Es gibt kein nächstes Mal
Daisy, als sie sich auf eine Parkbank setzte. Am Himmel über der Stadt
zählte sie vier Flugzeuge, die in der Sonne schimmerten.
Daisy fragte sich, ob er in einem von ihnen saß,
doch dann erkannte sie, daß sie auf eine Landegenehmigung warteten und nicht
etwa gerade gestartet waren. Inzwischen mußte er irgendwo über dem Atlantik
sein, warmen Weißwein aus einem Plastikbecher trinken, auf seinem kleinen Essenstablett
herumstochern und versuchen, jeden der einheitlich aufgeweichten, matschigen
Gegenstände mit den Bezeichnungen auf der Speisekarte in Einklang zu bringen.
Schon wieder falsch, dachte sie und verlagerte ihn in die erste Klasse, ließ
ihn aus einem hohen, schmalen Kristallglas Champagner trinken und die lächelnde
Stewardeß bitten, ihm ein Kissen unter den Kopf zu schieben, ließ ihn dann
seine Schuhe von den Füßen treten, die Zehen ausstrecken und den freien Raum
zwischen den Sitzen bestaunen.
Sie war noch nie erster Klasse geflogen, doch
sie hatte die Anzeigen gesehen. Es schien schrecklich viel Geld für ein bißchen
mehr Beinfreiheit und ein Gratisnecessaire mit einem Kamm und einem
Probefläschchen Eau de Cologne zu sein.
Sie malte sich aus, wie er seine in Leder
gebundene Speisekarte aufschlug und eine Auswahl traf. Sie fragte sich, ob
Räucherlachs in der üblichen Flughöhe wohl wie Kaviar schmeckte, da in
Flugzeugen das Huhn schließlich auch immer genauso wie das Rindfleisch
schmeckte. Sie sah vor sich, wie er sein Freiexemplar der International
Herald Tribüne aufschlug, ohne die Nachrichten bewußt wahrzunehmen, sondern
nur, um ein paar Minuten Interesse zu heucheln, damit der Geschäftsmann auf dem
Nebensitz ihn nicht für absolut unkultiviert hielt, ehe er die Zeitung wieder
zusammenfaltete und die Augen schloß, um eine Zeitlang zu dösen.
Daisy wandte ihr Gesicht der Sonne entgegen.
Dachte er jetzt dort oben an sie, wie auch sie an ihn dachte? Oder hatte er
sich dem Schlaf hingegeben, nach dem ihr Körper lechzte, den ihr Gehirn ihr
jedoch nicht gestatten wollte? Und wenn er an sie dachte, bewegten sich die
Gedanken dann einfach nur in seinem Kopf, oder nahmen sie seinen gesamten
Körper in Anspruch, genauso, wie es ihr erging? Rutschte er unbewußt auf seinem
Sitz herum, wenn er an die vergangene Nacht dachte? Machte sich immer wieder
ein dämliches und verräterisches Lächeln auf seinem Gesicht breit? Vermißte er
sie jetzt schon, und war dieses Gefühl von einer seltsamen Form von Leere
begleitet, wie er sie noch nie zuvor verspürt hatte?
Daisy versetzte sich wieder in alte Zeiten
zurück und erinnerte sich daran, wie es mit Oliver ganz am Anfang gewesen war.
Damals war es, wenn sie miteinander geschlafen hatten, darum gegangen, daß
seine Kraft und seine Leidenschaft sie eingehüllt, von ihr Besitz ergriffen und
subtile Gefühle wachgerufen hatten. Gegen Ende ihrer Beziehung war es ihr eher
wie ein unbefugter Übergriff vorgekommen.
Mit Cal drehte es sich darum, einander zu erkunden,
gemeinsam etwas zu erleben, wunderbare Dinge miteinander zu tun, zu reden und
sogar zu lachen. Sie konnte sich nicht erinnern, mit Oliver im Bett auch nur
ein einziges Mal gelacht zu haben.
Cals Körper war wunderschön und unkompliziert.
Sie hatte sich augenblicklich mit ihm wohl gefühlt, war unbefangen gewesen.
Daisy spürte, wie sich dieses Lächeln erneut auf ihr Gesicht schlich. Seine
Haut war glatt, honigfarben und fest. Sie hatte noch nie mit einem so jungen
Mann geschlafen, und das war weiß Gott etwas anderes, dachte sie anzüglich und
stieß ein Kichern aus, und dann sah sie sich schnell und schuldbewußt um, ob es
jemand gehört hatte.
Es war nahezu menschenleer im Park. Um die
Mittagszeit würde es hier von Büroangestellten wimmeln, die ihre belegten Brote
mitbrachten und barfuß über das vermooste, frisch gemähte Gras liefen. Aber um
diese frühe Zeit an einem Montag morgen trieb sich hier niemand herum, bis auf
ein paar alte Männer mit Hunden und ein Kindermädchen, das einen Wagen mit
Zwillingen schob. Es war ein geeigneter Ort, um in Ruhe nachzudenken.
Es war nur eine einzige Nacht gewesen, sagte
sich Daisy immer wieder. Noch nicht einmal eine ganze Nacht. Um Mitternacht war
er nach Hause gegangen, um zu packen. Sie hatte in ihrem Frotteebademantel in
der Tür gestanden und ihn gedrängt, seinen Eltern nichts davon zu sagen, damit
sie sie nicht für eine Schlampe hielten.
»Natürlich sage ich ihnen nichts«, hatte er
ungeduldig erklärt, als vergeudete sie die
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