Es duftet nach Liebe (German Edition)
riechen !“
Das wurde ja immer schlimmer! „Oma! So redet doch keiner mehr!“
Mit einem Sechsjährigen über Coolness zu diskutieren, musste ihr ziemlich sinnlos erscheinen. Meistens lachte sie nur über meine Kommentare und ignorierte sie sogar.
Meine Mutter behauptete immer, Oma hätte eine Schraube locker. Vielleicht liebte ich die alte Frau auch deswegen so sehr. Allerdings hatte Mutter mich als Erwachsenen genauso wenig gern, wie meine Oma.
Allerdings wagte es sicher kaum jemand, die unangefochtene Intuition einer Mutter anzuzweifeln. Sie irrten sich selten.
Weil ich jetzt leider, zwanzig Jahre später, dank meiner Oma einen tierischen Knacks hatte.
Mein Problem?
Ich schnüffelte an Leuten. Also so richtig! Ich roch an meinen potentiellen Partnern. Die übrigens meistens genauso schnell aus meinem Leben verschwanden, wie sie hineingeraten waren. Und immer auf der Suche nach diesem ganz besonderen Duft.
Ich hatte wohl einen größeren Schaden davongetragen, als erwartet. Dieser Quatsch mit dem speziellen Geruch grenzte mich bereits als Kind schon von all den anderen ab. Denn besonders viel Freude hatten die Mädchen ja nicht daran, als ich, einen Tag nach dem Gespräch mit Oma, an ihnen zu schnuppern begann.
Also hielten mich alle für verrückt. Mich eingeschlossen.
Hey, selbst heute, mit meinen sechsundzwanzig Jahren, war ich den Leuten weder geheuer, noch im Leben besonders weit gekommen. Zumindest konnte ich nichts Nennenswertes vorweisen, das mich irgendwie zum Helden der schwulen Fraktion kürte.
Ich verkaufte Menschen. Mein Job? Sklavenhändler.
Aber auch nur innerhalb der Zeitarbeitsfirma.
Meine Arbeit bestand daraus, Menschen an irgendwelche Firmen zu vermitteln, mit denen wir zurzeit gemeinsam arbeiteten. Ob für einen kurzen, oder längeren Zeitraum.
Meinen letzten Sexpartner hatte ich vor zwei Monaten. Und das war schon was, ich begrüßte selten welche in meinem Bett.
Ziemlich bescheuert, wenn man eine richtig gutaussehende Sau suchte, die nicht nur eine Granate im Bett sein konnte, sondern auch noch einen faszinierenden Eigengeruch besaß. Einen, der mich umwarf, einen, der mich auf den Knien rutschen und sabbern ließ.
Jedenfalls, dieser Kerl, mit dem ich, wie erwähnt, vor zwei Monaten im Bett war, war heiß gewesen. Also so richtig! Ein dunkelhäutiger Typ von der südländischen Sorte. Vielleicht Araber, Italiener oder Albaner? Oder doch ein Türke?
Wie hieß der noch gleich?
Verdammt, das alles fällt mir schon gar nicht mehr ein!
Aber an eine Sache kann ich mich noch ganz gut erinnern. An seinen umwerfenden Duft. Zumindest war er das vor dem Vögeln gewesen.
Tatsache ist aber auch, dass ich dem Alkohol ordentlich zugesprochen und meine Sinne völlig über Bord geworfen hatte.
Was ich für das Ende meiner kindlichen Sehnsucht hielt, stellte sich als billiges Parfüm heraus. Irgendein Noname Scheiß.
Ein seltendämliches Trugbild meiner eigenen, mädchenhaften Fantasie. Ziemlich übel für einen schwulen Typen, auf den Prinzen mit dem weißen Ross zu warten.
Wie hoch standen meine Chancen schon? Vielleicht eins zu einer Milliarde?
Die Arbeit lenkte mich ab, heute ganz besonders. Sechs Bewerber waren eingeladen worden, nur zwei von ihnen hatten sich die Ehre gegeben. Und beide konnten kaum ein Wort Deutsch. Deswegen brauchte ich für die Gespräche auch unheimlich lange. Wegen der nicht verfügbaren Kommunikation. Einer hatte sogar seinen Schwager angerufen, damit er zum Übersetzen in die Filiale kam.
Aus Erfahrung wusste ich, dass solche Leute aber auch gut arbeiten konnten. Naja, Unzuverlässigkeit stand genauso hoch im Kurs, doch irgendwie kam man schon miteinander zurecht.
Die meisten beehrten uns mit ihrer Anwesenheit ohnehin nur, weil das Arbeitsamt es von ihnen verlangte.
„Ben?“
Melissa, meine Kollegin kam gerade aus dem Büro des Filialleiters. Für meinen Geschmack trieb sie sich dort viel zu oft und viel zu lange mit ihm herum.
Sie warf einen Blick auf die Bewerbungsmappe, in ihrer Hand, bevor sie mir diese überreichte. „Eben habe ich mit diesem jungen Mann hier telefoniert.“ Ein anzügliches kleines Grinsen kräuselte die roten Lippen. „Meinst du, du schaffst das noch?“ Ihr Blick wurde flehend. „Danach kannst du auch nach Hause gehen!“
Ich nahm die Mappe entgegen. Sie war so anders als alle anderen. Nicht so ein billiges Plastikteil, das es im Dreierpack zu kaufen gab. Sie fühlte sich matt, aber nicht rau an. Beige, dezent und
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