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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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sie durch war, mit T-Shirts von Sissi darin. Er sagte nicht, daß die letzte Schulwoche und selbst der Vormittag ausreichend Zeit geboten hätte, die T-Shirts rechtzeitig zu waschen, und er sagte nicht, daß es typisch sei, obwohl es typisch war. Er nimmt diese Dinge hin, manchmal mit einem Gefühl der Beklemmung. Aber dann redet er sich zu, daß Sissis Art auch ihre guten Seiten hat, zum Beispiel, wenn er selber später dran ist, als er versprochen hat, und Sissi es gar nicht bemerkt. Um die Zeit zu überbrücken, bolzten er und Philipp den Fußball gegen das Garagentor, mit wildem Scheppern, so daß Herr Andritsch an den Zaun trat und sagte, sie sollen zusehen, daß sie in den Urlaub kommen, aber hurtig. Endlich um drei, als die Freitagsglocken läuteten, eine Stunde nach dem verabredeten Termin, stopfte Sissi ihre nasse Wäsche in eine Nylontasche und die Tasche in den ohnehin randvollen Kofferraum. Peter behielt für sich, wie grindig er das fand, und er ließ es Sissi auch durchgehen, daß sie ihre Wagentür mit den Worten »Scheiß Urlaub!« zuzog.
    Dann sind sie losgefahren, here we go, here we go, und Peter hat zur Unterhaltung ein Liedchen angestimmt, Jimmy Brown das war ein Seemann undsoweiter. Er hat hinterher wohlweislich eingestanden, daß Freddy Quinn kalter Kaffee ist gegen David Bowie, selbstverständlich. Aber besser Freddy Quinn als Schweigen im Walde (oder die Lieder, die man ihm in seiner Kindheit beigebracht hat).
    – Stimmen wir überein, meine Damen und Herren?
    Sie sind jetzt über den Paß, und die Straße läuft einen Hügelrücken hinab. Sie passieren mehrere Pensionen, Kurve links, Gerade, Kurve links, Kurve rechts, nach einer weiteren kurzen Geraden öffnet sich die Landschaft, und sie blicken auf die südlichen Voralpen.
    Peter sagt:
    – Ich verspreche euch vierzehn Tage schönes Wetter. Ich habe meinem Namenspatron einen Schnaps bezahlt, da wird er uns nicht im Stich lassen.
    Philipp lacht behäbig und rutscht zur Mitte der Rückbank, weil er die Sonne auf seiner Seite hat. Die Strahlen brennen ihm auf Arm und Schenkel.
    – Mach dich nicht so breit, sagt Sissi.
    – Ich?
    – Schau, daß du dein Bein auf deine Seite bekommst. Nimm deinen Fuß weg!
    – Es ist mir zu heiß am Fenster.
    – Du hast vor der Abfahrt genug Zeit gehabt, dir zu überlegen, von welcher Seite die Sonne kommen wird, wenn wir nach Süden fahren.
    – Dann häng du nicht deine Haare zu mir herüber.
    – Tu ich ja gar nicht.
    – Und ob.
    – Ach, halt dochs Maul.
    – Blöde Kuh.
    Philipp packt sich wieder in seine Ecke. Nach einiger Zeit lacht er, ein wenig hinterhältig, wie ein Gnom.
    Sissi beklagt sich:
    – Papa, das Schwein furzt, mir kommt gleich das Blut aus der Nase.
    – Kann ich was dafür? fragt Philipp.
    Sein zartes Bubengesicht mit den im Verhältnis zu großen, weil schon ausgewachsenen Zähnen färbt sich an den Wangen und auf der Stirn rot, hinauf bis zum Flaum am Haaransatz.
    – Furzt du oder der liebe Gott? fragt Sissi.
    – Aber ich kann nichts dafür, erwidert Philipp, und schon lacht er wieder sein leises, gnomenhaftes Lachen, so halb durch die Nase und halb mit dem Bauch. Augenblicke später starrt er glucksend zum Fenster raus gegen eine dichte Wand aus Bäumen und Gestrüpp.
    – Blödmann, sagt Sissi und bläst sich eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. Sie harkt die Strähne mit den Fingern hinter das rechte Ohr.
    Jetzt kann auch Peter Philipps Furz riechen, er kurbelt das Fenster handbreit nach unten, aber Sissi, die hinter ihm sitzt, wo sich ihr die bessere Deckung bietet, murrt, daß der Fahrtwind an ihren Haaren zerre. Ach ja? Also kurbelt Peter das Fenster wieder hoch.
    – Dort vorne, das ist die Bärenwand, sagt er mit Blick auf die im Schönwetterdunst heran- und davonschwimmenden Hänge: Und dahinter ist die Kampalpe, die sieht man von hier aus aber nicht.
    Wie erwartet werden die Hinweise ignoriert. Peter ist der einzige, der eine gewisse Solidarität mit dieser Landschaft zu empfinden scheint, der mehr sieht als nur leere Räume und leere Dörfer, die aus Sand gebacken sind und zerfallen, sowie der Wagen die Stelle hinter sich gelassen hat. Philipp macht Anstalten zu einem Nickerchen. Sissi schaut zwar zum Fenster raus, aber so, als fahnde sie dort draußen nach dem Sinn des Lebens, den die Luft, wer weiß, als winzige Materie enthält. Man möchte ihr viel Glück wünschen.
    – Jetzt freu dich doch ein wenig, sagt Peter.
    – Ich freu mich halt

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