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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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aufgesetzten Akzent der Arbeiterklasse zu reden, als verliehe
ihm das Glaubwürdigkeit bei seinen weniger gebildeten Klienten. Daisy sah sich
am Tisch um und stellte fest, daß sämtliche Partner anwesend waren, und es war
nicht eine einzige Frau dabei. Auch ethnische Minoritäten waren unter den
Anwälten dieser Kanzlei nicht vertreten. Da mußte man sich doch fragen, wie es
um die britische Justiz stand.
    Seit Daisys Eintreffen schienen die Gespräche
verstummt zu sein. Sie wünschte fast, sie wäre nicht gekommen. Als sie das Orso
verlassen hatte und blinzelnd in den Sonnenschein getreten war, hatte sie
bemerkt, daß die Weinlokale und Cafés der Covent Garden Piazza sich mit
Büroangestellten füllten, die sich nach Ablauf der Arbeitswoche einen Drink
genehmigten. Sie hatte es für eine gute Idee gehalten, Oliver nach der Arbeit
zu treffen. Die Mitarbeiter der Firma begaben sich jeden Freitag nachmittag zu
einem Besäufnis in den Pub, der dem Büro gegenüberlag.
    »Wir haben uns gerade über die Vorzüge der Treue
unterhalten«, sagte Nigel, als er ihren Drink abstellte und einen freien
Barhocker zu dicht an sie heranrückte. »Wie steht eine schöne Frau zu dieser
Frage? Du bekommst doch bestimmt Dutzende von Anträgen.«
    Sie spürte, daß er versuchen wollte, Oliver zu
provozieren.
    »Ach«, sagte sie, »ich halte mich lieber an Paul
Newmans Maxime.«
    »Und wie lautet die?«
    »Weshalb sollte man ausgehen und einen Hamburger
essen, wenn man zu Hause ein Steak vorgesetzt bekommt?«
    Augenblicklich dachte sie wieder an das Steak,
das Oliver vorgestern abend für sie bereitgestellt hatte, als sie aus dem
Groucho zurückgekommen war. Es lag immer noch in seiner Marinade, aber jetzt wenigstens
im Kühlschrank. Sie unterdrückte ein Kichern.
    »Und ich nehme an«, sagte Oliver, »du hältst es
für durchaus akzeptabel, einen Mann mit einem Stück Fleisch zu vergleichen?«
    Es sollte wie ein Witz klingen, doch aus seinem
Tonfall war eine gewisse Schärfe herauszuhören.
    »Nicht wirklich«, gab sie zu und bedachte ihn
mit einem wütenden Blick. »Ich habe mich nur bemüht, auf ein Niveau
herabzusteigen, auf dem Nigel mir folgen kann.«
    Oliver lachte und klatschte in die Hände.
    »Ich ereifere mich zwar nicht so sehr wie viele
andere Frauen über die Reifikation«, fuhr sie fort, um es näher auszuführen.
»Das ist die Vergegenständlichung von Frauen, für diejenigen unter euch, die es
noch nicht gewußt haben«, sagte sie scherzhaft, »also das, was passiert, wenn
ihr sie zum Objekt degradiert. Ich meine, es gibt Komplimente, die von den
meisten Frauen seltsamerweise als akzeptabel empfunden werden, und es gibt
welche, die schlichtweg indiskutabel sind.«
    »Was du nicht sagst«, sagte einer der anderen
Anwälte.
    »Nun, es ist immer schön, zu hören, daß man
tolle Beine hat, aber die meisten Frauen würden sich nicht gern anhören, daß
sie >wie ein Zug loslegen<. Das habe ich von dir aufgeschnappt, Nigel.
Ich würde davon abraten...«
    »Das würde ich niemals zu jemandem sagen,
nur über jemanden...« protestierte Nigel.
    »Das glaube ich dir aufs Wort. Aber kämst du vor
Gericht damit durch?« fragte Daisy.
    »Redet sie immer soviel?« fragte Nigel Oliver,
um ihn auf seine Seite zu bringen.
    Oliver reagierte darauf lediglich mit einem
enigmatischen Lächeln.
    Das Gespräch wandte sich dem Football zu.
    Daisy stellte oft fest, daß die
freitagabendlichen Trinkgelage nützliche Studien für ihre Six-Pack -Kolumnen
waren. Da sie aus dem Gespräch ausgeschlossen war — sie wußte so gut wie nichts
über Football, und sie glaubte, die einzigen Frauen, die sich tatsächlich dafür
interessierten, seien diejenigen, die Schwierigkeiten damit hatten, einen
Freund zu finden — , begann sie, sich einen Artikel über Komplimente
auszudenken, die Frauen (manchmal wider besseres Wissen) mögen, und
Komplimente, denen niemals Erfolg beschieden sein kann. Die meisten Frauen,
dachte sie, würden sich gern als intelligent oder intuitiv bezeichnen, aber es
wäre ihnen verhaßt, wenn man sie als gescheit oder hirnlastig hinstellt. Vor ihren
Augen begann sich eine Tabelle mit den Sparten »Treffer« und »Fehlschlag«
abzuzeichnen. Ein geistloser Artikel mit Graphiken, das war genau das, worauf
Patrick verrückt war.
    Während sie darüber nachdachte, ruhte ihr Blick
auf einem Paar, das am anderen Ende des Pubs miteinander knutschte. Sie sah,
wie seine Finger die Hand nahmen, die auf der Bank zwischen ihnen lag, und wie
er

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