Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
abgewandt, und ihr war aufgefallen, daß ein Mann, der an
ihrem Tisch gespielt hatte, sie beobachtete. Jetzt kam er auf sie zu.
    Diese ganze Geschichte nahm für ihren Geschmack
etwas zuviel Ähnlichkeit mit einem Roman von Mario Puzo an, und Gemma war
unbehaglich zumute. Sie drehte sich wieder zu dem Kassierer um, doch inzwischen
stand bereits ein anderer Kunde vor ihr.
    »Darf ich mich vorstellen?« Der Mann deutete
eine Verbeugung an. »Mein Name ist Herman.« Er hatte einen leichten
europäischen Akzent. »Auch mich hat es allein in diese einsame Stadt
verschlagen«, fuhr er fort. »Hätten Sie vielleicht Lust, etwas mit mir zu
trinken?«
    »Tja...« Gemma zögerte und warf einen Blick auf
ihre Armbanduhr. Es war kurz vor Mitternacht. Offiziell gab es in Las Vegas
keine Tageszeiten, denn es gab nirgends Uhren und auch kein Tageslicht mehr,
sobald man irgendwo eintrat. Dieser Umstand hatte ihr erfolgreich das
Zeitgefühl geraubt. Es kam ihr früh am Abend vor. Sie war aufgekratzt und von
ihren Gewinnen berauscht. »In Ordnung«, willigte sie ein und sagte sich, daß
ihr nichts zustoßen konnte, solange sie im Hotel blieben.
    Herman war Schweizer. Er sagte, er sei Student
in Harvard, doch er war weder so arm noch so jung wie die Studenten, die Gemma
bisher kennengelernt hatte. Er war in einem Cadillac auf dem Weg von der
Ostküste zur Westküste und hatte für ein oder zwei Tage in Las Vegas
haltgemacht. Sie wußte nicht, ob auch nur ein wahres Wort daran war, und es
interessierte sie auch nicht besonders. Einen Moment lang ging ihr der Gedanke
durch den Kopf, er könnte in Wirklichkeit ein männlicher Prostituierter sein,
doch er redete so viel über sich selbst, daß sie diese Idee als
unwahrscheinlich abtat. Er erwartete auch nicht von ihr, daß sie bezahlte. Sie
empfand es als unnötig, ihm etwas über sich selbst oder über ihre Situation zu
erzählen, und er stellte ihr auch keine Fragen. Sie wußte nicht, ob es auf
Narzißmus oder auf mangelndes Interesse zurückzuführen war, doch sie war
dankbar für seine Teilnahmslosigkeit.
    Er war groß und blond, und es war der absolute
Überfick. Er beherrschte jede Technik so gut, daß es schon fast klinisch war.
Es war keinerlei Leidenschaft im Spiel, nur ein enorm hohes Leistungsniveau,
das ihr geboten wurde. In den folgenden drei Nächten traf sie ihn jeden Abend
etwa um dieselbe Zeit, nachdem Boy ins Bett gegangen war. Als ihre Gewinne
fünfzigtausend Dollar überschritten hatten, ließ ihre Vorsicht bei den
Einsätzen nach. Es war wie Spielgeld. Schließlich verlor sie alles, bis auf die
fünftausend, die sie am ersten Abend in Bargeld eingelöst hatte.
    Etwa um drei Uhr morgens zogen sie sich in sein
Zimmer zurück. Er hatte ein überdimensionales Wasserbett. Es war ein so
lächerliches Klischee, daß Gemma am liebsten laut gelacht hätte, doch seine
Küsse brachten sie zum Schweigen. Am letzten Abend schenkte er ihr Unterwäsche,
luxuriös und geschmackvoll, ein Hemdchen aus hellem irisierendem Satin mit
gerollten handgenähten Rändern und dazu passend ein weites, weich fließendes
Höschen, das sie trug, als er sie fickte; sein riesiger Penis schob die Seide
zur Seite und rieb das zarte Fleisch zwischen ihren Schenkeln.
    An den frühen Abenden brachte sie Boy ihre
neuerworbenen Kenntnisse im Glücksspiel bei, und er verlor freudig tausend
Dollar pro Nacht, ganz so, wie er es geplant hatte. Tagsüber, wenn sie am Pool
saßen, döste Gemma wegen ihres Schlafmangels. Sie war zu nichts anderem fähig
als nur dazu, Coke zu trinken und unter einem gelben Sonnenschirm zu liegen,
während Boy sie erbarmungslos nach ihren abendlichen Aktivitäten ausfragte. Sie
kam sich gemein vor, aber sie wollte ihm nichts darüber erzählen.
    Es bestand eine unausgesprochene Abmachung, daß
sie Herman tagsüber nicht treffen würde. Am letzten Tag ergab es sich jedoch,
daß sie gemeinsam im Lift fuhren. Sie hatten sich bereits voneinander
verabschiedet. Es waren keine Andeutungen gefallen, Adressen auszutauschen oder
den Kontakt aufrechtzuerhalten. Sie gab sich höflich, als sei er nichts weiter
als ein Bekannter von den Spieltischen, doch Boy erriet es augenblicklich.
Während des gesamten Heimflugs und auch hinterher neckte er sie mit »Herman the
German«.
    All das war so fern, so unwirklich. Vielleicht
hatte sie das alles nur geträumt? Gemma schloß die Augen und schlief ein.
     
     
     

13
     
    Gemma war in der Küche von Whitton House. Die
Sonne strömte durch das Fenster

Weitere Kostenlose Bücher