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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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hatte? Hatte Daisy zu diesem
Zeitpunkt ohnehin schon mit dem Gedanken gespielt, ihn zu verlassen? Hatte
Gemma sich umsonst gedemütigt? Lachte Daisy sie insgeheim aus? Nein, sagte sie
sich. Mit alledem ist jetzt Schluß. Du hast Daisy verziehen. Es hat nichts mit
dir zu tun.
    »Ich frage mich, warum sie es dir erzählt hat
und nicht mir«, sagte sie so ruhig wie möglich.
    »Oh, sie hat gesagt, ich soll es dir nicht
erzählen, obwohl du es ohnehin früh genug herausgefunden hättest, weil er
nämlich während unserer Abwesenheit in unserem Gästezimmer unterkommt. Roger
hat es ihm angeboten, ich weiß auch nicht, warum. Ich dachte immer, die beiden
könnten einander nicht ausstehen«, sagte Kathy, ohne zu erkennen, daß sie die
Lage mit jedem Wort, das sie sagte, verschlimmerte.
    Intrigen zu schmieden, das schlich sich direkt
unter dem Verrat auf die Liste von Daisys Missetaten ein, und jetzt war auch
noch Kathy, ihre beste Freundin, hineingezogen worden. Gemma steckte sich eine
gekochte Auster in den Mund. Sie war kalt. Der Geschmack des Meeres, die kalte,
klebrige Sauce, das zähe Muskelgewebe, das sie anscheinend nicht schlucken
konnte, und der Lärm im Restaurant — all das löste das Gefühl aus, daß es ihr
gleich übel werden würde. Schluß damit, sagte sie sich. Das ändert jetzt auch
nichts mehr. Oliver bedeutet mir nichts. Er hat mir nie etwas bedeutet.
    Gemma holte tief Luft. »Ich glaube, ich beginne,
Estella besser zu verstehen«, sagte sie und nahm damit den Gesprächsfaden
wieder auf. »Es ist gewissermaßen so, als sähe man einen Film. Da ist dieses
junge, schöne, vertrauensselige Mädchen, das sich in einen älteren Mann
verliebt — das nimmt die erste Viertelstunde ein, und man weiß schon allein
deshalb, weil der Film zwei Stunden Länge hat, daß etwas schiefgehen wird, denn
andernfalls gäbe es keine Geschichte zu erzählen...«
    »Und in dem Fall weißt du schon vorher, wie es
ausgeht«, sagte Kathy.
    »Ja. Ich meine, ich weiß, daß sie sich verändert
hat... aber irgendwie ist es tröstlich, zu wissen, daß sie überhaupt nicht
raffiniert war, ehe sie diese verfluchte Weltgewandtheit an den Tag gelegt hat.
Es ist aber auch traurig...«
    »Ich fand, diese Seite hatte sie immer gehabt«,
erinnerte sich Kathy. »Ich weiß, daß du dich früher gewunden hast, wenn sie
nach Oxford gekommen ist und sämtliche Männer, die wir kannten, von ihr
begeistert waren, aber ich fand immer, sie hätte echten Charme besessen. Sie
war entzückend, und sie hat uns sehr geholfen, als wir das Haus hergerichtet
haben«, fügte sie hinzu.
    »Ja, das stimmt vermutlich«, räumte Gemma ein.
»Ich hatte wohl immer das Gefühl, daß sie versucht hat, gewaltsam an meinen
Erfahrungen teilzuhaben... und jetzt sage ich mir: Warum hätte sie das
eigentlich nicht tun sollen? Sie hat nicht die Chance gehabt, in Oxford zu studieren.
Sie konnte sich den Luxus nicht leisten, ein schmollender Teenager zu sein, wie
ich es war. Sie hat kein Zuhause gehabt... Ich weiß, daß es ihre eigene
Entscheidung war, aber selbst wenn sie beschlossen hatte, einen Fehler gemacht
zu haben, gab es offensichtlich kein Zurück. Um Gottes willen, sie mußte
arbeiten, sie mußte billige Nachspeisen zubereiten... und, weißt du, was mir an
ihr zu der damaligen Zeit am besten gefällt, das ist, daß sie ihren Spaß daran
gehabt hat. Für sie ist alles ein Abenteuer gewesen. Es kommt dir sicher
seltsam vor, aber die Briefe haben mir gezeigt, wie zynisch und verzogen ich
selbst bin... und genau dafür habe ich sie immer gehalten...«
    »Ich sterbe jetzt schon vor Neugier darauf, wie
es weitergeht«, sagte Kathy, und dann stammelte sie, da sie erkannt hatte, daß
ihre Wortwahl vielleicht etwas unglücklich ausgefallen war: »Ich meine... ich
habe es nicht so gemeint...«
    »Schon gut«, versicherte ihr Gemma. »Ich weiß,
daß du es nicht so gemeint hast...«
     
    Daisy kaufte im Fish-and-Chip-Shop eine große
Portion Pommes frites und würzte sie kräftig mit Salz und Essig. Ihr war
vollkommen unbegreiflich, warum sie nicht schon früher allein ins Kino gegangen
war. Es war alles soviel einfacher. Man konnte sich den Film ansehen, sich eine
eigene Meinung bilden, beim Hinausgehen die Gespräche anderer belauschen, sich
eine große Tüte Fritten kaufen und sie auf der Straße essen. Man konnte seinen
Phantasien über den Helden nachhängen (nun ja, in dem Fall war es wohl eher der
Darsteller, mit dem eine kleine Nebenrolle besetzt worden war),

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