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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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— an Diridari, wenn oaner hat, nacha kann der Kropf und de Wampn und de Plattn gar net greißlig gnug sein! Net gschenkt nahm i den Lochbichler mit all seinem Geld! Aber so Ludermenscher wie de langhaxete Preißenschicks san hinter dem Schnallentreiber her wie der Weps aufn Honig! — Nanana! Grausen tat’s mi...“
    Nach zweistündiger Rast brach die Familie Rappel endlich auf; gerade zur rechten Zeit, denn wenn die beiden im Schilf auch mit den Füßen in einer warmen Quelle standen, so wurde es ihnen oberhalb der Knie, zumal sie sich im Schatten verbargen, doch einigermaßen kühl, und sie begannen beide heftig zu niesen. Nun war es Juni, die Sonne stand, als die Rappels heimwärts marschierten, noch immer über den Bäumen, und es vergingen lange Stunden, ehe das Tagesgestirn unter den Horizont sank. Und auch dann wich der Tag noch nicht der Nacht. Aber in der langen Dämmerung konnten sie doch wenigstens ihr Schilfversteck verlassen. Da standen sie nun, mit zitternden Gliedern, klappernden Zähnen und knurrendem Magen, und tanzten unter dem mild aufgehenden Mond kannibalisch anmutende Tänze, um sich zu erwärmen. Sie schlugen die Hände wie frierende Fuhrknechte um die Schultern, hüpften herum und vollführten gymnastische Übungen, — aber zwischen ihnen stand eine Mauer eisigen Schweigens. Herr Lochbichler hatte mehr als den Verlust seines Autos zu beklagen, denn mit der seltsamen Unlogik, die Frauen und zumal schönen Frauen eigen ist, tat Fräulein Ellinor, als wäre Herr Lochbichler an dem Unglück schuld.
    Um zehn Uhr abends konnte er es endlich wagen, seine körperlich und seelisch erstarrte Gefährtin schöner Stunden zu verlassen, um zu einem Bauernhof zu schleichen, der in der Nähe lag. Zum Glück für ihn war der Hofhund an der Kette festgemacht. Der Nussenbauer samt Weib, Kind und Gesinde schlief schon, als das wütende Gebell seines Tyras ihn weckte. Vorsichtshalber bewaffnete er sich mit einer Mistgabel, ehe er die Haustür öffnete. Der Anblick, der sich ihm im Mondschein bot, war einigermaßen komisch, denn Herr Lochbichler hatte inzwischen im Garten zwei Rhabarberblätter abgezupft, die er wie ein Röckchen vom und hinten vor seine Mittelpartie hielt. Und er nieste, während er seinen Namen nannte und seine Bitte um einen Anzug und ein Frauengewand vorbrachte, erbarmungswürdig.
    Der Nussenbauer grinste, wie in solch einer Situation eben nur ein Mann grinsen kann, dem jede feine Art und Kavalierstugend abgeht. Er verschwand wortlos im Hause, aber eine Minute später wurde es hinter den Fenstern lebendig. Es waren mindestens acht Gesichter, die sich an den Scheiben die Nasen plattdrückten, und in der Menscherkammer wurde das Fenster sogar klirrend aufgestoßen, und zwei Mägde beugten sich schamlos kichernd weit heraus. Ein wenig später aber brachte der Bauer Herrn Lochbichler ein sauer riechendes Arbeitsgewand und einen Kittel von seiner Alten heraus und schloß, während er den Lochbichler Franzi ein Stückchen des Weges begleitete, den besten Handel seines Lebens ab, denn Herr Lochbichler versprach ihm für die Gewänder und für sein Schweigen zweihundert Mark, zahlbar am nächsten Tage.
    Und so schlichen die beiden nach Aldenberg zurück und begaben sich, den Laternen in weiten Bogen ausweichend, um Mitternacht mit wundgelaufenen Füßen in ihre Wohnungen, er in einer blauen Leinenhose und einem geflickten Baumwollhemd, und Fräulein Ellinor in einem Dirndlgewand, mit dem die Bäuerin die Vogelscheuche im Kirschbaum zu bekleiden die Absicht gehabt hatte. Und natürlich vergingen keine drei Tage, bis es in Aldenberg nur noch einen Menschen gab, der diese Geschichte nicht kannte — und das war Frau Lochbichler. Da sie gerade in diesen Tagen unter Fußbeschwerden litt, ging sie, um sich der Kunst von Fräulein Karsten anzuvertrauen. Aber in der Maximilianstraße 1a hing vor der Wohnungstür ein Schild mit zwei Worten: Praxis geschlossen.
    — Im ,Aldenberger Anzeiger’ aber erschien wenige Tage später, in dem kleinen Format, in dem Fräulein Karsten ihre Inserate erscheinen zu lassen pflegte, folgende Anzeige:

    Achtung!!!
    Unreinlichkeiten aller Art, lästige Wimmerl, vor allem aber Mitesser verschwinden rasch durch die bewährten

    Kalt-Wasser-Behandlungen

    die ich innerhalb und außerhalb des Hauses durchführe.

    Nähere Auskünfte: Ellinor Karsten
    Salon für Schönheitspflege.

    Die Anzeige war unbeanstandet durchgeratscht. Es nützte nichts, daß Herr Lobmüller tobte.

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