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Es geht uns gut: Roman

Es geht uns gut: Roman

Titel: Es geht uns gut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Geiger
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typische Art in Glück umgemünzt, mit offenen Armen für alles, was vorfällt, weil sie so gerne am Leben ist (ihre eigenen Worte). Er hat diesen Zug an ihr erst viel später wahrgenommen. Und er? Er hat gesagt, jetzt wird geheiratet. Ein großes Haus. Das war vorhanden. Eine Handvoll Kinder. Aus der ist nichts geworden. Ob sich diese Dinge in Almas Kopf mit dem Gelesenen vermischen? Er würde es gern wissen. Die zweite Schwangerschaft mit Ingrid, von der ihr die Ärzte dringend abgeraten hatten und die tatsächlich beinah schiefgegangen wäre? Anschließend fiel Alma aus allen Kleidern, nur langsam setzt sie wieder Speck an, auch oben herum, wo sie nicht mehr viel aufzubieten hat. Es sollte alles wieder wie früher sein, sagt er sich. All die Jahre. Und dann. Wie dumm kann man eigentlich sein? Wo ist bloß sein Verstand hingekommen? Mit dem Kindermädchen. Kein Platz vor ihnen sicher. Nicht einmal das Ehebett. Was bloß in Almas Kopf vorgeht? Sie wäre bestimmt nicht sonderlich erfreut, wenn sie. Sie würde vermutlich aus dem gemeinsamen Bett ausziehen, Moment, nein, das würde sie nicht, aber die Probe aufs Exempel will er trotzdem nicht machen. Er liebt sie, er würde ihre Füße küssen, beide Füße, alle Zehen. Wie sie. Komisch, daß er dem Kindermädchen die Füße küßt, während er bei Alma, obwohl ihre Schönheit nach wie vor seinen Herzschlag beschleunigt, meist nur das Nachthemd hochschiebt. Sie ist jünger als er, im Vormonat einunddreißig geworden. Und er mag es, wie sie die Beine öffnet, nicht nur ein bißchen. Ob es ihr auch von hinten gefallen würde? Durchaus im Bereich des Möglichen. Aber was denkt er da eigentlich? Egal, er wird sie ohnehin nicht fragen, denn sein Respekt vor ihr vereitelt jeden Anlauf. Er weiß nicht warum und ob das richtig ist, er weiß auch bei den Kindern oft nicht, was richtig ist, wie weit er gehen darf, damit sie beim Spielen nicht die Achtung vor ihm verlieren. Etwas Ähnliches gilt bestimmt auch für sein Verhältnis zu Alma im Bett. Und. So viele Gedanken gehen ihm durch den Kopf, er versucht, einzelne Gedanken anzuhalten, aber sie laufen geschwind weiter, ungehorsam wie Kinder, mit denen man zuviel gespielt hat. Daß sein Vater überhaupt je mit ihm geredet hätte, als er, Richard, klein war? Er kann sich nicht erinnern, daß das vorgekommen ist. Verständigung bedeutete, den Kindern etwas aufzutragen. Ansonsten hatten sie sich wie Topfblumen zu betragen, kein Vergleich zu den heutigen Freiheiten. Topfblumen, ja. Er denkt an Topfblumen.
    Später fröstelt es ihn, trotz der schwülwarmen Temperaturen, woran er erkennt, daß er längere Zeit geschlafen hat.
    Ohne die Augen zu öffnen, dreht Richard sich zur Seite, krümmt sich, zieht die Knie ein Stück an und legt die Ellbogen fest an den Körper, um in dieser Haltung noch eine Weile vor sich hin zu dämmern. Seine Wahrnehmung ist angenehm diffus, er riecht den eingefärbten Leinenbezug der Liege, etwas dumpf, und im Kissen, in dem sein Gesicht halb verborgen ist, den süßlichen Speichel seiner zweijährigen Tochter. Das Gras ringsum verströmt weiche Hitze und Sommer und Gott und die Welt. In seinem Rücken hört er trippelnde Schritte, die sich nähern und wieder entfernen, dazu Ingrids helles Stimmchen beim Auflachen. Ihm fällt ein, daß ihn ein solches Lachen gerade geweckt hat. Wasser plätschert, und Alma ruft:
    – Gleich hab ich dich!
    Und wieder dieses helle, fröhliche Lachen, unter das sich das Schlagen von Almas Sandalen mischt, sehr hart, als würde Alma lediglich vortäuschen zu laufen. Richards obenliegendes Ohr vernimmt das Klacken einer Wegplatte. Er hört in die verschiedenen Geräusche hinein, holt sie zu sich heran, ehe er sie wieder mit dem Hintergrund verschmelzen läßt: Das Reiben und Knarzen der Schaukelketten an den Gummischalen, die Richard aus einem kaputten Wagenreifen hat sägen lassen zum Schutz des Astes, an dem die Schaukel hängt, dann erneut Ingrids trippelnde Schritte, ihr langes, dünnes und gellendes Stimmchen, von dem Richard sich, wie widersinnig es klingen mag, seltsam behütet fühlt. Schon lange ist er nicht mehr so gelegen, alles kommt ihm friedlich vor, so frei von Sorgen. Ein Gefühl der Zufriedenheit erfaßt ihn, und einen Augenblick lang hat er die sichere Empfindung, nicht nur Teil dieser Geräuschkulisse zu sein, sondern ihr Mittelpunkt, Brennpunkt eines familiären Kraftfeldes, der Unterbau, der dem Überbau zuhört. Dr. Richard Sterk: Jede familiäre Regung ein

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