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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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nicht sagen, was für einen Schock ich
bekommen habe, als ich gesehen habe, wie Du über die Weihnachtstorte schaust!
Ich hoffe, es ist Dir gelungen, ein paar Geschenke zu erstehen. Hinterher habe
ich mir überlegt, was wohl passiert, wenn Du mit leeren Händen nach Hause
kommst, nachdem Du doch allen gesagt hast, Du kämst her, um Weihnachtseinkäufe
zu erledigen. Du hast einen sehr gutsituierten Eindruck gemacht. Ganz die
verheiratete Dame in einem neuen Kostüm.
    Nachdem Du fortgegangen warst, habe ich unser
Zimmer mit völlig anderen Augen gesehen. Ich habe mich umgeschaut und mich
gefragt, wie es Dir wohl vorgekommen sein muß. Ich weiß, daß es ein bißchen
schäbig ist und so, aber wir sind glücklich, und das ist die Hauptsache. Laurie
war enttäuscht, daß er Dich verpaßt hat.
    Wir haben Weihnachten mit Georgina und Jack
verbracht, Gott sei Dank, denn so haben wir wenigstens ein leckeres Essen
bekommen, obwohl die beiden Vegetarier sind. Laurie hat mir einen Schal
geschenkt. Er hat viele verschiedene Farben und ist samtig und doch wie aus
Seide. Er stammt aus den Zwanzigern. Er hat ihn in einem Trödelladen
aufgetrieben, und daher ist er nicht ganz sauber, aber ich habe ihn vorsichtig
in kaltem Wasser gewaschen, und das hat er recht gut überstanden. Wir haben
eine Silvesterparty besucht, und ich habe den Schal mit meiner schwarzen Hose
und einem schwarzen T-Shirt mit einem U-Boot-Ausschnitt getragen, das ich mir
gekauft habe. Viele Künstler waren da, und jemand hat gesagt, ich sollte Modell
werden, und er hat immer wieder versucht, mich zu küssen, und Laurie hat
gesagt: Sie ist längst Modell, und zwar mein Modell, also laß die Finger von
ihr.
    Mein Vorsatz für das neue Jahr ist, daß ich das
Rauchen lernen will. Alle tun es, und es läßt einen älter wirken, aber von dem
Geschmack wird mir immer ein wenig schlecht. Welchen Vorsatz hast Du gefaßt?
    Bitte, schleich Dich bald wieder davon und komm
nach London, Shirl. Und viel Glück, Du weißt schon, wobei. Ich werde die
ungezogene Tante sein, die Deinen Kindern schlechtes Benehmen beibringt!
    Alles Liebe von Estella
     
    »Glaubst du, Shirley war schwanger?« fragte
Daisy, als sie gleichzeitig den Brief hinlegten.
    »Entweder das, oder sie hat sich bemüht,
schwanger zu werden, denke ich mir«, sagte Gemma.
    »Damals haben die Leute sich nicht bemüht, oder etwa doch?« sagte Daisy. »Ich meine, sie hatten noch nichts zur Verhütung,
oder? Ich dachte, sie hätten es einfach nur getan und gehofft, daß es klappt.«
    »Es ist nur eine Generation vor uns... ich bin
sicher, daß sie Verhütungsmethoden hatten«, sagte Gemma. »Sie hatten nur noch
nicht die Pille.« Sie fand es seltsam, daß sie beide nicht die leiseste Ahnung
hatten, obwohl es hier um ein Stück Sozialgeschichte ging, das erst kurz
zurücklag. Sie war nicht sicher, ob sie Shirley danach fragen konnte.
    »Möchtest du Kinder haben?« fragte sie Daisy.
    »Nein, absolut nicht.« Die Antwort kam
unverzüglich. »Und was ist mit dir?«
    »Ich weiß es nicht so recht«, sagte sie lächelnd
und dachte an Ralph, der gesagt hatte, er würde sie am späteren Abend im Bett
erwarten.
    »Das klingt mir sehr nach einem Ja«, sagte Daisy
und beugte sich aufgeregt vor. »Und dann lächelst du auch noch ständig so
verstohlen in dich hinein. Solltest du etwa verliebt sein, Biskuit?«
    War sie verliebt? Gemma wußte es nicht. Das, was
sie mit Ralph hatte, war wunderbar. Es war traumhaft schön, und es gab ihr ein
Gefühl von Sicherheit. Es verlieh ihr ein Selbstvertrauen, wie sie es nie zuvor
besessen hatte, eine Form von Zuversicht. Aber das war doch nicht Liebe, oder?
Liebe war etwas, was sie mit Verzweiflung in Verbindung brachte. Liebe war
dieses kleine, schmerzhafte Empfinden, der stechende Schmerz, den sie gefühlt
hatte, als sie Oliver unvermutet am Telefon gesprochen hatte. Liebe war das,
was Estella für Laurie empfunden hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte
sie sich gewissermaßen in ihre Mutter hineinversetzen.
    »Also, was ist?« fragte Daisy.
    »Vielleicht«, sagte Gemma, und dann sah sie
Ralphs Gesicht vor sich und wie enttäuscht er gewesen wäre, wenn er ihre
Reaktion gehört hätte. Ein Schauer überlief sie, weil sie das Gefühl hatte, ihn
verraten zu haben.
    Daisy wußte nur zu gut, daß sie es sich nicht
erlauben durfte, viele Fragen zu stellen. Sie konnte spüren, daß Gemma sich verschloß
wie eine verängstigte Muschel. Liebe gehörte zu den Dingen, über die sie noch
nicht

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