Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
Vom Netzwerk:
jedes Element. Und eine unbegrenzte Zahl von äußeren Bedingungen, die ihre Anwendung bestimmen. Was ist los – treten ihre trainierten Seehunde nicht auf?“
    „Alle Forschungslaboratorien von Consolidated Pemmican arbeiten Tag und Nacht.“
    „Warum, zum Teufel, hetzen Sie mich dann so? Sollen sie doch das Gegenmittel finden!“
    „Zwei Köpfe sind besser als einer.“
    „Unsinn. Zwei Klotzköpfe sind insofern schlimmer als einer, weil sie dazu neigen, sich gegenseitig als Quelle der Weisheit zu betrachten. Ich werde das Gras besiegen, ich allein, ich, Josephine Spencer Francis – und zwar so schnell wie nur möglich. Jetzt haben Sie alle Daten in ihrer spezifischsten Form. Und ich werde diese Aufgabe vollenden, weil ich es muß, und nicht, weil ich Albert Weener liebe oder mich auch nur ein Stück Lackmuspapier darum schere, ob sein Dreck geschluckt wird oder nicht. Ich habe getan, was ich getan habe (Gott vergebe mir), und ich werde es rückgängig machen, aber das ist eine Angelegenheit zwischen mir und einem höheren Buchhalter als dem Angestellten, der Ihre monatlichen Schecks unterschreibt.“
    „Was halten Sie von zeitweilig schützenden Mitteln in der Zwischenzeit?“
    „Was, zum Teufel, meinen Sie, Weener? Zeitweilige schüt zende Mittel’? Was ist das für ein schwülstiges Gefasel?“
    Ich skizzierte kurz den Plan meines Butlers mit den senkrechten Städten. Miss Francis ließ mich durch ihr Lachen, das wie Maschinengewehrfeuer klang, zurückfahren. „Irgend jemand nimmt Sie auf den Arm, armer, ängstlicher Maecenas. Oder aber Sie sind von zuviel Thrilling Wonder Scientifictions benebelt. Rohrleitungen in die Stratosphäre! Wasservorräte, die durch Betonwände gepumpt werden! Sieht Ihr verrückter Erfinder denn nicht, daß das Gras diese Öffnungen im Nu finden würde?“
    „Oh, das sind gewiß kleinere Mängel, die man abstellen kann.“
    „Nun, dann gehen Sie und stellen Sie sie ab und lassen mich bei meiner Arbeit in Ruhe. Oder setzen Sie Ihr Vertrauen auf Realitäten und nicht auf Phantasiegebilde.“
    Den Kopf mit tausend Problemen gefüllt, fuhr ich nach London. Ich hatte die wirtschaftliche britische Angewohnheit übernommen, die Eisenbahn zu benutzen und so Treibstoff und Reifen meiner Autos zu schonen. Das erste, was ich auf dem Bahnsteig von Marylebone sah, war die primitive Zeichnung in grüner Kreide, ein Büschel Cynodon dactylon darstellend. Was für ein Idiot, dachte ich, während ich sie gereizt mit der Schuhsohle auswischte, was für ein geistesschwaches Geschöpf hat das hier getan? Die Kreide verschmierte unter meinem Schuh, aber die Darstellung blieb noch fast erkennbar. Auf dem Weg zum Savoy sah ich sie wieder, sie verschandelte eine Werbefläche, und als ich den Fahrer bezahlte, war es mir, als hätte ich die blödsinnige Zeichnung auf der Seite eines vorbeifahrenden Lieferwagens gesehen.
    Vielleicht entdeckte meine Empfindsamkeit diese Zeichen, bevor sie Allgemeingut wurden, aber in wenigen Tagen waren sie über ganz Europa verbreitet; der Auslöser muß ein krankhafter, mir unbekannter Impuls gewesen sein. Aus welchem Grund auch immer: Symbole des Grases erblühten auf dem Are de Triomphe, auf dem Brandenburger Tor, auf dem Pflaster der Ringstraße und auf den Brücken, die die Donau zwischen Buda und Pest überquerten.
     
    88
     
    Ich stelle fest, daß ich im Rückblick die Ereignisse, ohne es zu wollen, zeitlich raffe, Jahre werden zu Tagen, Monate zu Minuten. Zu dem Zeitpunkt, als ich die ersten Reproduktionen des Grases in London sah, war ihr Objekt noch Kontinente entfernt und machte sich gerade über die Ränder Asiens her. Aber seine Vorboten und Opfer rückten schon näher und veränderten das Leben der Menschen, so wie das Gras das Antlitz der Erde verändert hatte.
    Der Zusammenbruch der Zivilisation jenseits des Kanals war nahezu total. Nur Consolidated Pemmican und die Weltregierung hielten noch Kommunikationssysteme aufrecht, und da die normalen Informationskanäle blockiert waren, fand die Weltregierung es schwierig, Nachrichten oder Erlasse in der Öffentlichkeit zu verkünden. Die Massen hatten die aberwitzigsten und widersprüchlichsten Vorstellungen über das Gras.
    Als das Gras im Dekkan war und den Jang Tse noch nicht erreicht hatte, wurden die Athener durch das Gerücht in Panik gestürzt, es sei in Saloniki aufgetaucht. Gleichzeitig kam es in den Straßen von Marseille zu Freudenfesten, da jedermann glaubte, große Gebiete Nordamerikas seien

Weitere Kostenlose Bücher