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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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gerade dabei, die Redaktion zu verlassen und hatte den Notizblock schon in die Tasche gesteckt, als das Telefon auf seinem Schreibtisch läutete.
    „Redaktion des Anzeigers — Lockner —“
    Er schloß für einen Augenblick die Augen und sah verwirrt und unglücklich aus. Es war Jo Klapfenberg, die ihn anrief. Im Nebenraum klapperte Fräulein Klühspieß auf der Maschine.
    „Selbstverständlich habe ich für Sie Zeit... wann es Ihnen immer paßt... Ich habe täglich auf Ihren Anruf gewartet, leider vergeblich... Nein, ich habe nicht vergessen, was ich Ihnen gesagt habe...ich bin Ihr Freund... also gut, um zehn Uhr abends an der gleichen Stelle wie damals...“
    Er hängte ein und ließ sich schlaff in die Lehne des Armstuhls zurücksinken. Weshalb, zum Teufel, hatte er nicht einmal am Telefon den Mut gefunden, ehrlich zu sein! Weshalb hatte er nicht irgendeine Ausflucht gebraucht, heute und in nächster Zeit leider bis über den Hals in Arbeit zu stecken?
    Der junge Kerschbaumer steckte seinen Kopf ins Zimmer.
    „Hallo, noch hier? Ich dachte, Sie seien längst unterwegs. Es ist höchste Zeit, Herr Lockner!“
    „Haben Sie den Apparat dabei?“
    „Nein, der Volkommer hat angerufen, wir sollen ihn auch mal was verdienen lassen. Und wenn der Chef meckern sollte, dann sagen Sie ihm, er soll für die Redaktion mal endlich einen anständigen Apparat anschaffen. Mit unserem alten Kasten muß man sich ja direkt genieren. Und außerdem stimmt etwas mit dem Verschluß nicht...“
    Er trabte neben Lothar Lockner her, als sie die Redaktion verließen, munter und sehr gut aufgelegt, denn sein alter Herr hatte ihm endlich das Motorrad gekauft, dessentwegen er ihm schon seit Jahren in den Ohren lag. Nun konnte er, wenn es seine Zeit erlaubte, die kleine Freundin aus Steingassing abholen. Es war Fräulein Irmgard Schimmelpfeng, die Tochter des Brauereidirektors, in die er sich auf der Pflanzschen Hochzeit so heftig verliebt hatte, daß er Lothar Lockner mit seinem Glück bereits auf die Nerven ging.
    „Wissen Sie schon das Neueste, Herr Lockner?“
    „Ich weiß es nicht und ich will es auch nicht wissen!“ knurrte Lockner verdrossen, denn er war davon überzeugt, es handle sich um einen neuen kapriziösen Charakterzug, den der junge Kerschbaumer an seiner Angebeteten entdeckt hatte.
    „Es hat Stunk gegeben!“ sagte Wastl.
    „Was!“ rief Lothar Lockner nun doch interessiert, „haben Sie an Ihrem Engel endlich Krallen entdeckt?“
    „Aber Herr Lockner!“ rief der junge Mann empört, „doch nicht zwischen mir und Irmi! — Nein, sondern vorgestern beim Bürgermeister Hilz! Er hat sich mit dem Stadtpfarrer in die Wolle gekriegt. Und ich möchte fast wetten, daß die Geistlichkeit heute bei der Brunnenweihe durch Abwesenheit glänzen wird. Der Hilz soll noch gestern abend die Fraktionsführer vom Stadtrat zu sich gerufen haben...“
    „Und weshalb?“
    „Wegen der Brunnenfigur... Die Geistlichkeit soll Anstoß daran genommen haben.“
    „Woran?!“ fragte Lockner ein wenig ungeduldig. Die fünf präzisen W des vollkommenen Journalisten schienen dem jungen Mann noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen zu sein: Wer — Was — Wo — Wann — Wie...
    „Der Stadtpfarrer Klett hat sich darüber beschwert, daß er bei der Auswahl der Brunnenfigur nicht gefragt worden ist. Und jetzt nimmt er eben Anstoß...“
    „Woran, zum Teufel?“ fragte Lothar Lockner zum zweitenmal. Er vergegenwärtigte sich das Bild der Brunnenfigur, das er vor ein paar Tagen vom Bürgermeister zur gelegentlichen Veröffentlichung bekommen hatte. Erst heute war die Zinkplatte von der Chemigraphie eingetroffen und von ihm zur Setzerei heruntergegeben worden. Es war das Foto einer nicht gerade übermäßig originellen Plastik: ein Nackedei mit einem wasserspeienden Delphin in den Händen. Hübsch und harmlos. Es war doch nicht möglich, daß der Stadtpfarrer etwa an dem Fisch als an einem Symbol der christlichen Lehre Anstoß genommen hatte… Er sah den jungen Kerschbaumer fragend an.
    „Am Zipferl…“, sagte der und grinste.
    „Hören Sie mal, Herr Kerschbaumer!“ rief Lothar Lockner verärgert und sehr ernst, „ich finde das durchaus nicht so witzig wie Sie! Und ich verbiete Ihnen, solche Schauermärchen zu verbreiten. Sie sind Angestellter des ‚Anzeigers’, und es wäre verdammt unangenehm, wenn es hieße, diese Gerüchte würden in der Redaktion fabriziert!“
    „Um Gottes willen!“ unterbrach ihn der junge Mann ehrlich

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