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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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schließlich nur noch ein schwacher Punkt, für die überanstrengten Augen kaum sichtbar. Ich wurde seekrank, würgte und erbrach mich über dem schmalen Freibord. Mit nie ermüdenden Armen ruderte der Mann stetig und rhythmisch, offenbar von dem Auf- und Abspringen des Boots unbeeindruckt, und in den Momenten, in denen ich mich von meiner Übelkeit erholte, überlegte ich, daß er eine Menge Erfahrung und diese Fahrt schon viele Male gemacht haben mußte. Eine eigentümliche Art, zu Reichtum zu kommen, dachte ich. während sich mein Magen erneut zusammenkrampfte: sich an der Not der Mitmenschen zu bereichern.
    Ich übergab mich und döste, döste und übergab mich. Die Nacht war endlos lang, der Wind bitterkalt. Welche Reichtümer, fragte ich mich, konnten einen Menschen für diese Mühsal entschädigen? Wenn die Menschen den Kanal erreichten, konnten sie nicht mehr viel übrig haben, und wenn mein Schmuggler nicht die Gabe des zweiten Gesichts hatte, konnte er, so wie er mich angesprochen hatte, nicht wissen, ob er einen fuhr, der 10, 100 oder 500 Pfund für die Überfahrt bezahlen konnte. Nun ja, philosophierte ich, die Welt besteht aus vielen Typen, und wie sollte ich behaupten können, daß dieser Schieber mit seinen illegalen Fahrten auf seine Art nicht ebensoviel Gutes tat wie ich auf meine?
    Ich weiß nicht, wann die Übelkeit endlich nachließ, jedenfalls erst, nachdem ich überhaupt nichts mehr im Magen hatte. Steif und frierend saß ich im Boot, nur das schwankende Auf und Ab und die rhythmische Bewegung der Riemen drangen in mein Bewußtsein. Schließlich verwandelte sich das Schwarz des Himmels in Grau. Ich konnte nicht glauben, daß es sich um etwas anderes als eine optische Täuschung handelte, und ich strengte mich an, um der Trübung meines Blicks Herr zu werden. Aber es dämmerte tatsächlich, und schon bald zeigte mir das Morgengrauen den bewegten Kanal und die zerbrechlichen Konturen unseres Boots, das sogar noch winziger war, als ich es mir vorgestellt hatte. Mich fröstelte, und das nicht nur vor Kälte – hätte ich gewußt, um was für eine Nußschale es sich handelte, hätte ich wahrscheinlich gezögert, ihr mein Leben so bereitwillig anzuvertrauen.
    Das zunehmende Licht ließ die Gesichtszüge meines Gegenüber nach und nach erkennen. Zuerst war er nur ein Umriß, dick vermummt und mit einer flachen Kappe auf dem Kopf. Ein wenig mehr Licht ließ ein blitzendes Auge erkennen, dann eine große Hakennase mit weiten Nasenlöchern. Er war ein Mann unbestimmten Alters, aber schon über die mittleren Jahre hinaus, und trug eine schwarze Kappe, unter der sich zwei silbergraue Haarbüschel hervorkräuselten.
    Er mußte mich intensiv gemustert haben, denn jetzt durchbrach er die Stille, die die ganze Nacht geherrscht hatte: „Sie sind kein armer Mann“, erklärte er vorwurfsvoll. „Warum haben Sie so lange gewartet?“
    „Ich fürchte, Sie täuschen sich über mich, mein Freund“, sagte ich freundlich. „Wir betreten das Land nicht illegal. Ich wohne in England und kann jederzeit nach Hause kommen.“
    Er schwieg; aus Enttäuschung, nahm ich an. „Machen Sie sich nichts draus, ich zahle Ihnen ebensoviel wie ein Flüchtling – wenn es sich in vernünftigen Grenzen hält.“
    „Sie sind ein Anhänger der Vernunft, Sir?“
    Ich versuchte, mehr von seinem immer noch im Schatten liegenden Gesicht zu erkennen, denn in seiner Stimme schwang ein ironischer Unterton mit. „Ich glaube, wir wären alle besser dran, wenn jeder die Dinge philosophisch nähme. Verantwortliche Leute werden schließlich einen Weg finden, unseren Sorgen ein Ende zu machen, und in der Zwischenzeit helfen Wahnsinn und Gewalt“ – ich wies mit der Hand zu der französischen Küste hinter uns – „überhaupt nichts.“
    „Aha“, sagte er ohne das Rudern einzustellen, „dann werden also nur die Menschen die Probleme des Menschen lösen?“
    „Wer sonst?“
    „Wer sonst, in der Tat?“
    Die Antwort oder Bestätigung des Schmugglers – oder was immer dieses mehrdeutige Echo bedeuten sollte irritierte mich. „Glauben Sie, unsere Probleme könnten von außerhalb gelöst werden,“
    Ihm gelang es, die Achseln zu zucken, ohne den Rhythmus seiner Arme zu unterbrechen. „Vielleicht reicht mein Englisch nicht aus zu verstehen, was Sie mit ‚außerhalb’ meinen. Alle mir bekannten Kräfte ruhen in unserem Innern.“
    Ich war verblüfft und brachte das Thema auf naheliegendere Fragen. „Was meinen Sie, haben wir die Hälfte

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