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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Augen.
    „Der Lobmüller lobt ihn über den Schellenkönig“, fuhr die alte Frau ungerührt fort. „Wären die fünfzig Mille, die dir dein Vater in die Ehe mitgeben will, bei diesem jungen Mann etwa nicht sicher untergebracht? — Wenn man ihm noch zwanzig oder dreißig dazugäbe, könnte er sich beim Lobmüller als Teilhaber einkaufen und die Zeitung einmal, wenn der alte Stinkebock die Augen zumacht, allein übernehmen. Die Elfriede, das arme bucklige Luder, könnte man mit einer anständigen Rente zufriedenstellen...“
    Jo hob ihrer Großmutter die gefalteten Hände entgegen.
    „Oma, ich bitte dich um alles in der Welt, schlag dir diese Gedanken aus dem Kopf! — Herr Lockner ist mein Freund, der einzige Freund, den ich habe. Und er weiß alles...“
    „Wie?!“ fuhr die alte Frau hoch, „du hast diesem Zeitungsschreiber gesagt, daß du ein Kind erwartest?! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Weshalb hast du es nicht gleich in den .Aldenberger Anzeiger’ gesetzt?“
    „Von ihm erfährt es kein Mensch! Verlaß dich darauf…“
    „Bis er drei Schnäpse zuviel getrunken hat!“ sagte die alte Dame grimmig; „erzähl mir nichts! Ich kenne die Männer länger und besser als du. Kein Mann kann das Maul halten! Aber schön, du sagst, deiner hält dicht...“
    „Er ist nicht ,meiner’…“, sagte Jo mit verquollener Stimme; sogar in dem Halbdunkel des Zimmers war zu erkennen, daß sie rot geworden war; „ich weiß nicht einmal, ob ich ihn Freund nennen darf — dazu kennen wir uns eigentlich nicht lange genug. Ich habe halt zu ihm Vertrauen. Und ich habe einen Menschen gebraucht, mit dem ich reden kann...“
    „Ich war ja nicht da, wie!“ fragte die alte Dame eifersüchtig.
    „Ach, Oma“, sagte sie müde, „mit solchen Geschichten verkriecht man sich vor der eigenen Familie. Dazu sitzt man sich zu nah auf der Pelle.“
    Die alte Dame genehmigte sich noch eine Prise. Das feine würzige Aroma des Brasiltabaks verbreitete sich im Raum.
    „Nun sag einmal, Hannerl, was hat der junge Lockner dazu gesagt, als du ihm die Geschichte erzählt hast?“
    „Mei’…“, murmelte sie sehr verlegen, „er hat sich als Pate angemeldet, und er hat gesagt, er würde anfangen, für den silbernen Löffel zu sparen...“
    „Da schau her!“ kicherte die alte Dame, „der Bengel beginnt mir zu gefallen. — Hat er dich geküßt?“
    „Mußt du es wirklich so genau wissen?“
    „Ganz genau!“ sagte die Alte streng.
    „Ja, er hat mich geküßt. An dem Abend, als dem Pflanz seine Elisabeth den Salteneder Franzi geheiratet hat. Wir saßen auf einer Bank über der Ache. Und hinterher habe ich ihm gesagt, was mit mir los ist...“
    „Und dann?“ fragte die Großmutter interessiert.
    „Seitdem sind wir Freunde...“, antwortete Jo zögernd,
    „Aber ihr macht Mondscheinspaziergänge!“
    „Woher weißt du eigentlich so gut Bescheid?“
    „Ich habe meine Quellen“, sagte die alte Frau und fächelte sich den Tabak vom Rock, der ihr aus der Nase gefallen war, „ich komme nicht viel heraus, aber ich höre eine ganze Menge.“
    „Dann wirst du ja auch wissen, was es mit diesen Mondscheinspaziergängen auf sich hat. Aber damit ist es vorbei. Solange ich noch in Aldenberg bin, werde ich ihn auch tagsüber treffen. Und wenn sich die Leute noch so sehr die Mauler zerreißen.“
    „Bravo!“ nickte die Großmutter beifällig, „so ist es recht.“
    Da der Tag sich dem Ende zuneigte, war die Dämmerung im Zimmer zur halben Dunkelheit geworden. Jo griff zur Seite und schaltete ihre Leselampe an. Die alte Dame hielt sich die Hand vor die Augen und blinzelte wie eine vom Licht überraschte Eule.
    „Mach das Licht aus!“ rief sie unwillig.
    Aber Jo hob die Lampe an und richtete sie auf ihre Großmutter, so daß die alte Dame wie im Lichtkegel eines Scheinwerfers stand.
    „Hör einmal, Oma!“ sagte Jo und sah ihre Großmutter eindringlich forschend an, „deine Fragen kommen doch nicht von ungefähr... Du hast doch irgend etwas vor... Aber eins sag ich dir: wenn du irgendwelche Absichten hast, die Lothar Lockner und mich betreffen, dann...!“ Sie sprach nicht aus, was dann geschehen würde, aber in ihrer Stimme lag ein solch unheilverkündender Ernst, daß die alte Dame die Hand wie zu einer Kapitulation erhob.
    „Nimm das verdammte Licht herunter!“ rief sie, „es tut meinen Augen weh. Und ich weiß überhaupt nicht, was du eigentlich befürchtest, was ich tun könnte...“
    Jo knipste die Lampe aus: „Das

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