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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Anrufbeantworter
erwischt. Sie hatte vorgehabt zu sagen, es täte ihr leid, obwohl sie selbst
nicht wußte, weshalb sie sich hätte entschuldigen sollen, aber sie war in einer
versöhnlichen Stimmung gewesen, und jemand mußte schließlich den ersten Schritt
tun. Doch jetzt war dieser Moment vorübergegangen. Sie war wütend auf Gemma,
weil sie nicht da war. Wieder einmal war sie im Stich gelassen worden.
    Zwei Tränen rollten über Daisys Gesicht. Erst
Estella, dann Gemma, dann Oliver, dann wieder Gemma und dann Cal. Am Ende wurde
sie ja doch von allen sitzengelassen, sagte sie sich, und sie tat sich selbst
immer mehr leid. Sie fing an zu schluchzen.
    »Hast du ‘ne Kippe, Schätzchen?« Eine Stimme riß
sie aus dem Sog des Selbstmitleids heraus. Es war die Stadtstreicherin. Ihre
Stadtstreicherin. Die Frau, mit der sie im Regen getanzt hatte.
    »Nein, ich rauche nicht. Haben Sie das
vergessen?« fragte Daisy. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Augen
und zog die Nase hoch. Sie hatte die Frau nicht näher kommen hören. Jetzt sah
sie sie ganz seltsam an. Sie erkennt mich nicht wieder, dachte Daisy und spürte
eine irrationale Enttäuschung in sich aufkommen.
    »Wir haben zusammen getanzt«, sagte sie. »Im Regen.
Sie haben mit Mae West in Diamond Lil gesteppt...« Aus irgendwelchen
Gründen war es plötzlich von enormer Wichtigkeit für sie, daß die Frau sich an
sie erinnerte. Argwohn machte sich auf dem Gesicht der Stadtstreicherin breit,
und sie wich verängstigt zurück. Daisy stand von der Bank auf und rannte ihr
nach. »Schon gut, schon gut«, keuchte sie. »Verstehen Sie, es macht nichts.
Hier, kaufen Sie sich etwas davon...« Sie hielt ihr ein paar Münzen hin.
     
    Manche Menschen warfen eine Münze, wenn es galt,
Entscheidungen zu treffen, sagte sich Daisy, als sie in die Auslage des Maklers
sah. Weshalb also sollte man sich mit dem Entschluß so schwertun, sein Leben zu
verändern, weil eine Stadtstreicherin sich nicht daran erinnern konnte, daß sie
mit einem getanzt hatte? Plötzlich hatte ihr alles ganz klar vor Augen
gestanden. Sie sah, wie die Frau mit ihrer gesamten Habe, die sie in drei
Plastiktüten verstaut hatte, davoneilte, und sie dachte mit der Klarheit einer
Vision: »Auch ich bin obdachlos. Ich gehöre nirgendwo hin.«
    Es gab jetzt nichts mehr, was sie in London
festhielt. Keine Wurzeln, keine echten Freunde, keinen Oliver. Sie hatte es
aufregend gefunden, Gemma wieder in ihrer Nähe zu haben, aber es war ihr ja
doch nur gelungen, sie wieder zu vertreiben, sagte sie sich verzagt.
    Sie könnte mühelos von der Miete leben, die ihre
Wohnung ihr einbringen würde. Sie stieß die Tür des Maklerbüros auf. Sie konnte
die Wohnung natürlich auch verkaufen, aber das würde ein Weilchen dauern, und
die Scherereien, die sie im Umgang mit den Anwälten und Gutachtern haben würde,
waren so ziemlich das letzte, was sie sich jetzt einhandeln wollte, nachdem sie
beschlossen hatte, sich von allem loszusagen.
    Jetzt hatte sie die Gelegenheit, wirklich etwas
mit ihrem Leben anzufangen, sagte sich Daisy und fand die Vorstellung
aufregend. Sie konnte reisen, vielleicht nach Indien oder nach Afrika.
Möglicherweise würde es sogar dazu kommen, daß sie über einen lohnenswerten
Stoff schrieb oder etwas tat, was von Wert war. Plötzlich überkam sie eine Art
missionarischen Eifers. Sie malte sich aus, wie sie in langen Khakishorts
Fliegen verscheuchte, während sie in einem afrikanischen Dorf Hafergrütze
austeilte.
    Zuallererst jedoch würde sie ein wenig Zeit
brauchen, um die Route für ihre Weltreise zu planen, und sie brauchte auch
Raum, um die Bilanz ihres Lebens zu erstellen. Und welcher Ort eignete sich
dafür besser als eine Poolvilla im spanischen Stil in einer heißen Gegend wie
Los Angeles?
     
     
     

32
     
    Nur auf einen Drink, sagte sich Gemma. Sie würde
nur ein einziges Getränk zu sich nehmen und dann gleich wieder aufbrechen. Was
konnte das schon schaden?
    Sie hatte Ralph angerufen, um ihm zu sagen, sie
hätte vergessen, eine Verabredung auf einen Drink abzusagen, und daher käme sie
etwas später. Er hatte Freunde zum Abendessen eingeladen. Sie fühlte sich ein
wenig schuldbewußt, weil sie ihn mit den Vorbereitungen im Stich ließ, aber er
stellte sich als Koch so geschickt an, daß sie eigentlich nicht glaubte, er
würde ihre Hilfe wirklich vermissen. Jedenfalls würde sie ohnehin dort sein,
ehe sie sich zum Essen an den Tisch setzten.
    »Kein Problem«, hatte Ralph ihr

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