Es geschah in einer Sommernacht
ein Auge auf sie hatte. Typisch Mann. Er konnte ja nicht wissen, dass Marina sich eher um ihren Bruder kümmern musste, als dass Seb eine echte Hilfe für sie gewesen wäre.
Schließlich nickte er. „In Ordnung. Brauchen Sie irgendwelche Medikamente?“
Sie sah hinüber zur Tablettenschachtel. Sicher würde sie heute auch ohne Hilfsmittel einschlafen können, so erschöpft, wie sie war. Aber man konnte ja nie wissen.
„Es wäre toll, wenn Sie mir ein GlasWasser bringen könnten. Die Küche ist den Flur entlang, und die Gläser …“
„Ich finde mich schon zurecht“, meinte er und war verschwunden.
Sobald er draußen war, fühlte Marina sich besser. Sie musste nicht länger die Starke spielen. Vorsichtig schwang sie ihre Beine über die Bettkante. Das Badezimmer war nur ein paar Schritte entfernt, und ihre Knie fühlten sich nicht mehr ganz so zittrig an. Ihr Schwächeanfall hatte sicher mit dem Stress zu tun, den das Treffen mit Wakefield ausgelöst hatte.
Sie hatte sich gerade das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt, als Ronan zurück ins Schlafzimmer kam.
„Das Wasser steht auf dem Nachttisch“, hörte sie ihn leise sagen. „Brauchen Sie Hilfe im Bad?“
„Nein, danke.“ Sie war so feige, dass sie lieber noch eine Weile im Bad blieb, als ihm in die durchdringenden Augen zu blicken.
„Vielen Dank für Ihre Hilfe“, rief sie so fröhlich wie möglich. „Sie müssen die Haustür einfach fest hinter sich zuziehen, ja?“
Einen Moment lang hörte sie nichts. Dann sagte er: „In Ordnung.“
„Danke noch mal …“ Wie sollte sie ihn nennen? Mr. Carlisle war viel zu förmlich, nach allem, was passiert war, aber seinen Vornamen brachte sie nicht über die Lippen. „Gute Nacht also“, murmelte sie schließlich. Aber es kam keine Antwort mehr.
Marina stand neben dem Waschbecken und lauschte. Es war nichts zu hören. Er war weg.
Siehst du? Er hatte nur Mitleid mit dir. Er weiß, dass du zu Hause in Sicherheit bist, und jetzt konnte er es gar nicht erwarten, von hier wegzukommen.
Als sie aus dem Bad kam, war das Schlafzimmer dunkel und leer. Nur die Nachttischlampe verströmte ein warmes Licht. Wahrscheinlich hatte Ronan es ihr ersparen wollen, durch das ganze Zimmer zu gehen, um das große Licht auszuknipsen.
Marina gähnte und zog ihr Nachthemd unter dem Kissen hervor. Sie zog sich aus und schlüpfte in die kühle, dunkelblaue Seide. Der Stoff glitt wunderbar zart ihren Körper hinab. Sie lächelte über diesen privaten Luxus, den sie sich gönnte. Man musste nicht den Körper eines Supermodels haben, um schöne Wäsche genießen zu können.
Dann hängte sie Rock und Bluse ihres Kostüms in den Schrank und nahm ihre Krücken. Sie musste noch kurz nachsehen, ob die Wohnungstür verschlossen war, dann konnte sie endlich schlafen.
„Lassen Sie mich das machen.“ Erschrocken fuhr Marina herum und sah sich Ronan gegenüber, der mit einer dampfenden Tasse Tee in den Händen in der Schlafzimmertür stand. Ihr Puls begann zu rasen – ob vor Überraschung oder vor Erregung, war schwer zu sagen.
Ronan lächelte, durchquerte den Raum und stellte die Tasse auf dem Nachttisch ab. Dann nahm er Marina die Krücken aus der Hand und fasste sie sanft am Arm. Die Berührung auf ihrer nackten Haut löste eine Welle herrlicher Empfindungen aus.
„Wo wollen Sie hin? Kann ich ihnen helfen?“ Sie konnte ihren Blick nicht von seinem Gesicht nehmen. Da war sie wieder, die lodernde Flamme in seinen Augen. Marina musste schlucken.
Doch so plötzlich wie der Moment gekommen war, war er auch schon wieder vorbei. Ronans Miene zeigte nur noch Höflichkeit, vielleicht auch leichte Besorgnis, aber nicht mehr.
„Marina?“
„Ich dachte, Sie wären schon gegangen. Ich wollte nachsehen, ob die Tür abgeschlossen ist.“ Plötzlich wünschte sie, sie hätte einen Bademantel gehabt, um sich zu bedecken. Obwohl ihr Nachthemd immer noch mehr verhüllte als einige der Cocktailkleider, die sie heute Abend gesehen hatte.
Trotzdem kam sich Marina mit einem Mal viel zu nackt vor in ihrem Hemdchen aus Seide und Spitze. Und Ronan war so nah, dass sie die Hitze fühlte, die von ihm ausging. Es war, als ob er ein Feuer zwischen ihnen entfachte. Sie konnte förmlich spüren, wie die Flammen aufloderten.
„Kommen Sie, Sie sollten nicht so lange stehen.“ Jetzt klang er ein wenig schroff, und seine Miene war ernst. So als hätte er Angst, sie vom Boden auflesen zu müssen, falls ihre Beine wieder nachgaben.
Aber diesmal
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