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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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warteten vergeblich eine Weile mit dem Essen auf ihn. Ohne Vater schmeckte es nicht recht. Sigi half Ruth beim Abwaschen.
    »Wirst du krank?«, fragte sie.
    »Dummes Huhn«, knurrte er und fing sich dafür einen Schlag mit dem feuchten Spültuch.
    »Streitet nicht«, mahnte die Mutter.
    Später arbeitete Sigi ein wenig in der Werkstatt. Er hatte einen faustgroßen Marmorbrocken von Vater geschenkt bekommen und meißelte vorsichtig daran herum. Ein Geschenk für Karl wollte er aus dem Stein schlagen. Doch fehlte ihm heute die ruhige Hand. Nach zwei Fehlschlägen gab er es auf. Wann kam Vater endlich? Wollte der Kommissar ihn denn gar nicht laufen lassen?
    Sigi ging zur Uhr und zog das Gewicht hoch. Fast drei Uhr. Er trat vor die Tür und setzte sich auf den Treppenstein. Um die Ecke bog ein Junge. Er rannte schnell. Sigi erkannte Karl. Atemlos hetzte er heran. Er zog Sigi am Ärmel und keuchte: »Komm herein.«
    Sigi folgte in den Laden. Er hatte nicht mehr so schnell nach der Schelle greifen können. Sie schepperte, und Mutter eilte aus der Küche herbei. »Frau Waldhoff, Sigi, sie bringen ihn. Sie haben ihn verhaftet. Der Wachtmeister bringt ihn. Er muss jetzt am Markt sein.«
    »Vater?«, rief Sigi.
    »Ja. Sie werden gleich hier sein. Ich sah sie kommen und bin sofort hergerannt.«
    Frau Waldhoff ließ sich auf den Hocker gleiten. Sie schlug die Hände vor das Gesicht. Dann raffte sie sich auf und sagte vor sich hin: »Ich muss ihm seine Sachen fertig machen, ich muss ihm seine Sachen fertig machen.«
    »Woher weißt du, dass sie ihn verhaftet haben, Karl?«
    »Ich habe es gesehen. Der Wachtmeister geht keine zwei Schritte hinter ihm her und lässt ihn nicht aus den Augen.«
    »Ach, vielleicht irrst du dich.«
    »Nein, Sigi. Vater hat mir erzählt, dass es schlimm steht.«
    »Ja, aber warum denn auf einmal?«
    »Hast du nicht gehört, dass Gerd Märzenich seine Aussage geändert hat?«
    »Geändert? Was kann er an der Wahrheit ändern?«
    »Vater hat es von ihm selbst gehört. Er streut es auf dem Markt aus. Er hat sich geirrt, sagt er. Er kann sich doch nicht mehr so genau daran erinnern, an welchem Tag er bei euch gesessen hat. Ob es nun der Peter-und-Pauls-Tag oder der Sonntag war, er wisse es nicht mehr genau, sagt er.«
    Vater öffnete die Tür. Ängstlich schaute Sigi ihn an. Doch Vater war nicht niedergeschlagen. »Kommt ins Wohnzimmer«, sagte er. Dann wandte er sich zurück und sprach den Wachtmeister an, der in der Tür stand, die linke Hand hinter das Koppel gesteckt: »Sie können ruhig mitkommen, Wachtmeister.«
    Sigi, Ruth und Mutter standen um den Wohnzimmertisch. Karl blieb an der Tür neben dem Wachtmeister stehen.
    »Es ist ganz gut, dass es so gekommen ist«, begann der Vater. Seine Stimme klang unbeschwert.
    Fast so wie früher, dachte Sigi.
    »Jetzt gibt es bald eine Verhandlung und ein Urteil. Dann wird jeder sehen, dass wir mit der ganzen bösen Geschichte nichts zu tun haben.«
    Er trat zu seiner Frau, strich ihr über die Wange, segnete Sigi und sprach zu Ruth: »Vergiss nicht, Tochter, dass nicht alle Menschen Helden sind, und urteile nicht zu hart.« Ruth verstand nicht, was der Vater meinte. Der Wachtmeister zog umständlich seine Taschenuhr heraus.
    »Schon gut«, nickte der Vater. »Wir können gleich gehen.«
    Dann gab er seiner Frau einige klare Anweisungen, die die Wohnung in Neuß betrafen, sagte ihr, was sie einpacken solle, nahm das Bündel und schritt vor dem Wachtmeister her zum Bahnhof.
    Sigi suchte seine Hand. Es machte ihm nichts aus, dass eine ganze Kinderschar sie begleitete und am Bahnhof die Hälse reckte, als Vater mit dem Wachtmeister in ein Abteil einstieg. Nur dass Karl nicht mit ihm gegangen war, das bedrückte ihn.
    Sigi zog sein Taschentuch heraus und winkte, bis der Zug nur noch ein Schatten in der Ferne war. Der Schrankenwärter Brambusch hatte die Schranke längst wieder hochgekurbelt, da verließ Sigi endlich den Bahnsteig. Karl hatte sich nicht getraut, mit zum Bahnhof zu gehen. Er saß noch im Laden, als Sigi zurückkam.
    »Na, immer noch hier?«
    »Ja. Ich habe auf dich gewartet.«
    »Warum hast du uns allein gehen lassen?« Karl schwieg verlegen.
    »Angst?« Er sah Karl böse an.
    »Mein Vater sitzt im Gefängnis. Jetzt wirst du dich wohl bedanken, noch länger mein Freund zu sein.«
    »Hör auf, Sigi!«
    »Weshalb bist du nicht mit uns gegangen?«
    »Hör auf, Sigi. Dein Vater ist kein Mörder. Kakabe wird schon den Richtigen finden.«
    »Kakabe«,

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