Es bleibt natürlich unter uns
Namen...“ ,*
„Also schön’, sagte Lothar Lockner, „auch das nehme ich auf den Kundendienst!“ Er stand auf, setzte sich an die Maschine und spannte einen Bogen ein: „Sehr geehrtes Fräulein Moser! Haben Sie besten Dank für Ihr Schreiben auf mein Inserat. Ich schlage Ihnen vor, daß wir uns am kommenden Donnerstag — na, wo meiner. Sie, Herr Schmölz? Vielleicht in der ,Deutschen Eiche’? Die Wirtschaft ist schon am Tage so leer wie eine Tenne und am Abend noch leerer... gut, also schreiben wir weiter — in der Wirtschaft ,Deutsche Eiche’ um vier Uhr nachmittags treffen, damit wir uns zunächst einmal kennenlernen. Der Bub, den Sie haben, stört mich nicht, wenn wir sonst zueinander passen. Hochachtungsvoll...“
Er spannte den Bogen aus und reichte Herrn Schmölz einen Kugelschreiber hinüber: „Jetzt brauchen wir nur noch Ihre Unterschrift...“
Mit der Zunge von links nach rechts über die Lippen fahrend malte Herr Schmölz seinen Namenszug unter den Brief. Lothar Lockner füllte auch noch den Umschlag aus, während der kleine Mann mit einem Ausdruck andächtiger Bewunderung und mit buchstabierenden Lippenbewegungen das Schreiben in sich aufnahm.
„So wie Sie möchte ich’s können!“ seufzte er, „so gewissermaßen hingerotzt... aber mei’, da mußt halt drauf studieren!“
„Und damit hätten wir es denn wohl für heute...!“ sagte Lothar Lockner und stand von seinem Platz auf, um seinen Gast liebenswürdig, aber endgültig abzuschieben: „Und am Donnerstagnachmittag um vier: nichts wie ran an den Speck! Courage, Herr Schmölz, Courage! Sonst haben Sie das Geld für die Anzeige umsonst ausgegeben und sterben einst einsam und unbeweint...“ Er gab dem kleinen Mann noch einen ermutigenden Schulterschlag mit auf den Weg und kehrte mutiger und beschwingter zu seinem Werbetext für die ,Hauspostille’ an den Schreibtisch zurück. Er ging ihm plötzlich flott von der Hand, und nach einer halben Stunde konnte er das wichtige Manuskript in die Setzerei hinuntergeben. Vorher aber las er sein Elaborat Fräulein Klühspieß vor. Sie hing mit verzücktem Gesicht an seinem Mund.
„Wenn das nicht hinhaut!“ murmelte sie.
„Berufen Sie es nicht!“ sagte er und spuckte vorsichtshalber dreimal über die linke Schulter.
„Sie sind doch nicht etwa abergläubisch?“ fragte sie; „einem Steinbock mit Ihrem Horoskop kann überhaupt nichts passieren! Sie sind zum Erfolg geboren!“
„Davon habe ich bis jetzt verdammt wenig gemerkt...“
„Es kommt ja auch erst!“ beruhigte sie ihn und zog die Privatschublade ihres Schreibtisches auf, in der sie den Neskaffee, zwei Tassen und gelegentlich eine Hartwurst auf bewahrte. Aus den hinteren Regionen der Lade holte sie ein paar Blätter hervor, die mit astrologischen Figuren und Zeichen bedeckt waren.
Der junge Kerschbaumer fuhr störend in den astrologischen Exkurs. Seit vierzehn Tagen schlang sich ein goldenes Kettenarmband um sein Handgelenk, ein feingliedriges Armband, dessen Verschluß der Juwelier Zöllner in Rosenheim für ewige Zeiten zugeschmiedet hatte. Ein Armband der gleichen Art, ebenfalls für ewige Zeiten verlötet, trug Fräulein Irmgard Schimmelpfeng, die Tochter des Direktors von der Schloßbrauerei Steingassing, unter dem hauchzarten Nylonstrumpf um die linke Fessel. So ernst stand es um die Liebe der jungen Leute. Um älter zu wirken, ließ sich Wastl Kerschbaumer seit vier Wochen einen Schnurrbart stehen. Er hatte dafür keinen sehr glücklichen Bartwuchs, denn die Borsten sprossen ihm rötlich zwischen Nase und Lippe aus der Haut. Aber er gefiel sich darin, und er gefiel auch seiner Irml. Der veredelnde Einfluß auf das Gemüt, den man der Liebe so oft nachsagt, war an ihm ohne Spur vorübergegangen.
„Sie, Herr Lockner!“ schrie er und schwenkte einen Zettel in der Hand, „eine dicke Rosine! Den Knell Franz hat’s derbröselt! Sie haben ihn heute früh ins Kreiskrankenhaus eingeliefert. Arm gebrochen, Schlüsselbein gebrochen, Fuß verrenkt, schwere Gehirnerschütterung, Blutergüsse überall...“ Es war die echte Begeisterang des Journalisten für ein ungewöhnliches Ereignis.
„Motorradunfall?“ fragte Lothar Lockner lakonisch.
„Eben nicht! Eine völlig rätselhafte Geschichte. Heute früh hat man ihn auf der Gemeindewiese von Dingharting gefunden. Und weil er drei Meilen gegen den Wind nach Alkohol stank, hat man ihn zuerst für besoffen gehalten. Bis sie dann sein zerschundenes Gesicht sahen und seine
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