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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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mit der Zunge schnalzte.
Oliver wäre außer sich geraten. Sie konnte fast hören, wie er etwas über die
kapitalistische Gesellschaft und die Verblendungen, denen sie erlag, vor sich
hin murmelte. Vielleicht war sie, wie Oliver ihr in einem seiner finsteren
Augenblicke vorgeworfen hatte, tatsächlich nichts weiter als ein intellektuelles
Fliegengewicht. Zum Teufel, was soll’s? dachte Daisy und wünschte sich, sie
hätte eine Jacke mitgebracht, als der Vorspann anlief und sie in dem
klimatisierten Raum so fröstelte, daß sich eine Gänsehaut über ihre nackten
Arme zog.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, Cal Costelloe
zu sehen. Er erhob sich wie ein Riese vor ihr, in einer Soldatenuniform, und er
wirkte reichlich grimmig. »Würden Sie mir die Ehre erweisen, mir den nächsten
Tanz zu schenken?« fragte er sie.
    »Darauf kannst du wetten«, murmelte Daisy tonlos
vor sich hin. Hinter ihr war ein warnendes Hüsteln zu vernehmen. »O Major
Short, ich fürchte, ich habe schon alle Tänze für den heutigen Abend vergeben«,
sagte die blonde Schauspielerin.
    Cal schlug förmlich die Hacken zusammen und
verdrückte sich, zweifellos, um sich mit einer ruchlosen Tat für diese Abfuhr
zu rächen.
    Warum, fragte sich Daisy, wurden immer die
Rollen des Bösewichts mit ihm besetzt? In seinem Gesicht drückte sich etwas
Hinterlistiges aus, aber wenn man ihn näher kennenlernte, dann war er etwa so
verschlagen wie ein kuscheliges Schmusetier. Daisy kicherte. Major Short, wenn
das nicht treffend war. Der Mann hinter ihr zischte verärgert. Daisy machte es
sich bequem. Die Handlung des Films war ziemlich stumpfsinnig, und Oliver hätte
recht gehabt, wenn er behauptet hätte, hier würde einem die Schokoladenseite
von Indien vorgeführt. Wenn nicht die Aussicht bestanden hätte, Cal Costelloe
in seinem Safarianzug und dem Tropenhelm noch einmal zu sehen, hätte es
durchaus sein können, daß Daisy schon vor dem Ende des Films gegangen wäre.
     
    Gemma spießte mit ihrer Gabel ein Stück
Tintenfisch auf. Kathys leidenschaftlicher Ausbruch über die Zerbrechlichkeit
der Leidenschaft hatte ihr den Appetit geraubt. Zumindest schien Kathy jetzt
wesentlich fröhlicher zu sein, obwohl Gemma eigentlich nicht den Eindruck
hatte, sehr hilfreich gewesen zu sein.
    »Ich weiß nicht, worin eine Lösung bestehen
könnte«, sagte sie.
    »Wahrscheinlich gibt es keine Lösung«, erwiderte
Kathy überschwenglich, »aber ich fühle mich der Situation jetzt viel besser
gewachsen. Vielleicht wird der Urlaub zu einer Regelung beitragen.« Sie würden
am kommenden Tag mit den Kindern für zwei Wochen nach Sardinien fliegen. »Ich
danke dir.« Sie lächelte Gemma an.
    »Gern geschehen«, sagte Gemma automatisch.
    »Und was ist mit dir, Gem?«
    Es kam ihr nicht richtig vor, jetzt über Ralph
zu reden. Gemma schien sich über ihre eigenen Gefühle ohnehin nicht wirklich im
klaren zu sein. In ihrer Vorstellung schlug Gemma ihre Gedanken in Seidenpapier
ein und überantwortete sie einem braunen Pappkarton, auf dessen Seiten in roten
Buchstaben der Aufdruck ZERBRECHLICH gestempelt war.
    »Nun«, begann sie, »ich habe eine recht interessante
Woche hinter mir...« Sie erzählte Kathy von den Briefen, die Shirley von
Estella erhalten hatte.
    Kathy lauschte gebannt.
    »Aber wie kommt es, daß du erst bei 1951
angelangt bist? Ich kann nicht begreifen, woher du die Selbstbeherrschung
genommen hast, sie mit Daisy gemeinsam zu lesen«, sagte sie verwundert.
    »Nein, ich auch nicht«, erwiderte Gemma
lächelnd, »aber es macht Spaß, sie gemeinsam zu lesen. Irgendwie erscheint es
mir richtig.«
    »Ja«, sagte Kathy verständnisvoll. »Wie geht es
Daisy überhaupt?«
    »Es scheint ihr gutzugehen. Es scheint, als
hätten sie und Oliver sich getrennt...«
    Die Ruhe, mit der sie das sagte, täuschte über
den inneren Aufruhr hinweg, den sie jedesmal verspürte, wenn sie daran dachte.
    »Ja, ich weiß«, sagte Kathy. »Sie hat mir schon
vor einer Weile erzählt, daß sie sich trennen werden.«
    »Sie hat es dir erzählt?« Gemma heuchelte
Interesse an dem Eintopf mit Schweinefleisch und Meeresfrüchten. Das vertraute
Gift der Eifersucht sickerte in ihre Adern und wurde zum Herzen gepumpt. Was
hatte Daisy vor? Warum hatte sie es ausgerechnet ihrer besten Freundin erzählt?
Und wann? Hatte sie an jenem Nachmittag im Park bereits beschlossen, ihn
abzusägen, als Gemma ihre letzten Reserven an Mut hatte aufbringen müssen, um
einzugestehen, daß sie ihn ihr Leben lang geliebt

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