Es gibt kein nächstes Mal
die
Titelmelodie vor sich hin summen, und man konnte sich sogar die fettigen Finger
an den Jeans abwischen, und niemand nörgelte an einem herum. Sie beschloß, ab
sofort regelmäßig allein ins Kino zu gehen.
Der Nachbar mit der Steelguitar spielte Albatross von Fleetwood Mac. Sie konnte es schon von weitem hören. Als sie die Haustür
aufschloß, endete die Musik abrupt, und er streckte den Kopf durch die
Wohnungstür, als sie vorbeikam. Offenbar wollte er sie abfangen.
»Hallo, Daisy!« sagte er lässig, als seien sie
einander unerwartet über den Weg gelaufen. »Oliver ist ausgezogen, stimmt’s?
Ich habe ihn gesehen, als er zurückgekommen ist, um ein paar Sachen zu
holen...«, fuhr er fort.
Daisy nickte und wartete darauf, daß er endlich
zur Sache kam.
»Ich wollte dir nur sagen, ich meine, wenn dir
mal nicht danach zumute ist, allein zu sein... du weißt schon.« Er lächelte sie
an.
»Danke«, sagte Daisy, »aber mir macht es großen
Spaß, allein zu sein.« Sie sprang die Treppe hinauf, und er schaute mit
aufgesperrtem Mund hinter ihr her.
Sie nahm an, es handele sich um ein
ernstgemeintes Angebot, aber er hatte etwas an sich, wovon sie sich ein klein
wenig abgestoßen fühlte. Sie hatte Bärte noch nie gemocht, aber ein Bart, der
häufige und gründliche Rasuren erforderte, um die spitze Form eines
Mönchsbartes zu bewahren, erschien ihr besonders albern. Und dann diese
rötlichbraune Farbe. Sein Haar war lang und rötlichbraun, und sein dämlicher
Bart war ebenfalls rötlichbraun. Sie hatte ihn, Gott sei Dank, nie nackt
gesehen, aber sie hätte darauf gewettet, daß er auch rötlichbraune Haarbüschel
auf den Schultern und rötlichbraunes Schamhaar hatte. Und noch dazu trug er
immer nur rötlichbraune Sachen, und im Winter lief er in einer Lederjacke
herum, die die Farbe von Durchfall hatte.
Es waren keine Nachrichten auf dem
Anrufbeantworter. Daisy lief von einem Zimmer ins andere, wobei sie sorgsam das
Wohnzimmer mied. Sie überlegte sich, was sie jetzt tun könnte. Die heißen
Abende schienen sie keineswegs schläfrig zu machen, sondern eher noch
lebhafter. Sie schaltete den elektrischen Ventilator im Schlafzimmer an und
legte sich mit einem Buch auf das Bett. Der Roman, für den der Verlag einen
Vorschuß in einer Höhe bezahlt hatte, die noch nie dagewesen war, war das Buch
des Jahres, über das alle redeten. Daisy wußte, daß es nicht mehr lange als
cool durchgehen würde, wenn sie sagte, sie hätte den Roman immer noch nicht
gelesen, aber sie konnte sich einfach nicht auf das Buch konzentrieren. Sie
legte es neben sich, schaltete das Licht aus und versuchte, sich von dem Surren
des Ventilators in den Schlaf wiegen zu lassen. Jedesmal, wenn sie die Augen
schloß, sah sie genau das vor sich, was sie meiden sollte, bis Gemma wiederkam:
die beiden Stapel von Briefen, die in ihrem Wohnzimmer auf dem Teppich lagen.
Daisy ließ sich ein Bad einlaufen und schüttete
eine große Menge Öl zur Aromatherapie in das Wasser, doch es schien, als könnte
sie sich nicht entspannen. Immer wieder fragte sie sich, ob sie im Wohnzimmer
ein Fenster offengelassen hatte. Wenn ja, dann konnte es passieren, daß es in
der Nacht regnete, und dann bestand die Möglichkeit, daß die Originalbriefe
beschädigt wurden. Sie überzeugte sich davon, daß es verantwortungslos gewesen
wäre, nicht ins Wohnzimmer zu gehen und nachzusehen.
Eines der Fenster war offen, und obwohl ein
gewaltiger Orkan vonnöten gewesen wäre, damit der Regen mindestens drei Meter
weit ins Zimmer hineingeweht wurde, beschloß Daisy, es sei das beste, die Briefe
aufzuheben und sie in den Schuhkarton auf dem Eßtisch zu packen, damit sie
außer Gefahr waren. Sie hob sie auf und hielt sie auf Armeslänge von sich, da
sie bemüht war, sie in den Karton zu packen, ohne hinzusehen. Es war
unvermeidlich, daß der ungleichmäßige Stapel ins Wanken geriet und etliche der
Briefe auf den Boden fielen. Daisy hatte gerade vor, das Manöver noch einmal
durchzuführen, als ihr ein Wort des Telegramms, das in Großbuchstaben
geschrieben war und mit der Schrift nach oben auf dem Boden lag, ins Auge
sprang und ihre guten Vorsätze schlagartig zunichte machte.
Sie hatten fast eine Stunde mit dem Versuch
zugebracht, ein Taxi zu bekommen. An einem Samstag um Mitternacht war auf dem
Piccadilly Circus soviel los wie auf dem Times Square an Silvester. Kathy wurde
zunehmend nervöser, da sie noch nicht für die Abreise am nächsten Tag gepackt
hatte.
»Geht es
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