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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Rückhand — Vorhand — geben Sie acht!“ Er warf die Schulter nach vom und schmetterte den Ball mit einer kraftvollen Drehung, die im Fuß begann, sich über Knie und linke Hüfte fortsetzte und im Arm endete, ein wenig zu hoch über die durch einen schwarzen Strich angezeichnete Netzhöhe: „Zu hoch, er wäre aus gewesen. Aber die Technik war richtig, oder fast richtig. Aber ich bin seit Jahren ohne Training.“
    „Machen Sie es noch einmal“, bat sie und warf ihm den zweiten Ball zu. Er spielte eine Weile, aber die Bälle saßen meist zu hoch oder zu niedrig. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, ihm war warm geworden.
    „Ich sagte Ihnen ja, theoretisch geht es noch ganz gut — nur die Bälle wollen nicht so, wie ich will.“
    „Ich wünschte, ich könnte so viel wie Sie ohne Training. — Werden Sie hier wieder spielen?“
    „Das kommt auf die Spieler an. Wissen Sie, Fräulein Jo, es ist wie beim Schach: schwächere Gegner machen einen mit der Zeit größenwahnsinnig...“
    „Wir haben hier einen Arzt und einen Rechtsanwalt, die ganz ordentlich spielen. Nur mit dem Damen-Tennis ist nicht viel los. Sie haben ja gesehen, wie weit es bei mir fehlt. Und damit habe ich im vergangenen Jahr die Clubmeisterschaft gemacht.“
    „Ihnen fehlt nichts als ein Trainer. Sie haben Anlagen und Sie haben Kraft.“
    „Leider kann sich Aldenberg keinen Trainer leisten.“
    „Was ich kann, ist nicht viel, aber das Wenige könnte ich Ihnen beibringen. Als Tennis-Redner traue ich mir eine Menge zu.“
    Sie nahm ihm den Schläger wieder ab und warf ihm aus dem Augenwinkel einen schrägen Blick zu: „Ich fürchte, ich werde heuer nicht viel zum Spielen kommen.“
    „Das wäre bedauerlich“, murmelte er, „und warum nicht?“
    Sie warf einen Ball empor, hob sich auf den Zehenspitzen und schmetterte eine zu tief plazierte Aufgabe gegen die Wand. Der scharfe Ball sprang zurück und an ihnen vorüber gegen die Umzäunung.
    „Und warum nicht?“ wiederholte er hartnäckig.
    „Ach — da sind — persönliche Gründe...“
    Er zog die Augenbrauen empor und nickte höflich.
    „Zum Teufel!“ hörte er sie plötzlich zornig sagen, „nun tun Sie doch bloß nicht so, als ob Sie keine Ahnung haben! — Wenn Sie mit dem Pflanz über mich gesprochen haben, dann müßte ich mich doch sehr täuschen, wenn das alte Schandmaul Ihnen nicht mehr von mir erzählt hat, als daß ich Hannerl heiße!“ Sie sprach ihren Namen aus, wie ihn der Pflanz ausgesprochen hätte, lang gezogen und kehlig, nur, daß sie dabei nicht mit dem Zungenspitzerl über die Oberlippe leckte, wie der Pflanz es tat.
    „Teufel ja“, bemerkte Lothar Lockner, „Temperament haben Sie; ja auch!“ — Er bückte sich nach seinem Hut, schwenkte ihn, als wolle er ihr seine besondere Hochachtung ausdrücken und stülpte ihn sich in seiner kühnen Art über den Hinterkopf. — „Sie haben mir in der Bahn erzählt, Sie seien verlobt — oder so gut wie verlobt. Ich habe das Gefühl, diese Geschichte macht Ihnen Sorgen.“
    „Und wenn schon!“ fauchte sie ihn an, „was geht Sie das an?!“
    „Nichts! Absolut nichts. — Aber wenn Sie gerecht sind, dann müssen Sie zugeben, daß ich davon nicht angefangen habe. Ich habe mich lediglich — und das aus reiner Menschengüte — erboten, Ihnen eine anständige Rückhand beizubringen. Und dafür schreien Sie mich nun an...“
    Sie antwortete ihm nicht. Sie begann die Bälle einzusammeln und in ein rotes Netz zu stopfen.
    „Es waren sechs…“, sagte sie nach einer kleinen Weile. Er ging zum Zaun und warf ihr den Ball, den sie zuletzt verschlagen hatte, höflich zu.
    „Das hätten Sie ja gleich sagen können“, knurrte sie; „und überhaupt habe ich Sie gar nicht angeschrien. — Ich werde nur wild, wenn ich von allen Seiten Nadelstiche und das Getuschel hinter meinem Rücken spüre!“
    „Ich tuschle nicht und ich steche auch nicht mit Nadeln“, stellte er ruhig fest.
    „Das habe ich ja auch nicht behauptet!“
    „Doch, das haben Sie behauptet, Sie haben ,von allen Seiten’ gesagt, — und da fühle ich mich mitbetroffen.“
    „Also schön, ich nehme es zurück, soweit es Sie betrifft.“ Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Ich muß jetzt heim, Herr Lockner. Auf Wiedersehn...“
    „Ich muß auch heim — oder vielmehr auf die Redaktion. Wir haben den gleichen Weg. Und wenn Ihnen das Thema, das Sie angeschnitten haben, Kummer macht, dann können wir ja auch von etwas anderem reden. Mein

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