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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sehen. Der See lag dunkel und still im Grünen, der Himmel wölbte sich zartblau über der Landschaft, und die Fichten, die das Ufer säumten, standen so still und überdeutlich im bräunlichgoldenen Spiegel des Wassers, daß es Fräulein Ellinor Karsten lebhaft bedauerte, ihren Fotoapparat nicht mitgenommen zu haben. Denn sie liebte die Verewigung schöner Momente im Bild. Herr Lochbichler hatte einige Erzeugnisse ihrer Fotoleidenschaft in einem Geheimfach seiner Brieftasche und enthielt sie auch in vorgerückter Stunde seinen engeren Freunden nicht vor. Charmante Aufnahmen.
    Zuerst entledigte sich Fräulein Ellinor ihrer Schuhe und Strümpfe und steckte probehalber einen Zeh ins Wasser,- einen reizenden Zeh mit rotlackiertem Nagel und gepflegtem Möndchen. Das Wasser war prächtig warm, und deshalb folgte auch Herr Franz Lochbichler ihrem Beispiel und steckte die Füße ins Wasser. Jammerschade, daß sie ihre Badeanzüge vergessen hatten. Aber war das wirklich so schlimm? Schließlich lag der See so einsam im Walde, als wäre er verwunschen, nicht einmal das Uferschilf bewegte sich. Es war kein Risiko dabei, auch ohne Hülle ins Wasser zu gehen. Und wenn doch noch jemand kommen sollte, so konnte man ja die Kleider so dicht ans Ufer legen, daß man sie, falls man sie benötigte, durch den Schilfstreifen vor neugierigen Blicken genügend geschützt, nur zu greifen brauchte. Wenige Minuten später, das Radio im offenen Wagen spielte und Fräulein Ellinor trällerte mit ihrem hübschen Stimmchen den Text dazu, liefen sie ins Wasser, so, wie sie auf die Welt gekommen waren, heiter und ohne Taschen. Sie waren beide gute Schwimmer und hatten es sich vorgenommen, den Nussensee zu überqueren.
    In der Mitte angekommen, etwa dreihundert Meter vom Ufer entfernt, war es Herrn Lochbichler, als höre er ein Motorengeräusch. Er wandte den Kopf und stieß im nächsten Moment einen Ruf des Schreckens aus. Der Wagen, sein Wagen, rollte rückwärts, aber nicht etwa, weil er die Handbremse anzuziehen vergessen hatte, sondern weil ein fremder Kerl am Steuer saß und zu allem noch die Unverschämtheit besaß, ihm mit einem Gegenstand zuzuwinken, der nur ein Teil von Fräulein Ellinors sorgsam ans Ufer gelegter lachsfarbener Nylonwäsche sein konnte.
    Auch ein Weltmeister im Schwimmen braucht für eine Strecke von etwa dreihundert Metern einige Minuten. Als Herr Franz Lochbichler und seine schöne Begleiterin triefend aus dem Wasser stiegen, war von dem Wagen nichts mehr als eine tief eingedrückte Spur vorhanden. Darüber hinaus aber hatte der freche Dieb, Um jede Verfolgung zu verhindern, sämtliche Bekleidungsstücke mitgenommen. Es war eine furchtbare Situation, und sie wurde noch scheußlicher, als eine Herrn Franz Lochbichler wohlbekannte Aldenberger Familie unter fröhlichem Gesang am Badestrand erschien. Es war der Finanzamtsobersekretär Theodor Rappel, ein Mann von steuerlich und moralisch strengsten Grundsätzen, mit dem Herr Lochbichler von Amts wegen schon manchmal hart aneinandergeraten war. Zweifellos war er im Urlaub und genoß mit seiner Gattin und den acht Sprößlingen, je zwei Zwillingspärchen, einem Drillingsgespann und dem jüngsten Sohn, der als Einzelgänger auf die Welt gekommen war, den schönen Tag. Man erzählte sich in Aldenberg, daß Herr Rappel sich nur an jenen Tagen, an denen seine Frau ihn mit neuem Familienzuwachs beschenkte, ein paar halbe Liter Bier leistete und die Hebamme das letzte Mal nach der Geburt mit den Worten begrüßt hatte: „Sans gnädig, Frau Hahn, und machen Sie’s net so spannend. Wiavui sans diesmal?“
    Die Unterhaltung der Eheleute Rappel schallte weit über das Wasser. Und was Herr Lochbichler hörte, benahm ihm den Mut, sich Herrn Rappel durch Zuruf verständlich zu machen und sich ihm von Mann zu Mann zu nähern.
    „Hast den Wagen g’sehn, Rosa, den bäschn mit de vuin Lamperln vom dro? I hätt schwörn mögen, daß es dem Lochbichler seiner gewesen ist, dem Bazi, dem drecketen seiner... No, dem wann seine Frau mal hinter die Schlich kimmt! Aber de is ja so saublöd, daß sie den ganzen Tag schreien müßt, wenn Dummheit weh tat... Und des merkst dir, Rosa: wer sei’ Frau bscheißt, bscheißt auch das Finanzamt! Das ist eine Wahrheit! Aber wart nur, dem Lochbichler steig ich schon auf die Eisen!“
    Auch Frau Rappel tat sich keinen Zwang an, und da sie vom Lande stammte, floß ihr die Rede noch urwüchsiger und kerniger von den Lippen.
    „Do siegst es wieder amal, Theo,

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