Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
Vom Netzwerk:
anderen Ländern erschienen Übersetzungen. Amerikanische Kinofilme wurden neu belebt und nachgeahmt. Zur schicken Sprache gehörte es, vermeintliche Yankee-Formulierungen einzuflechten, und die gedehnte Sprechweise des Südens wurde eifrig kultiviert.
    Erfolgreiche historische Romane spielten in den Vereinigten Staaten, und über Daniel Boone, Davy Crockett und Kit Carson wurden volkstümliche Opern geschrieben. Väter forderten ihre heranwachsenden Söhne zu harter Arbeit auf, weil es jetzt kein Land der unbegrenzten Möglichkeiten mehr gab, in das man auswandern konnte, kein Land, in dem man über Nacht mühelos reich werden konnte. Statt Märchen wollten die Kinder Geschichten über die Western-Pioniere oder den Bau der pazifischen Eisenbahn hören; und auf den Straßen von Bombay und Kairo konnte man die Lausbuben Casey Jones pfeifen hören.
    Aber Hand in Hand mit dieser neuentdeckten romantischen Liebe kam eine vollkommen praktische Einstellung zu jenen Amerikanern, die noch in Fleisch und Blut existierten. Die ersten Auswanderer, im allgemeinen Leute mit Vermögen, wurden gern aufgenommen. Die tausende, die in kleinen Booten von Kanada nach Grönland gekommen waren und dann von Grönland nach Island und Europa, gehörten von vornherein in eine andere Kategorie und trafen auf das von ihren eigenen Vätern und Großvätern entwickelte Quotensystem, das nun ihnen den Zutritt verwehrte.
    Sie waren verwirrt und verletzt wie Kinder, daß irgendeine Nation so herzlos sein konnte, heimatlose Wanderer auszusperren. Wir bringen euch Kenntnisse und Fertigkeiten und unseren eigenen Bedarf, argumentierten sie, und wir werden für euer Land ein Gewinn sein, wenn ihr uns einlaßt. Die Amerikaner konnten es nicht verstehen: Sie selbst waren zu allen fair gewesen und hatten nur unerwünschte Einwanderer draußen gehalten.
    Allmählich schaltete die Welt auf ein geringeres Tempo herab. Der Draufgänger starb wie der Brontosaurus aus, und wir Amerikaner, die wir den Weitblick besessen hatten, unsere Geschäfte von neuen Standorten aus in Gang zu halten, profitierten von der unamerikanischen Rückständigkeit unserer Konkurrenten. Zu dieser Zeit, so wage ich zu behaupten, gehörte ich zu den hundert wichtigsten Persönlichkeiten in der Welt. Für Vertrieb und Verpackung unserer ursprünglichen Produkte war ich gezwungen, Papierfabriken zu erwerben, dazu große Beteiligungen in Aluminium und Stahl; von dort war es kein weiter Schritt, unsere Aktivitäten auf Zinnbergwerke und Walzwerke, Kohlengruben und Eisenbahnen, Reedereien und Maschinenfabriken auszudehnen.
    Consolidated Pemmican, einst Mittelpunkt meiner Geschäftsexistenz, war jetzt noch ein unbedeutender Punkt am Rande. Ich expandierte horizontal und vertikal und freute mich darüber, meinen Konkurrenten zeigen zu können, daß Amerikaner, selbst wenn man ihnen Amerika genommen hat, den traditionellen amerikanischen Unternehmungsgeist nicht verlieren.
     
    68.
     
    Es war zu dieser Zeit, viele Monate, nachdem wir alle Hoffnungen aufgegeben hatten, noch einmal von Joe zu hören, als General Thario ein Päckchen erhielt. Es enthielt den dritten Satz der Sinfonie und einen Begleitbrief:
    „Lieber Vater – Stuart Thario – General ich werde diesen Brief heute abend nicht zu Ende schreiben; er wird erst abgeschickt, wenn von der ersten Sinfonie soviel fertig ist, daß es sich lohnt. Das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile, aber es gibt einen Ort (vielleicht nicht im Leben, aber irgendwo) für das Unvollkommene, das Unvollständige. Das Große und das Kleine streben gleichermaßen nach Erfüllung, Befriedigung – muß das bedeuten, daß alles dazwischen schnöde geleugnet wird?
    Ich habe Musikologen und Verfasser von Programmzetteln stets verachtet, diese kleinen Männer, die einem erzählen, die Eröffnungsakkorde von Opus 67 beschrieben das an die Tür klopfende Schicksal oder den Ruf des Goldhammers. Ein Kind malt ein Bild und schreibt darauf ‚Das ist ein Esel’, und wenn es erwachsen ist, dann versucht es sich an einem Selbstporträt, indem es die Jupitersinfonie in Worte überträgt. Es scheint, daß man, je größer man wächst, Größeres von sich geben will. Das gesagt, will ich mich selbst – aber das ist nur für private Ohren bestimmt – ein wenig lächerlich machen; als ein Stück persönlicher Geschichte, nicht als Erklärung, die der Partitur angefügt werden soll.
    Ich habe damit angefangen, mittels Saiten- und Blasinstrumenten die Gefühle

Weitere Kostenlose Bücher