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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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wiederholte sich der Ablauf: Fenster wurden eingedrückt, eine Etage wurde überflutet, ein Weg nach außen gefunden und das nächste Stockwerk in Angriff genommen. Schließlich war das stolze Gebäude ein einsamer Obelisk, bis zur Fahnenstange auf seiner Spitze, von der enttäuscht und noch aufwärtsstrebend die Ausläufer flatterten, in ein grünes Kleid gehüllt.
    Immer höher, immer weiter, leere Plätze, Tankstellen, künstlerisch gestaltete Plakattafeln – alles eins für die gierigen Finger. Wie Daumen und Zeigefinger bildeten sie eine Sichel, einen bedrohlichen Halbkreis, der sich auf Umwegen ausstreckte. Im Norden und im Südwesten hielten die beiden Aquädukte die Wüste davon ab, sich verlorenes Terrain zurückzuholen; seit fünfzig Jahren hatte die Stadt alles Wasser, das sie bekommen konnte, zusammengekratzt, gestibitzt oder systematisch geraubt; durch die grauen, feuchten Leitungen, Siphons, Einschnitte, Pumpen, Saugheber und Tunnel saugte die Metropole Leben. Jetzt hatte die Wüste einen Verbündeten, die Grasfinger umgingen die Innenstadt und tasteten sich zielgerichtet bedrohlich auf die Aquädukte zu.
    Einen Großteil meiner Zeit, in der ich nicht Gras beobachtete, verbrachte ich in der Redaktion des Intelligencer. Inzwischen hatte ich eingewilligt, Artikel für mehrere Wochenzeitschriften zu schreiben, und obwohl sie meine Beiträge in plumper und verständnisloser Form veröffentlichten, erzürnten sie mich nie so sehr wie Le ffaçasé, als er veranlaßte, daß ein anderer meinen Namen usurpierte. Da ich nominell ein Mitglied der Belegschaft war, bereitete es mir keine Gewissenbisse, die Schreibmaschinen und Büroeinrichtungen des Blattes für die Herstellung kleiner Essays über das Gras zu benutzen, gesehen durch die Augen eines Mannes, der Grund hatte, es besser als jeder andere zu kennen.
    „Der-öh Fluch Garry-baldis treffe den-öh üblen Menschen, der-öh diese Organisation-öh kontrolliert“, ließ sich Gootes im Pseudo-Churchill-Tonfall vernehmen. „Das-öh Monster hat ein Netz gesponnen; wir-öh stehen vor einer Herausforderung, Bertie.“
    Resigniert gab ich auf und folgte ihm ins Büro des Herausgebers. Wir wurden nicht direkt begrüßt. Statt dessen wurde eine Frage grimmig über unsere Köpfe hinweg in den Raum geschleudert. „Wo ist er? Was für eine widerborstige und grundlose Egomanie bringt ihn dazu, den Daily Intelligencer mit seiner halsstarrigen und unverschämten Unpünktlichkeit zu beleidigen?“
    „Wer, Chef?“ fragte Gootes.
    Le ffaçasé ignorierte ihn. „Wenn diese große Zeitung sich schon dazu herabläßt, das Licht des Vertrauens auf den fetten Körper eines ungebildeten Kameramanns, einen falschen Daguerre, einen nachgemachten Steichen, einen zweifelhaften Einstein zu werfen – ganz abgesehen von einem dicken steuerpflichtigen Barscheck –, dann hat sie auch ein Recht, eine Gegenleistung für die Güter zu erwarten, mit denen sie einen betrügerischen Faulpelz wie ihn überschüttet.“
    Er ignorierte Gootes immer noch und wandte sich mir zu. Offensichtlich verbannte er den gerade Beschimpften aus seinen Gedanken und fuhr vergleichsweise milde fort: „Weener, das Schicksal beschert Ihnen eine noch nie dagewesene Erfahrung. Sie haben diese Gelegenheit nicht etwa kraft eigener Fähigkeiten erreicht, denn nach einigem Kontakt mit Ihnen muß ich sagen, daß bei Ihnen weder mit bloßem Auge noch durch ein Ultramikroskop auch nur die geringste Spur eigener Verdienste zu erkennen ist. Nichtsdestotrotz sind Sie durch einen unglücklichen Zufall Eigentum des Intelligencer, und dieses illustre Blatt hat die Absicht, Ihnen die wegweisende Ehre zu verleihen, ein Kolumbus, ein Van Diemen, ein Amundsen zu sein. Sie Weener, in Ihrer unwerten Person, werden der erste Mensch sein, der seinen Fuß auf jungfräuliches Land setzt.“
    Da seine Ansprache für mich ebenso unverständlich war wie seine Schimpftiraden über einen mir unbekannten Menschen, konnte ich nur schweigen und versuchen, erwartungsvoll dreinzublicken.
    „Jawohl, Weener, Sie; dazu ein Flüchtling aus der Nachrichtenredaktion des Weekly Patriot in Zwingle (Iowa)“, eine verächtliche Handbewegung begleitete diese Beschreibung Gootes’, „ein Elendstyp, der aus einem viertklassigen Studio geflogen ist und sich als Kameramann verkleidet, ferner eine Gruppe von Schafen – vielleicht könnte ich meine gesamten Ausführungen vereinfachen, indem ich nur von einer Gruppe verdammter Schafe spreche –, Sie alle

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