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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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unartikulierte Laute aus, kicherte und tappte schließlich furchtlos auf sein Opfer zu, das beim Niedersinken den kleinen Hund fast erdrückt hätte. Er winselte mit hellen Tönen, schwamm mit den Pfoten und versuchte vergeblich, auf die Beine zu kommen und sich von dem Druck des Armes zu befreien, der auf ihn gefallen war.
    „Wenn man ihm vielleicht Wasser übers G’sicht schütten tat, ‘dem alten Mann...“, flüsterte der Friedl.
    „Ich mein, ich geh...“, wisperte der Leo Plischke zurück und setzte den Fuß einen kleinen Schritt nach hinten. Die Mauer begann zu weichen und auseinanderzukrümeln. Nur der Täter kniete bei seinem Opfer und zerrte den kleinen Hund mitsamt dem Stein unter einem bleischweren Arm hervor. Seine tauben Finger vermochten die Schnur, mit der das Tierchen an den Betonbrocken gefesselt war, nicht zu lösen. Aber als er sich umsah, um mit lallenden Lauten Hilfe zu fordern, erblickte er nur noch einen Wirbel davonjagender Kinderbeine. Er schaute ihnen töricht nach, drückte das winselnde Paket gegen seine Brust, taumelte empor und wackelte seinen Spielgefährten nach, ohne sie je einzuholen.
    Er stolperte über die Wiesengründe und Kieshalden und trollte sich mit seiner Beute heim. Zurück blieben die Grundrisse der Traumpaläste, ein toter alter Mann, in dessen erloschenen Augen sich der Himmel mit weißen Wolken blind spiegelte, und ein Paket mit Wurstzipfeln, das die Kinder sich für die Brotzeit aufgehoben und vergessen hatten. Der Fuhrknecht Martin Hölzl, der gegen sechs Uhr abends die letzte Fuhre Bauschutt in der unmittelbaren Nähe des Toten auf den Abladeplatz kippte, sah ihn wohl liegen, aber er glaubte, daß da ein betrunkener Landstreicher seinen Mordsrausch ausschlafe und kümmerte sich nicht weiter darum. Und die Kinder, die sich am Ende des Alten vielleicht mitschuldig fühlten, weil sie auf den Pflanz-Sepp nicht Obacht gegeben oder ihn zu seiner Tat sogar ermuntert hatten, verloren daheim über die Geschichte kein Sterbenswort. Sie krochen abends in ihre Betten, zogen die Decken über die Köpfe, und schrien in der Nacht im Schlaf.

    *

    Die Polizei hatte zunächst Mühe, die Zusammenhänge zu entwirren. Als Lothar Lockner eine Viertelstunde nach dem Anruf sich dem Tatort näherte, hatte die Sonne den Frühnebel noch nicht ganz aufgesogen; er braute und brodelte milchig und dünn über dem Fluß und zog in wehenden Schleiern stromabwärts. Ein paar Neugierige hatten sich eingefunden. Zwei Polizisten sperrten das Gelände ab. Die Pressekarte öffnete Lockner den Zugang. Der Tote lag krumm und steif unter einer Pferdedecke, die man über ihn geworfen hatte. Der Photo-Volkommer war mit seinen Aufnahmen schon fertig. Lockner kannte den jungen Mann bereits, denn er arbeitete zuweilen auch für den ‚Aldenberger Anzeiger’. Er lieferte die Foto-Reportagen der Fußballspiele und sonstigen sportlichen Veranstaltungen und was es an dergleichen Aufträgen mehr gab. Lockner schätzte ihn als einen Könner in seinem Fach, der es aus kleinen Anfängen in kurzer Zeit zu einem gutgehenden Geschäft gebracht hatte. ,Das vollkommene Foto — bei Foto-Volkommer!’
    „Brauchen Sie ein Bild, Herr Lockner?“
    „Ich weiß es noch nicht, aber reservieren Sie mir für alle Fälle eins. Sie haben doch sicherlich mehrere gemacht...“
    „Ich habe einen ganzen Film verschossen. — Kein Mensch kennt den Toten. — Der Untersuchungsrichter sagte vorher, daß es vielleicht notwendig sein wird, ein Bild im ,Anzeiger’ zu veröffentlichen.“
    Lothar Lockner kannte den Untersuchungsrichter noch nicht, aber es war ohne Zweifel jener Herr, der mit einem Polizeibeamten las Flußufer abschritt, um dort nach klärenden Spuren zu suchen.
    „Wie heißt der Untersuchungsrichter?“
    „Schnappinger“, antwortete der Foto-Volkommer.
    „Nicht schlecht für ‘nen Staatsanwalt...“ Aber der Fotograf schien für solche Wortwitze kein Organ zu besitzen.
    Ein Mann, der sein Fahrrad führte, versuchte, sich vorzudrängen. Die beiden Polizisten, die die Aufgabe hatten, Neugierige fernzuhalten, stellten sich ihm entgegen. Es war ein Mann im Arbeitsanzug, augenscheinlich ein Monteur, denn er trug über dem Gewand einen blauen, ölverschmierten Overall. Der Name des Mannes war Häfner, und er war der Vater von Wolfgang und Friedl. Was die Kinder ihm morgens, bevor sie zur Schule gingen, erzählt hatten, hatte er für zusammenphantasiertes Zeug gehalten; — seit sie mit diesem Plischke-Leo verkehrten,

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