ES: Eine Villa wird zur Leichenhalle (German Edition)
deutete mit der Hand zu ihm: „Das ist mein Mann, dein Herr. Begrüße ihn!“
Gerade wollte Gregory seine Hand zum Gruß ausstrecken, als ‚Es’ von ihm Besitz ergriff und ihn vor diesem Fauxpas bewahrte. Stattdessen sank er auf die Knie und hob die Füße seines Herrn an, um sie zu küssen. Auf diese Geste der Unterwerfung und der Demut, reagierte der Hausherr äußerst wohlwollend und nickte ihr bestätigend zu.
„Du hast eine vortrefflich gutes Händchen“, sagte er. „Ich bin geradezu begeistert“, säuselte er ergänzend.
„Ich sehe, deine Garderobe passt dir, sieht gut aus und ist hoffentlich bequem.“ Er nickte.
„Dann lasse ich ein Dutzend weitere Garnituren davon kommen, damit ‚Es’ etwas zu wechseln hat.“ Er nickte erneut.
„’Es’ kann sich nun zurückziehen. ‚Es’ wird im Moment nicht benötigt. ‚Es’ erscheint erst wieder zum Abendessen in 90 Minuten. Wenn ‚Es’ mich verstanden hat, kann ‚Es’ gehen“ sagte der Hausherr stimmungslos. Seine Begeisterung für Gregory war offensichtlich nur von kurzer Dauer. Gregory ging rückwärts, mit leicht gebeugtem Oberkörper aus dem Zimmer und traute sich erst in seinen Räumen wieder tief durchzuatmen.
Als Gregory in seinem Zimmer ankam, bemerkte er zum ersten Mal, dass eine große runde Uhr an der Wand hing und vernehmbar tickte.
„In 90 Minuten Abendessen, alles klar“ nuschelte er vor sich hin. „Kann ja nix mehr schief gehen“ flappste er und stellte sich mit in die Hüften gestützten Armen vor die Uhr. Aber was macht man in der Zeit? Fernsehen! Wo steht der vermaledeite Fernseher?
„Das glaub’ ich ja jetzt nicht“, fluchte Gregory leise vor sich hin. „Hier ist kein Fernseher?!“ Aus einem Fenster schauen konnte er auch nicht. Keiner seiner Räume verfügt über ein Fenster. Der Gästetrakt liegt unter der Grasnarbe, wie ein Kellergeschoss. Es ist wie ein Gefängnis, ein Kerker, ein Grab.
„Was habe ich bloß verbrochen“, zischte er absichtlich theatralisch und hob dabei beide Arme gen Himmel. Seine Hände berührten die Zimmerdecke. Er konnte mit seinen Händen problemlos die Zimmerdecke erreichen? Tatsächlich! Gregory ist kein Basketballer, er misst gerade mal einen Meter und vierundachtzig Zentimeter. Wie hoch ist dann aber dieser Raum, wenn ein 1,84 großer Kerl mit den Händen an die Decke kommt, ohne zu springen oder ohne sich zu recken? Dann sind die anderen Räume genauso hoch.
„Klar“, nickte er sich selbst zu. „Man baut nicht einen Raum so und alle anderen Räume anders.“ Aber Gregory könnte gehen, wenn er wollte, die Türe ist unverschlossen.
„So muss es den Leuten im Knast gehen“, überlegte er. „Kein Fenster, kein… aber einen Fernseher habe die. Da haben die sogar Anspruch drauf, glaube ich.“ Es wurden noch so viele Dinge ungeklärt gelassen. Durfte Gregory das Haus verlassen? Durfte er sich dazu umziehen, denn er wird wohl kaum in seiner Dienstkleidung einen Spaziergang machen wollen. Und wenn er das Haus verlässt, steht er seinen Herrschaften nicht mehr zur Verfügung.
„Also“, sagte er sich, „Ausgang gestrichen.“ „Aber die Farbe darf sich jeder selbst aussuchen“, grinste er. Und fernsehen? Im Wohnzimmer hatte er auch kein Gerät stehen sehen. Vielleicht sind die Herrschaften per sé gegen Flimmerkisten? Gregory lief in seinem Zimmer auf und ab. Jedesmal, wenn er an seinem Kleiderschrank mit dem großen Spiegel in der Türe vorbeikam, nickte er sich selbst grüßend zu. Ansonsten lag ein Arm quer vor seiner Brust und der andere war darauf gestützt. Die Hand war zur Faust geballt und darauf ruhte sein Kinn.
Sie war ja soweit ganz ok und er ist auch ein Erträglicher. Eigentlich sind Beide ganz ok. Es hätte ihn auch schlimmer treffen können. Peitschenschwingende und hodenquetschende Dominas aus dem Gruselkabinett der Phantasie frühpubertierender Schulversager. Bilder von vernarbten Rücken ehemaliger Südstaatensklaven, auf denen kranke Hirne ihre Lederriemen tanzen ließen und sich am Aufschrei ihrer Opfer aufgeilten, dienen manchen Gestörten immer noch als Wichsvorlage. Nein – zu dieser Gattung Mensch gehörten Gregorys Herrschaften nicht, hoffte er jedenfalls inniglich.
Jedenfalls war seine Türe nicht zu. Er hätte also gehen können, wenn er wollte. Die Gefangenen im Knast können nicht gehen, wann sie wollen. Deren Türe ist verschlossen und das ist es wahrscheinlich, was den Unterschied ausmacht. Die einen können und die anderen nicht. Gegen
Weitere Kostenlose Bücher