl, tapfere und abgehärtete Männer und die erfahrensten Krieger in dem ganzen spanischen Heere; denn die meisten hatten lange in den afrikanischen Kriegen gedient; auch waren sie trefflich bewaffnet und in dem besten Stande. Der Graf hatte seinen König um die Waffen dieser schönen Schaaren betrogen, und es war ein jammervoller Anblick, so gute Krieger gegen ihr Vaterland und ihren Glauben zu dem Schwerte greifen zu sehen.
Um die Vesperstunde schlugen die Christen ihre Zelte eine kleine Stunde von dem Feinde entfernt auf und sahen mit Bangen und Schrecken auf dieses barbarische Heer, welches in dem Lande so viel Ungemach verursacht, so große Verwüstung angerichtet hatte; denn der erste Anblick eines feindlichen Lagers in einem an Krieg nicht gewöhnten Lande ist für den zum ersten Male unter die Fahne tretenden Krieger stets schrecklich. Nach der Erzählung der arabischen Chronikenschreiber hätte in dem christlichen Lager ein wunderbares Begebniß Statt gefunden; die besonnenen spanischen Geschichtschreiber berichten dasselbe jedoch sehr abweichend und scheinen es als einen Kunstgriff des verschlagenen Bischofs Oppas zu betrachten, der dadurch die Biederkeit und Treue der christlichen Ritter erforschen wollte.
Während mehrere Häuptlinge des Heeres bei dem Bischof in seinem Zelte saßen und sich über den unsicheren Ausgang des bevorstehenden Kampfes unterhielten, zeigte sich ein alter Pilger an dem Eingange. Die Last der Jahre beugte seinen Rücken, sein schneeweißer Bart floß bis auf seinen Gürtel nieder, und seine schwankenden Kniee stützte ein Pilgerstab. Die Ritter erhoben sich und empfingen ihn, als er in das Zelt vortrat, mit großer Achtung.
Er hob seine welke Hand empor und rief:
»Wehe, wehe Spanien! Denn die Zornesschale des Himmels ist im Begriffe, sich über dieses Land auszugießen. Hört, Krieger! und laßt euch warnen. Es sind nun vier Monate, da hatte ich meine Pilgerfahrt in das gelobte Land Palästina vollendet und schickte mich an, in mein Heimathland zurückzukehren. Müde und matt von der Wanderung, legte ich mich einst Nachts unter einem Palmbaum an dem Rande eines Brunnens nieder; da wurde ich durch eine Stimme geweckt, welche in sanftem Tone so zu mir redete: »Sohn des Schmerzes, warum schläfst du?« Ich öffnete meine Augen und schaute ein Wesen von schönem und reizendem Antlitz, in glänzendem Gewand und mit prachtvollen Flügeln; es stand an dem Brunnen, und ich sprach: »Wer bist du, daß du mich in dieser tiefen Stunde der Nacht aufrufst?«
»Fürchte nichts,« versetzte die himmlische Gestalt: »ich bin ein Engel des Himmels und gesendet, dir das Schicksal deines Landes zu enthüllen. Sieh, die Sünden Roderich’s sind zu Gott empor gestiegen, und sein Zorn ist gegen ihn angefacht worden, und er hat ihn überliefert, daß er überfallen und vernichtet werde. Eile daher nach Spanien zurück und suche das Lager deiner Landsleute auf. Thue ihnen kund, daß nur die unter ihnen gerettet werden, welche Roderich verlassen; die aber, welche ihm anhängen, werden seine Strafen theilen und unter den Schwertern der einbrechenden Feinde fallen.«
Der Pilger schwieg und ging aus dem Zelte. Einige der Ritter eilten ihm nach, um ihn festzuhalten, damit sie fernere Kunde über diesen Gegenstand von ihm erführen; allein er war nirgends mehr zu finden. Die Wache vor dem Zelte sagte aus: »Ich habe Niemand aus dem Zelte kommen sehen; aber es war, als wenn ein Windstoß an mir vorbeigezogen wäre, und ich hörte ein Rauschen, wie das von dürren Blättern.«
Der Ritter blickten erstaunt einander an. Der Bischof Oppas saß da, sein Auge zu Boden geschlagen und von den
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