Es geschah in einer Sommernacht
gab – worum sie gebettelt hatte –, und dann wieder ging?
Zitternd griff sie nach der Seidendecke und hüllte sich darin ein. Sie fror. Die Decke schleifte auf dem Boden, als sie ins Bad hinüberging und dabei versuchte, den Anblick des Badeanzugs zu ignorieren, der noch immer in der Zimmerecke lag.
Seufzend ließ sie die Decke auf den Wannenrand fallen, drehte die Dusche auf und trat unter den dampfend heißen Wasserstrahl.
Sie hatte Ronan Carlisle ihren Körper geschenkt. Hatte ihn angefleht und sich so verzweifelt aufgedrängt, dass er seine Abneigung überwunden und sie einfach genommen hatte.
Sie hatten Sex gehabt. Bedeutungslosen, völlig gewöhnlichen Sex. Auch, wenn sie sich nur zu gern einbildet hatte, dass es Liebe gewesen war.
Oh, sie war so eine dumme, erbärmliche Idiotin! Blieb nur zu hoffen, dass Ronan noch nichts von ihren Gefühlen ahnte.
Von ihren Gefühlen! Was für ein dämliches Wort. Marina hegte Gefühle für ihre Freunde und Bekannte. Für Seb und Emma. Aber das, was sie für Ronan empfand, war wie ein Rausch, ein betörender Strudel, der sie gegen alleVernunft ganz tief in den Abgrund zog.
Sie senkte den Kopf und ließ den Wasserstrahl auf ihren Nacken einprasseln, als könne sie so den Schmerz und die schrecklicheVerwirrung fortspülen.
Seltsam war nur, dass sie sogar jetzt, wo sie die bittere Wahrheit kannte, nichts bereute. Was sie mit Ronan erlebt hatte, war wundervoll gewesen. Aufregend und zärtlich und erschütternd zugleich. Seine Kraft. Seine Leidenschaft. Sein starker, schöner Körper. Sie hatte jeden einzelnen Moment unendlich genossen, in dem sie sich wie eine Königin vorkam. Und egal, ob er sie nun liebte oder nicht: Sie wollte mehr davon.
Hatte er ihr denn je etwas anderes versprochen? Er hatte von Anfang an klargemacht, dass er keine Beziehung wollte. Dass sie die Wahrheit so lange verdrängt hatte, war bestimmt nicht seine Schuld.
Und doch: Noch immer ließ sie der Gedanke nicht los, wie schön es wäre, wenn Ronan das Gleiche empfinden würde wie sie.
Herrje, sie sollteendlich aufhören, sich mit diesemTraum zu quälen. Es hatte keinen Zweck, sich das Unmögliche auszumalen. Unerfüllte Liebe war schon schlimm genug. Sie musste sich nicht auch noch in eine Fantasiewelt hineinsteigern.
Marina schaltete das Wasser aus und stieg aus der Dusche. Gedankenverloren trocknete sie sich ab und wickelte ihre Haare in ein großes Handtuch.
Sie musste überlegen, was jetzt zu tun war. Wie sie aus dieser Situation wieder herauskommen konnte. Und ob sie das überhaupt wollte.
Fünf Minuten später hatte sie das Bett gemacht. Es sah nun wieder unberührt aus, so als ob nie etwas passiert wäre. Nur ihre Hände zitterten die ganze Zeit über verräterisch, und tief in ihrem Herzen wollte sie am liebsten unter die Decke kriechen und hemmungslos weinen.
Stattdessen zog sie die Schultern zurück, atmete tief durch und trat vor den Kleiderschrank. Sie suchte eines der verführerischen Kleider heraus, zu denen Bella ihr geraten hatte. Sie brauchte dringend etwas Selbstbewusstsein, und dieses Kleid gab es ihr. Es war leuchtend rot und betonte ihre Kurven auf eine Weise, mit der sie sich weiblich fühlte und nicht plump. Normalerweise hätte sie das tiefe Dekolleté abgeschreckt, aber ihr war nicht entgangen, wie Ronan ihre Brüste angesehen hatte: hungrig und voller Begierde. Nun, sie würde ihm die Gelegenheit geben, sie wieder so anzuschauen.
Marina ließ sich auf das Bett sinken und begann, sich die Haare zu bürsten, als plötzlich das Telefon klingelte.
„Hallo?“
„Ich möchte mit Marina Lucchesi sprechen.“ Charles Wakefields barsche Stimme ließ sie vor Schreck erstarren.
„Ich bin am Apparat“, presste sie hervor. Langsam legte sie die Bürste neben sich. Was wollte er von ihr? Sie hatte jetzt nicht die Kraft, sich mit diesem Mann auseinanderzusetzen. Nicht, wenn ihr das Herz so wehtat.
„Na, endlich. Hier spricht Charles Wakefield.“ Offenbar wartete er auf eine Antwort. „Sie verstecken sich vor mir, Marina.“ Seine Stimme klang jetzt sanfter, spielerisch, aber sie hörte noch einen Rest Ärger darin. „Sie haben nicht zurückgerufen.“
„Zurückgerufen?“, fragte sie verwirrt. „Haben Sie denn angerufen?“
Schweigen.
„Meine Sekretärin hat es jeden Tag bei Ihnen versucht. Haben Sie die Nachrichten nicht bekommen?“
Marina runzelte die Stirn. Ob sie ihm glauben sollte? „Mir hat niemand etwas gesagt.“ Was ging hier vor sich? „Mit wem
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