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Es bleibt natürlich unter uns

Es bleibt natürlich unter uns

Titel: Es bleibt natürlich unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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fragte Lothar Lockner, „und wie ist Ihr erster Eindruck von den Damen, Herr Schmölz?“
    Der Kleine verdrehte den Hals und verwutzelte die Finger.
    „Schaun’s, Herr Redakteur, dees san so die Sachen...Wer die
    Wahl hat, hat die Qual, net wahr... Aber wenn ich’s sagen soll..
    „Bitte, bitte!“ ermunterte ihn Lothar Lockner.
    „...dann moan i — meine ich, moan i — nehm ich das Madl mit dem ledigen Kind.“
    „Höhö!“ stieß Lothar Lockner überrascht hervor, „davon war aber, wenn ich mich recht erinnere, in unserer Anzeige ausdrücklich die Rede: Damen mit ledigen Kindern seien von der Wahl ausgeschlossen.“
    „Ja, schon...!“ murmelte Herr Schmölz.
    „Aber?“ fragte Lockner und holte die Briefbögen aus den UmSchlägen.
    „Die mit dem ledigen Buben ist halt jünger...*
    „Das ist allerdings ein Argument!“ nickte Lothar Lockner beifällig, „aber lassen Sie mich einmal lesen!“
    Der erste Brief, dem grünen Umschlag entnommen und mit harter Feder gemalt, lautete:
„Habe ihr wärtes Angebott im Anzeiger geläsen und bedeute Ihnen das ich für ihre werte ausschreibun in fragekohme. Bin 48 aber noch recht resch von Liebevohlem Fesen und ieberhaupz fertreglichen Garakter. Mechte ergebens anfragen ob ich dehreins Wittwenbension bekohme. Wen ja schreims an Fanny Guggenmoser, Beinting 23 wo ich bei Bauern Freitsmiedl Stallmagt bin.“
    Herr Schmölz schaute Lothar Lockner so aufmerksam ins Gesicht, als könne er schon aus dessen Zügen beim Lesen des Briefes das Urteil erfahren.
    „No, was- sagen’s?“ fragte er gespannt.
    „Noch nichts“, antwortete Lothar Lockner, „oder höchstens das eine, daß die Dame anscheinend lieber Ihre Witwe als Ihre Frau sein möchte...“
    „Schaun’s!“ rief Herr Schmölz, „genau das gleiche hab i mir aa denkt, wie ich den Brief von dem gierigen Luder g’lesen hab, von dem gierigen!“
    Lothar Lockner griff nach dem zweiten Schreiben. Auch hier eine Schulschrift, aber ein wenig gewandter:
„Melde mich auf Ihr Inserat im Aldenberger Anzeiger’. Bin 35 Jare alt, was zu Ihnen pasen würde. Arbeite in der Wäscherei Stempflinger, kan aber auch gut kochen und Hauswirtschaft besorgen. Habe aber zenjährigen Buben ledig von einem Bauerngnecht aus Rörmoos, der wo aber 26 DM monadlich zahlen tut, was Ihnen aber wol stören wird. Hätten sonst an mir gute Frau, da ich mich nach Ehe mit Biamten sahne. Hochachtungsvoll Barbara Moser, Aldenberg Asamstraße 12 bei Zagl.“
    „Jawoll!“ rief Lothar Lockner, „Kind hin, Kind her, das Fräulein schauen wir uns einmal an!“
    Herr Schmölz schoß vor und sah Lothar Lockner so verklärt an, als erblicke er in ihm einen der vierzehn Nothelfer.
    „Is es wahr, Herr Redakteur, wollen Sie sich Ihnen das Madl wirklich anschauen?!“
    Lothar Lockner blieb für einen Moment der Mund offen: „Ich, Herr Schmölz?“ rief er, als er seine Fassung wiedergewonnen hatte, „wie kommen Sie darauf? Wer will hier heiraten? Sie oder ich? Sie doch! — Na also! Dann schauen Sie sich das Mädel auch gefälligst selber an!“
    „Aber Sie haben doch gesagt: Das Madl schaugn wir uns an...“
    „Was heißt wir? Damit meinte ich natürlich Sie! Damit wollte ich sagen, daß ich es befürworte, wenn Sie das Fräulein mit Kind in näheren Augenschein nehmen wollen.“
    Herr Schmölz schrumpfte, soweit das bei seiner Größe möglich war, noch mehr zusammen. Was sich da vor Lothar Lockner auf dem Besucherstuhl krümmte, war wirklich ein armer, kleiner Gartenzwerg. Ja, er war richtig blaß geworden...
    „Nana!“ rief Lothar Lockner aufmunternd. „was ist mit Ihnen los, Herr Schmölz? Sie schwitzen ja...!“
    Herr Schmölz fuhr sich mit der hornigen Handfläche über das Gesicht: „Aus...!“ murmelte er und ließ die Schultern fallen; „ich trau mir einfach nicht! Nie nicht im Leben, daß ich mir trauen täte... Und überhaupt, wo soll man sich das Madl anschaun.“
    „Ganz einfach... da schreiben wir ihr ein paar Zeilen, daß sie sich dann und dann in einer Wirtschaft einfinden soll, möglichst in den Nachmittagsstunden, wenn die Lokale leer sind...“
    „Jaja...“, murmelte Herr Schmölz, „das war’s, so müßt man’s machen, akkurat so, wie Sie’s eben gesagt haben, Herr Redakteur. Aber wer schreibt ihr?“
    „Sie werden doch schreiben können, Herr Schmölz...!“
    „Was man so schreiben nennt...“, sagte der Kleine unbehaglich; „ich glaub nicht, daß ich seit zwanzig Jahren was geschrieben hab außer meinem

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