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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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miteinander reden konnten. Gemma litt immer noch. Sie trauerte Oliver
nach. Vielleicht sagte sie sich, wenn sie zuviel preisgab, würde Daisy auch mit
diesem Mann durchbrennen. Daisy unterdrückte mit großer Mühe ihre Neugier.
    »Warum hast du dich von Oliver getrennt?« fragte
Gemma jetzt.
    »Ich weiß es nicht so recht«, sagte Daisy, und
als sie sah, daß Gemmas Knöchel sich weiß verfärbten, weil sie aus Wut über
ihre Reaktion das Fotoalbum zu fest umklammerte, fügte sie hinzu: »Vermutlich
ist es mir doch klar. Ich glaube, ich bin einfach aus dieser Phase
hinausgewachsen. Am Schluß haben wir kaum noch miteinander geredet. Ich meine
damit nicht, daß wir zu zornig waren, um noch miteinander zu reden. Ich meine
einfach nur, daß wir einander die wichtigen Dinge nicht mehr erzählt haben...«
    »Zum Beispiel?« fragte Gemma und strengte sich
gewaltig an, sich nicht daran zu stören, daß Daisy dieses Thema so beiläufig
abhandeln konnte.
    »Ach, ich weiß es selbst nicht so genau«, sagte
Daisy und fügte dann eilig hinzu: »Zum Beispiel hat er mir noch nicht einmal
erzählt, daß er sich endlich entschlossen hat, seine richtige Mutter ausfindig
zu machen. Ich habe es nur durch einen Zufall herausgefunden.«
    »Was soll das heißen — seine richtige Mutter?«
    »Seine leibliche Mutter... Hast du denn nicht gewußt,
daß Oliver adoptiert worden ist? Mein Gott, das überrascht mich jetzt wirklich.
Er hat seine Adoption immer als eine Art Drohung über mir geschwenkt.«
    »Eine Drohung?«
    »Ja, du weißt schon, seine Furcht davor, wieder
im Stich gelassen zu werden. Damit hat er mir derartige Schuldgefühle
eingeflößt, daß ich Monate gebraucht habe, um eine Trennung vorzuschlagen.«
    Gemma spürte, wie ihr Tränen in die Augen
traten. Falls sie einen endgültigen Beweis dafür gebraucht hätte, daß sie
Oliver nichts bedeutete, dann hatte sie ihn jetzt erhalten. Mit ihr hatte er
nie darüber geredet, daß er im Stich gelassen worden war. Wenn es um seine
Herkunft ging, dann hatte er sich ausweichend geäußert und faszinierende
Ausreden gefunden, doch sie war ganz sicher, daß sie nie etwas von seiner
Adoption erfahren hatte. Sie hatte ihm ganz offensichtlich nicht das geringste
bedeutet.
    »Ich will damit nicht etwa sagen, es sei von
Anfang an die reinste Hölle gewesen«, sagte Daisy, da sie das Gefühl hatte,
ihre Worte hätten treulos geklungen. »Ich meine, in gewisser Weise werde ich
ihn immer lieben, weil er meine erste Liebe war, aber jetzt habe ich, obwohl
ich ihn vermisse und mich entsetzlich einsam fühle, den Eindruck, mehr ich
selbst zu sein... Ich weiß, daß ich ohne ihn zurechtkommen werde, und das«,
fügte sie hinzu, »ist ein wunderbares Gefühl.«
    Zum ersten Mal hatte sie die verwirrende
Mischung von Gefühlen in Worte gekleidet, die sie beschäftigten, seit Oliver
seinen Koffer genommen hatte und über die Straße gelaufen war. Zum ersten Mal
hatte sie erkannt, daß sie sich wieder fangen würde. »Komm schon«, sagte sie.
»Wir wollen uns wieder den jungen Jahren und der jungen Liebe von Estella Smith
zuwenden. Das klingt wie der Titel eines viktorianischen Romans, findest du
nicht auch?«
    Gemma nahm den nächsten Brief in die Hand und
sah dann auf ihre Armbanduhr. »O Gott!« sagte sie, als ihr plötzlich etwas
einfiel. »Ich bin mit Kathy verabredet. Wir wollten uns gemeinsam einen Film
ansehen. Ich bin schon zu spät dran. Gewiß wartet sie auf mich.« Sie begann,
ihre Sachen zusammenzupacken.
    »Ach.« Die Aussicht auf einen weiteren Abend
ohne Gesellschaft ließ Daisys Herz sinken.
    »Lies bitte nicht ohne mich weiter. Ich komme
morgen wieder«, sagte Gemma auf dem Weg zur Tür. Dann sah sie auf dem Gesicht
ihrer Schwester einen Ausdruck, den sie wiedererkannte, und daher fügte sie
warnend hinzu: »Es ist mein Ernst, Donut. Ich habe diese Briefe eine ganze
Woche aufbewahrt, ohne auch nur einen Blick hineinzuwerfen. Jetzt mußt du dich
ein paar Stunden gedulden.«
    »Abgemacht«, willigte Daisy widerstrebend ein.
    »Versprichst du es mir?« fragte Gemma.
    »Versprochen«, sagte Daisy. »Hand aufs Herz, ich
verspreche es dir, Biskuit.«
     
     
     

26
     
    Kathy stand unter einem grellrosa Neonschild mit
der Aufschrift »Pick’N’Mix« und sah geistesabwesend auf die Reihen von
Plexiglasbehältnissen, die mit Süßigkeiten in buntem Einwickelpapier gefüllt
waren. Sie trug ein unförmiges blaues Kleid, das ihr nicht stand und sie
farblos wirken ließ. Sie sah nicht, wie Gemma

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